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Wie beim englischen Fünftligisten Ebbsfleet FC können sich die Fortuna-Fans nun mit ihrem Jahresbeitrag einkaufen und via Internet an allen relevanten Entscheidungen teilhaben.

Philipp Selldorf

Wer Fortuna Köln sagt, muss auch Jean Löring sagen, das gilt selbst drei Jahre nach dem Tod des ewigen Präsidenten, dessen Pop-Art-Portrait den Mittelpunkt im Klubheim am Südstadion bildet. Hans "Jean" Löring also wird das neueste Lebenszeichen des kleineren der beiden großen Kölner Fußballklubs mit Wohlwollen betrachten, da ist sich dessen Nachfolger Klaus Ulonska sicher. "Der Schäng war ja sehr fromm. Er schaut uns aus dem Himmel zu und wird uns seinen Segen geben", meint der 65-Jährige, der einst als Sprinter des ASV Köln Berühmtheit erlangte und 1962 in der 4 x 100-m-Staffel Europameister wurde.

Fortuna Köln: Galionsfigur des neuen Projekts: Sönke Wortmann

Galionsfigur des neuen Projekts: Sönke Wortmann

(Foto: Foto: ddp)

Gewiss hätte sich Löring darüber gefreut, dass die stets im Schatten des FC kümmernde Fortuna am Donnerstag bei der Vorstellung des neuen Beteiligungsmodells ein Reportergedrängel verursachte wie in Glanzzeiten. Matthias Mink, der Trainer der inzwischen in der Verbandsliga Mittelrhein kickenden Fortuna, fühlte sich sogar an jenen Tag im Jahre 1997 erinnert, als der Klub Bernd Schuster als Trainer präsentierte. Damals wähnte sich Fortuna stark genug, um den in die zweite Liga gefallenen FC herauszufordern, doch dann verhedderte sich der Verein in seinen Ambitionen. Löring, der Präsident und Herrscher, gab mehr Geld aus, als er mit seinen privaten Mitteln garantieren konnte, und alle Beteiligten rauschten in die Pleite: Der Klub und sein Patron fielen tief, und während Fortuna nach 26 Jahren Zweitklassigkeit in die fünfte Liga stürzte, verlor Löring sogar die Lust, an den alten Stammtischen sein Kölsch zu trinken. Er wollte nichts von Mitgefühl hören.

Drei Insolvenzen überlebt

Jetzt ist wenigstens Fortuna wieder einigermaßen genesen. "Wir sind zwar arm, aber wir haben alles", erläuterte Ulonska gestern und verwies dabei auf ein hervorragendes Buffet. Drei Insolvenzen hat der Klub überlebt, er ist schuldenfrei und wieder ehrgeizig. Auf Dauer will man sogar zurück in den bezahlten Fußball, und helfen soll dabei ein Verfahren, das in England den Fünftligisten Ebbsfleet FC bekannt gemacht hat: Dort können sich die Fans mit ihrem Jahresbeitrag einkaufen und via Internet an allen relevanten Entscheidungen teilhaben. Sie bestimmen mit über Management und Aufstellung. Mehr als 28 000 Menschen in aller Welt haben sich dieser virtuellen Bewegung angeschlossen und 1,3 Millionen Euro zusammengebracht. Ein ähnliches, nicht ganz so basisdemokratischen Finanzierungsmodell will nun auch Fortuna Köln realisieren.

Als Galionsfigur und erster Unterzeichner auf der gestern geöffneten Seite deinfußballklub.de hilft der "Sommermärchen"-Regisseur Sönke Wortmann, der Fortuna "wegen der hervorragenden Jugendarbeit" unterstützt. Bevor der Verein mit den Anteilseignern die gemeinsame Betriebsgesellschaft gründet, sind zwar mindestens 30 000 Anmeldungen vonnöten, doch Wortmann ist zuversichtlich, dass das klappt. "Ich freue mich schon auf das Derby gegen den FC in der zweiten Liga", sagt er - Löring wird es gern gehört haben.

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