Formel 1:Zirkus um die Zukunft

Ferrari und die anderen Verfolger sind wieder schnell unterwegs. Sie stellen deshalb schon Rechnungen auf, wie die Saison ein Erfolg werden könnte.

Vor dem Großen Preis in der Heimat hat das große Rechnen begonnen. "Wir hatten uns vor einem Jahr vorgenommen, den Rückstand auf die Spitze zu halbieren", sagt BMW-Sportchef Mario Theissen: "Das ist uns gelungen." Mercedes-Sportchef Norbert Haug hat ermittelt: "2005 lag Kimi Räikkönen nach vier Rennen 31 Punkte hinter dem WM-Führenden Fernando Alonso. Jetzt sind es 18." In Bahrain, Malaysia, Australien und in der Nähe von San Marino hat die Formel 1 schon ihre Runden gedreht.

Zirkus um die Zukunft

Nein, der McLaren-Mercedes hat sich nicht verfahren. Er steht zu Werbezwecken in der Wüste. Auf der Piste soll er bald Anschluss finden.

(Foto: Foto: rtr)

Die fünfte der 18 Wettfahrten steht am Sonntag auf dem Nürburgring an - der Europa-Grand-Prix. Der Namens-Trick ermöglicht es, neben dem Großen Preis von Deutschland in Hockenheim noch eine zweite Veranstaltung hierzulande steigen zu lassen. Eine Ehre, die sonst lediglich Italien zuteil wird, der Heimat von Ferrari, dem traditionsreichsten, wichtigsten und einflussreichsten Rennstall.

Beim Sieg bei einem ihrer Heimrennen hat die Scuderia vor zwei Wochen in Imola zu alter Stärke zurückgefunden, weshalb Michael Schumacher sich auch für den Ausflug in seine einstige Heimat etwas ausrechnet. Der Zweite der WM-Wertung spricht von einer "guten Grundstimmung" und hofft auf "tolle Tage". Zur Einstimmung hat er sein Team am Mittwoch auf die eigene Kart-Bahn nach Kerpen geladen.

Von dort aus sind es 70 Kilometer zu dem Schauplatz, an dem es ab Freitag rund und wohl auch die ganze Zeit darum gehen wird, ob die größte Attraktion dem Zirkus erhalten bleibt. Es wäre schön, wenn Schumacher nicht bald schon wieder Zukunftsfragen beantworten müsse, hat Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo vor wenigen Tagen gesagt, und dem Piloten nahe gelegt, er solle einfach schnell einen neuen Zweijahresvertrag unterschreiben.

Renault einen Wimpernschlag voraus

Schumachers Manager Willi Weber teilte umgehend mit, an diesem Wochenende werde das bestimmt nicht passieren. Erst im Juni oder im Juli werde eine Entscheidung fallen, wie viele Siege sein Klient bis dahin sammele, sei nicht wirklich wichtig. Ein Erfolg am Sonntag wäre trotzdem schön, weil er zeigen würde, dass wieder überall mit den Roten zu rechnen ist.

Renault war bei den jüngsten Testfahrten einen Wimpernschlag voraus, dahinter geht es bunt zu. Ferrari, Honda, McLaren-Mercedes, BMW, Toyota, Williams - viele hegen Hoffnungen, und natürlich ist ein Heimspiel in einer solchen Situation etwas Besonderes. Mercedes hat am Nürburgring eine eigene Tribüne, weithin sichtbar prangt der Stern darauf. Im Schatten der Nürburg, so geht die Legende, wurden einst die Silberpfeile geboren. Hier hat die Firma oft gewonnen, hier hat sie aber auch einige bittere Niederlagen kassiert.

2005 brach die Vorderradaufhängung an Kimi Räikkönens Wagen, als der als Erster in die letzte Runde bog. So weit hat es das Team in dieser Saison noch nicht gebracht. Die Chancen waren da, doch ein Sieg fehlt bislang, weshalb Sportchef Haug fordert, seine silbernen Autos mögen bitte endlich einmal ganz vorne losfahren. Das Gleiche hat auch Mario Theissen seiner Mannschaft vorgegeben. "Es gibt einige Teams, die noch nicht ihr volles Potenzial gezeigt haben", sagt der BMW-Mann: "Wir gehören dazu."

300000 Zuschauer am Nürburgring erwartet

In Imola verpassten Nick Heidfeld und Jacques Villeneuve den letzten Qualifikations-Durchgang. Im Ausscheidungsfahren am Samstag sollen sich die beiden dieses Mal deshalb besonders anstrengen. Für den Fall, dass sie erneut scheitern, steht künftig ein ganz besonderes Übungsgelände bereit. An sechs Rennstrecken wird die Marke mit dem Propeller im Signet einen Erlebnispark aufbauen, in dem stündlich 1600 Zuschauer den Autos, der Technik und den Piloten nahe kommen dürfen. Der Themenpark ist 120 Meter lang, 45 Meter breit, TÜV-geprüft und täglich neun Stunden lang geöffnet. Beim Aufbau gab es jedoch ein Problem: In der Eifel war es so kalt, dass die Aufkleber an den blütenweißen Wänden nicht hielten.

Inzwischen ist es 15 Grad warm, und dabei soll es bleiben. Nach Schumachers Imola-Triumph ist die Ticket-Nachfrage gestiegen. Nürburgring-Geschäftsführer Walter Kafitz rechnet mit 300000 Zuschauern an drei Tagen, was allerdings immer noch zu wenige sind, um die Kosten für das Spektakel zu decken. Bis 2009 hat die Strecke die Formel-1-Rechte. Um den Vertrag erfüllen zu können, bleibt sie auf staatliche Subventionen angewiesen. Kafitz rechtfertigt die mit einer simplen Kalkulation: Gut 50 Millionen Euro habe die Serie dem Land seit 1995 allein an Mehrwertsteuer eingebracht. Eine ähnliche Summe dürfte Vermarkter Bernie Ecclestone im gleichen Zeitraum allerdings als Antrittsgeld eingestrichen haben. Nicht nur die Deutschen können rechnen.

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