Franck Ribéry in der Champions League:Monsieur Frechdachs sucht das Glück

Franck Ribéry in der Champions League: Endlich einen Titel in Europa: Franck Ribéry hat mit den Bayern noch viel vor.

Endlich einen Titel in Europa: Franck Ribéry hat mit den Bayern noch viel vor. 

(Foto: AFP)

Franck Ribéry ragte in dieser Saison aus dem Meisterteam des FC Bayern heraus - doch ohne Europacup-Triumph fühlt er sich unvollendet. Im Finale gegen den BVB will der Franzose zeigen, dass er auch in ganz großen Spielen brillieren kann. Neuerdings tut er das sogar auf ungewohnte Weise.

Von Andreas Burkert

Der Treffer besaß im Grunde keinen Bedeutung mehr für die Bundesligasaison des FC Bayern. Abgesehen vielleicht von der Tatsache, dass es so ziemlich das schönste der 98 Tore war, welche die Münchner auf dem Weg zur 23. deutschen Meisterschaft erzielten, und dass dieses 3:3 in Mönchengladbach den Bayern letztlich ihre Bilanz von null Auswärtsniederlagen sicherte. Diesbezüglich ist der Schütze Franck Ribéry dann allerdings noch auf Nummer sicher gegangen: Er bereitete rasch Arjen Robbens Siegtor zum 4:3 vor.

Das Spiel im Gladbacher Nordpark hat niemand mehr gebraucht, es ist wahrscheinlich nur noch durchgeführt worden, weil die Borussia ein paar Spieler wie Mike Hanke zu verabschieden hatte und sie auch einen ihrer Helden aus den Siebzigerjahren würdigen wollten, dessen Tore diesen Verein erst zu einer Massenbewegung gemacht haben: Bayern-Coach Jupp Heynckes, der nun den Fußball verlässt.

Nur Ribéry schien das nicht begriffen zu haben, dass man sich ja dezent schonen könnte für den Termin am Samstag in London, wenn die Bayern gegen Borussia Dortmund um die Champions-League-Krone kämpfen. Der Franzose brillierte 90 Minuten, er narrte mit seinen Dribblings die Gegenspieler auf der linken Außenbahn, dass deren Wendemanöver kleine Krater im Rasen verursachten.

Er schoss nach der fahrigen Startphase der Bayern-Abwehr flugs das 2:3, half hinten aus, startete umgehend wieder nach vorn. Und dann war da eben das 3:3, ein Kunstwerk: Robben hatte rechts den Ball sehenswert behauptet, er legte zurück auf Philipp Lahm, der Kapitän bediente mit weitem Seitenwechsel Ribéry, der den Ball mit links volley nahm: drin! Es gab Applaus auch von den Gladbachern, während Ribéry Lahm fast erdrückte.

Es ist nicht vermessen zu sagen, dass Ribéry aus einer imponierenden Meistermannschaft herausragte, nicht nur wegen seiner zehn Tore und 16 Torvorlagen - der Nordfranzose ist der Spieler der Saison. Und doch geht es dem inzwischen 30-jährigen Offensivspieler ähnlich wie Lahm, 29, oder Co-Kapitän Bastian Schweinsteiger, 28: Diese exzellente Saison, die 98 Tore, die sagenhaften 25 Punkte Vorsprung auf Dortmund, sie zählen fast nichts, wenn Samstagnacht der BVB jubeln sollte.

Franck Ribéry, 2007 im Paket mit Luca Toni präsentiert und mit zirka 26 Millionen Euro Ablöse an Olympique Marseille der damals teuerste Bayern-Transfer der Geschichte, definiert sich über Pokale. Deswegen hat er in der Vergangenheit schon mal öffentlich Verstärkungen gefordert (was dem Klub missfiel), deshalb rang er vor seiner letzten Vertragsverlängerung durchaus mit Offerten aus Madrid und Manchester. Mit den Bayern hat er jetzt drei Meisterschaften und zwei Mal den DFB-Pokal gewonnen, doch wonach er wirklich strebt, ist die weltweite Wertschätzung.

Parallelen zu Lahm und Schweinsteiger

Ohne den Gewinn des Europacups fühlt er sich ähnlich unvollendet wie die bayerische Generation Lahm. Vor allem bei der Verleihung des Ballon d'Or, des Goldenen Balls, mit dem seine Landsleute von France Football Europas Fußballer des Jahres auszeichnen, wäre er so gern mal dabei. Ribéry glaubt, es könnte bald soweit sein: "Wenn Bayern in dieser Saison alles gewinnt, dann schauen wir mal, was danach für mich passieren kann."

Vonnöten wäre dafür, dass er auch mal ein bedeutendes Spiel prägen würde; die ganz große Bühne war in der Vergangenheit nicht selten ein Problem. Oft lief er sich dort fest, der Blick verharrte stur auf dem Ball. Dieses Jahr jedoch glänzte er im Rampenlicht, zudem brachte sich Ribéry in der Defensive ein, ohne dass dies seinem Vorwärtsdrang schadete.

"Ich sage Franck oft: ,Von einem Philipp Lahm erwartet man, dass er hinten den Ball abgrätscht'", erzählt Bastian Schweinsteiger. ",Aber wenn du hinten den Ball gewinnst, applaudieren die Leute!'" Schweinsteiger findet, der Weltklassespieler Ribéry habe "noch mal einen Schritt nach vorn gemacht".

In München wird Ribéry demnächst den bis 2015 gültigen Vertrag verlängern. Denn in dem gemütlichen Millionendorf eröffnet man ihm die Chance auf große Siege, hier ist er Publikumsfavorit, man nimmt ihn im Zweifelsfall fest in den Arm - und seine Platzverweise (so fehlte er im Finale 2010), die in Frankreich immer noch nicht ausgestandenen Rotlicht-Affäre oder den Kabinen-K.o. gegen die andere Diva Robben letztlich doch nicht so wichtig.

Wegen seiner diskutablen Freizeitgestaltung soll ja einst der künftige Bayern-Coach Pep Guardiola Abstand von Monsieur Frechdachs genommen haben als Zugang seines damaligen Klubs FC Barcelona. Nun freue er sich auf Guardiola, sagte Ribéry zuletzt im L'Équipe-Gespräch: " Ich werde eine neue Arbeitsweise kennenlernen, völlig anders als die von Heynckes." Noch ist Heynckes da, Ribéry nennt ihn einen "großen Herrn, einen sehr großen Trainer". Unter ihm hat er im sechsten Jahr so gut gespielt wie nie. Ribéry würde sich gern erkenntlich zeigen, er sagt: "Ich habe bereits eine Idee."

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