Formel 1 vor dem Saisonstart:Trendfarbe Rot

Pre-season testing

Gut unterwegs im Ferrari: Sebastian Vettel.

(Foto: dpa)
  • Die ersten Testfahrten der Formel-1-Piloten zeigen, wo es in der anstehenden Saison hingehen könnte.
  • Mercedes blufft, Marussia ist raus - und Ferrari mit Sebastian Vettel überzeugt.
  • Schon ist von Wiederauferstehung die Rede.

Von René Hofmann

An den ersten zwei Test-Tagen gleich zweimal die Bestzeit: Der Start von Sebastian Vettel bei seinem neuen Team hätte schlechter laufen können. Was zudem Hoffnung spendet: Teamkollege Kimi Räikkönen, der im Anschluss an Vettel das Steuer des neuen Formel-1-Ferrari ergriff, war ebenfalls prompt schnell. Zum Abschluss der Übungsfahrten in Jerez glückte dem Finnen, der in der vergangenen Saison kein einziges Glanzzeichen gesetzt hatte, die Bestzeit.

Vier Tage Testfahrten - und viermal stand ein Ferrari-Motor ganz oben in der Zeitenliste; neben Vettel und Räikkönen führte sie auch der neue Sauber-Fahrer Felipe Nasr einmal an. Der Eindruck, den die Roten in Spanien hinterließen, war fürwahr kein schlechter. Das Fachmagazin autosport schreibt schon von der "Wiederauferstehung" der 2014 sieglosen Scuderia, setzt aber noch ein Fragezeichen ans Ende der Schlagzeile. Vettel selbst bezeichnet das Fundament als "solide", als eines, mit dem man arbeiten könne. Sein Ziel: mindestens ein Rennen gewinnen.

Wintertests: In der Formel 1 bedeutet das mehr als im Fußball. Weil die Gelegenheiten zum Probieren aus Kostengründen strikt begrenzt sind und so ein Rennwagen mit seinen 20 000 Teilen eine komplizierte Maschine ist, sind sie wichtig. Und nicht selten sind sie deshalb auch wegweisend. 2009 deutete sich im Winter bereits an, wer später den Weltmeister stellen würde: Das Auto, das Ross Brawn gebaut hatte, war allen anderen haushoch überlegen. Im vergangenen Winter kam Sebastian Vettel, damals noch Champion und im Red Bull unterwegs, bei allen Tests kaum vom Fleck. Die Saison verlief dann entsprechend: Vettel glückte kein einziger Sieg, was ein Grund ist, warum er jetzt Ferrari fährt.

Auch in diesem Jahr lassen sich bereits Trends lesen. Der erste betrifft das Mittelfeld und die Hinterbänkler. Die insolventen Teams Marussia und Caterham waren erwartungsgemäß erst gar nicht nach Jerez gereist. Marussia ist sogar ganz raus: Weil angesichts der Insolvenz kein neuer Bolide gefertigt werden konnte, wollte der Rennstall mit dem alten Auto in die Saison starten - dem hätten aber alle anderen Teams ausnahmslos zustimmen müssen, was nicht geschah. So scheiterte Marussia am Einspruch der zahlungskräftigeren Konkurrenz.

Kurzfristig auf die Tests verzichtete auch Force India. Die Kraft Indiens, für die Nico Hülkenberg auf Punktejagd gehen soll, kündigte nun an, bei der nächsten Testgelegenheit vom 19. bis 22. Februar in Barcelona das neues Auto ebenfalls noch nicht präsentieren zu können. Damit droht das Teilnehmerfeld hinten weiter auszufransen.

Im Hintergrund läuft das Feilschen um neue Motoren

Eher weiter hinten dürfte auch das McLaren-Team zu erwarten sein, das mit dem neuen Motorenpartner Honda und den ehemaligen Weltmeistern Jenson Button und Fernando Alonso sein Glück sucht. Die Mannschaft, bei der nun wieder Ron Dennis das Sagen hat, hat ein ambitioniertes Auto gebaut. Sein Heck ist so eng geschneidert, dass Dennis in Anlehnung an die Mode für beinahe Magersüchtige von einem "Size-Zero-Car" spricht.

Der Entwurf ist aber offenbar zu gewagt geraten. Der McLaren-Honda kam kaum in die Gänge. Und wenn er fuhr, fuhr er hinterher. McLaren und Alonso wollen beide zurück an die Spitze. Der Weg, den sie vor sich haben, dürfte weiter sein als der für Vettel mit Ferrari.

Ob dessen SF15-T aber ein Gefährt ist, mit dem er bereits den Titel jagen kann? Da ist Skepsis angebracht. Mercedes könnte ab dem Saisonstart Mitte März in Melbourne wieder dominieren. Bei 19 Gelegenheiten in 2014 sammelten die Silbernen 16 Siege. Und diese glückten Lewis Hamilton und Nico Rosberg vor allem dank ihrer überlegenen Motoren. Der Sechszylinder-Turbo-Hybrid ist so überlegen, dass die Gegner alle Hebel in Bewegung setzen, um ihre eigenen Motoren verbessern zu dürfen - oder um so schnell wie möglich den Umstieg auf ein anderes Antriebskonzept durchzudrücken. Das Feilschen darüber läuft gerade. Da wäre es von Mercedes extrem unklug gewesen, alle anderen schon bei der ersten Ausfahrt stehen zu lassen.

Hamilton und Rosberg kamen den Bestzeiten in Jerez nie nahe. Sie blieben ihnen aber auch nie wirklich fern. Der neue Mercedes lief und lief und lief. Gleich am ersten Tag fuhr Nico Rosberg so viele Runden, dass seiner Mannschaft am Ende des Tages gar nichts mehr einfiel, was sie noch ausprobieren sollte. Um der Langeweile zu entgehen, wurden Boxenstopps geübt. Die verwunderte Konkurrenz sah es mit Entsetzen. In der mangelhaften Haltbarkeit der Mercedes-Gefährte hatte 2014 ihre einzige Chance gelegen.

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