Formel 1 vor dem Saisonstart:Gentlemen, Zeit für die Flagge!

Lesezeit: 2 min

"Zunächst einmal wollen wir ins Ziel kommen": Sebastian Vettel bei den Testfahrten in Bahrain (Foto: dpa)

Sebastian Vettel ist angeblich schon froh, wenn er beim ersten Rennen überhaupt ins Ziel kommt. Lewis Hamilton wiederum fährt bei den Tests Bestzeit, lobt aber den Wagen des Rivalen. Es wird Zeit, dass in der Formel 1 die Motoren wieder den Ton angeben.

Ein Kommentar von René Hofmann

Im Englischen hat sich ein derber, aber treffender Ausdruck gehalten aus der Zeit, als im Motorsport noch keine Startampeln leuchteten, sondern zum Auftakt eine grüne Flagge geschwenkt wurde. "When the flag drops, the bullshit stops." Auf gut Deutsch: Wenn's losgeht, ist Schluss mit allem Quatsch und Gequatsche.

Los geht die wichtigste Rennserie am 16. März, wenn in Melbourne das erste Formel-1-Rennen 2014 gestartet wird. Dann verstummt das Palaver, und die Motoren geben endlich wieder den Ton an. Weil diese in diesem Jahr ganz andere sind - Sechszylinder-Turbotriebwerke mit viel Hybrid-Technik - hat es im Winter viel Aufregung gegeben.

Sebastian Vettel in der Formel 1
:Plötzlich vom Himmel gestürzt

Kaputte Batterien, explodierende Bremsscheiben: Zwei Wochen vor dem ersten Formel-1-Rennen ist das neue Auto von Sebastian Vettel zuverlässig unzuverlässig. Dem viermaligen Weltmeister droht ein Fehlstart in die Saison.

Von René Hofmann

Vermarkter Bernie Ecclestone schimpfte, die neue Sparformel sei "eine totale Farce": "Wenn die Teams Sprit sparen wollen, sollten sie sich kleinere Motorhomes zulegen." Als klar war, dass fast alle Autos wegen neuer Höhenvorgaben mit ungewöhnlichen Nasen unterwegs sein würden, tat sich Ferrari-Fahrer Fernando Alonso mit dem Bekenntnis hervor: "Die neuen Autos sind hässlicher. Ich denke, da müssen wir schon ehrlich zu den Fans und uns selbst sein."

Und schließlich hielt Jacques Villeneuve, der Weltmeister des Jahres 1997, eine Grundsatz-Philippika: "Nicht schnell" und "im höchsten Maße" uninteressant nannte der Kanadier seine Nachfolger und ihre Gefährte.

Die wunderlichsten Klänge aber kamen nun, nach dem Abschluss aller Testfahrten, aus Österreich, vom Weltmeister-Team Red Bull. Im Konzern-eigenen TV-Kanal bekannte Motorsportberater Helmut Marko: "Der Saisonauftakt kommt für uns mindestens zwei Monate zu früh."

Und Titelverteidiger Sebastian Vettel prophezeite sich höchstselbst ein Debakel: "Zunächst einmal wollen wir ins Ziel kommen. Das wäre schon ein Erfolg." Aber sogar dann rechne er sich nur eine Chance auf Punkte aus, wenn die Hälfte der anderen ausfielen. Hauptschuld an der Misere sei Renault: Der Motorenlieferant habe es versäumt, seine neue Kreation mitsamt Getriebe probelaufen zu lassen.

Nun geht es in der Formel 1 nicht nur um Sport. Ein jeder will auch etwas verkaufen. Deshalb sind Worte auch immer Botschaften. Die von Red Bull lautet gerade: Rechnet erst mal nicht mit uns! Nach so einer Aussage lassen sich auch kleine Erfolge als große Schritte verkaufen. Renault verfolgt (noch) eine andere Strategie. Die Motorenbauer lobten am Montag explizit die jüngsten Fortschritte, die ihnen am Wochenende gelungen seien.

Red-Bull-Fabrik in England
:Wo Vettels Weltmeister-Auto entsteht

Im britischen Milton Keynes steht eines der exklusivsten Autowerke der Welt: Dort baut Red Bull seine Rennwagen für die Formel 1. Nur fünf Fahrzeuge sind es pro Jahr, aber nach jedem Wettkampf wird an den Flitzern weiter gefeilt. Dabei hilft auch deutsche Software.

Von Björn Finke

Nach absolvierten Test-Kilometern geht übrigens Mercedes als Favorit an den Start. Doch auch zu gute Aussichten können offenbar eine bedrohliche Perspektive bieten. Oder wie sonst ist es zu erklären, dass Mercedes-Mann Lewis Hamilton - am letzten Testtag mehr als vier Sekunden schneller als Vettel und der Schnellste überhaupt - wissen ließ: Das Auto des Rivalen habe ihn beeindruckt. Der Red Bull sei "atemberaubend".

Gentlemen, Zeit für die Flagge!

© SZ vom 05.03.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: