Fortuna Düsseldorf: Ausweich-Stadion:Platz da - Lena kommt!

Weil Lena Meyer-Landrut beim Eurovision Song Contest in Düsseldorf singt, zieht Fußballzweitligist Fortuna in eine provisorische Arena. Für vier Partien wird eine ungewöhnliche Stahlrohrkonstruktion mit Containern zum Übergangsstadion.

Florian Parusel

Die Geschichte vom Düsseldorfer Übergangs-Stadion liest sich ein bisschen wie ein Aprilscherz: Nach nur fünfzig Tagen Bauzeit wurde das drei Millionen teure Stadion im vergangenen Monat mit dem U17-Länderspiel zwischen Deutschland und der Ukraine eingeweiht; am Freitagabend nun empfängt dort der Fußball-Zweitligist Fortuna Düsseldorf den 1. FC Union Berlin zum ersten Punktspiel.

Fortuna Düsseldorf mobiles Stadion

Ausweich-Zuhause: Fortuna Düsseldorf bekommt wegen dem Eurovision-Song-Contest eine provisorische Arena.

(Foto: imago sportfotodienst)

20.000 Zuschauer werden zur Begegnung des Tabellenneunten mit dem Tabellenelften erwartet. Wirklich heimelig werden es sich die Düsseldorfer in dem Stadion nicht machen: Schon Mitte Mai wird es wieder abgebaut, nach nicht einmal 60 Tagen und gerade einmal vier Spielen in Betrieb.

"Das hat es in der Stadion-Geschichte so noch nicht gegeben", sagt Tobias Plieninger, der es wissen muss. Er ist ein sogenannter Groundhopper und sammelt Besuche in Fußballstadien wie andere Leute Briefmarken. Er war schon überall: in den größten, den geschichtsträchtigsten, den stimmungsvollsten und den skurrilsten Arenen dieser Welt. Eintausend an der Zahl, in mehr als neunzig Ländern.

Eigentlich dachte er, ihn könne nichts mehr überraschen, dann kam die Düsseldorfer Vier-Spiele-Arena. Nie zuvor wurde in Deutschland ein Fußballstadion dieser Größe so schnell aufgebaut. Plieninger ist fasziniert von der kurzen Betriebszeit des Stadions. Sie verspricht ihm einen exklusiven Sammelerfolg. Vorausgesetzt, er schafft es rechtzeitig vor dem Abbau nach Düsseldorf. Drei Spiele bleiben ihm. Und um sich nochmals der Briefmarkensammler zu bedienen: Für Plieninger ist es ein bisschen wie die Jagd nach der blauen Mauritius.

Verantwortlich für die kuriose Situation ist in erster Linie der European Song Contest (ESC). Düsseldorf richtet den Gesangswettbewerb in der städtischen Multifunktionsarena aus. Weil also am 14. Mai Lena Meyer-Landrut dort für Deutschland trällert, wo die Fortuna normalerweise ihre Heimspieltore schießt, mussten die Fußballer ausquartiert werden.

Der zunächst favorisierte Umzug in das kleine Paul-Janes-Stadion im Stadtteil Flinger Broich, bis 1972 die Heimat des Vereins, scheiterte wegen Sicherheitsbedenken. Die Idee, sich bei benachbarten Fußballvereinen um ein Gastrecht für die letzten drei Saisonspiele zu bemühen, stieß beim Verein auf wenig Gegenliebe. Schließlich entschied man sich für den Bau einer mobilen Ausweichstätte auf dem Trainingsgelände des Vereins.

Container statt Beton

Neben der kurzen Halbwertszeit ist auch die Architektur des Stadions ungewöhnlich: Statt aus Beton bestehen die Tribünen aus Stahlrohrkonstruktionen. Umkleidekabinen, Kartenhäuschen, selbst die Imbissbuden sind in vorgefertigten Containern untergebracht. "Temporäre Bauweise" nennt Henry Krimmel das System. Krimmel arbeitet im Auftrag der Schweizer Firma Nüssli. Das Unternehmen hat sich auf das Baukastenprinzip spezialisiert.

Bereits 2007 entstand so das Stadion des heutigen Drittligisten SV Wehen Wiesbaden. Das größte Projekt dieser Art ist das Empire Fields Stadium in Vancouver. 27.500 Zuschauer locken dort die Spiele des örtlichen Fußballklubs in ein Provisorium, während die ursprüngliche Arena saniert wird. "Hohe Betriebskosten machen die Altbauweise zunehmend unrentabel. Unsere Lösungen bieten sich speziell für Großveranstaltungen an, die nur temporär stattfinden", sagt Krimmel. Günstige und flexible Arenen anstelle teurer Bauruinen - so könnte die Zukunft des Sportstättenbaus aussehen.

Angesichts der Kosten von drei Millionen Euro für die Ausrichtung von vier Fußballspielen stellt sich beim Düsseldorfer Projekt jedoch die Frage der Nachhaltigkeit. "Finanzielle Kürzungen bei anderen Sportprojekten wegen dem mobilen Stadion oder dem Eurovision Song Contest wurden nicht vorgenommen", wiegelt Düsseldorfs Sportdezernent Burkhard Hintzsche Bedenken ab.

Tobias Plieninger, dem Groundhopper, ist die Kontroverse um das Stadion relativ egal. Auch wenn er - wie die meisten Fans - lieber wieder einmal ein Bundesligaspiel im ehrwürdigen Paul-Janes-Stadion gesehen hätte. Von der neuen Mobil-Bauweise hält er nicht viel. "Das sind alles Wellblechhütten, denen die individuelle Note fehlt", sagt er. Das Düsseldorfer Ausweichstadion besucht er trotzdem. Mit viel Glück hat er noch eine Karte für das Spiel gegen Alemannia Aachen bekommen. Es ist das dritte Heimspiel für die Fortuna. Und das letzte Spiel für das Ausweichstadion.

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