Formel 1:Viel Feuerwerk, wenig Spektakel

Beim letzten Rennen in Abu Dhabi verteidigt Sebastian Vettel seinen zweiten Platz in der Gesamtwertung vor dem Tagessieger Valtteri Bottas. Schon nach wenigen Runden erkennt Ferrari, dass Mercedes zu schnell ist.

Von Philipp Schneider, Abu Dhabi/München

Drei Rennwagen parkten Sonntagnacht auf der Rennstrecke in Abu Dhabi, in jenem Moment, als ein Feuerwerk den Himmel über der Wüste beleuchte. Einer gehörte Felipe Massa, dem Brasilianer, der nach 269 Rennen seine Karriere beendete. Ein weiterer: Lewis Hamilton, dem Weltmeister der nun vergangenen Saison. Der dritte Dienstwagen gehörte Valtteri Bottas, dem Tagessieger, der sich gerade den dritten Grand-Prix-Sieg seiner Karriere verdient hatte. Für Sebastian Vettels Ferrari war kein Platz unter den Raketen und Knallfröschen der Pyrotechniker. Dabei hatte der viermalige Weltmeister das Jahr mit seinem dritten Platz auf dem Yas Marina Circuit halbwegs versöhnlich zu Ende gebracht: als Zweiter in der Gesamtwertung. Zum ersten Mal seit 2013 hatte es keinen Doppelsieg für Mercedes gegeben. So sieht er aus, Vettels Trost.

Für den Sauber-Piloten Wehrlein dürfte es das letzte Rennen in der Formel 1 gewesen sein

"Das ist ein sehr wichtiger Sieg für mich nach der schwierigen Phase, die ich hatte", sagte Bottas. In der Tat gab es sicher keinen Fahrer im Feld, der Bottas nicht gegönnt hätte, dass er seinen Mercedes ganz am Ende einer Saison, in der er zeitweise als Titelkandidat gehandelt worden war, noch einmal ganz vorne parkte. Hamilton erkannte neidlos an, dass sein Teamkollege im Qualifying schneller gewesen war. "Die Runde war wirklich sehr stark. Ich habe alles gegeben, aber es hat leider nicht gereicht ihn zu schlagen", sagte er. Hamiltons ehemaliger Rivale Nico Rosberg sah das anders: "Bei Lewis hat die Konzentration jetzt nachgelassen, das ist ganz normal."

Für Bottas, der zu Saisonbeginn auch zu seiner eigenen Überraschung Rosbergs Cockpit übernommen hatte, wusste vor dem Start: Um noch Zweiter zu werden in der Gesamtwertung, würde er gewinnen müssen und Vettel müsste als Neunter oder noch schlechter abschließen. In Brasilien war Vettel in der ersten Kurve an Bottas vorbeigezogen, diesmal allerdings parkte noch Hamilton zwischen den beiden. Bottas kam am besten weg, Hamilton startete ebenfalls gut, Vettel hatte diesmal keine Chance, und so stieg etwas Qualm auf von den Reifen an seinem Ferrari. "Der Start war schwierig, ich hab' kurz blockiert", sagte Vettel.

Formel 1: Zum Abschluss ein bekanntes Bild mit kleiner Variation: Zwei Silberpfeile fahren vor allen anderen durchs Ziel – diesmal liegt Bottas vor Hamilton.

Zum Abschluss ein bekanntes Bild mit kleiner Variation: Zwei Silberpfeile fahren vor allen anderen durchs Ziel – diesmal liegt Bottas vor Hamilton.

(Foto: Giuseppe Cacace/AFP)

Dafür, dass in diesem letzten Rennen bis auf Bottas und Vettel niemand etwas zu verlieren hatte, ging es erstaunlich unspektakulär los. Fünf Runden waren gefahren, da hatte keines der ersten zwölf Autos eine andere Position als vor dem Start. Für die einzige Nachricht sorgte Nico Hülkenberg. Der Renault-Pilot erhielt eine Fünf-Sekunden-Strafe wegen unerlaubten Verlassens der Strecke, mit dem er sich einen Vorteil gegenüber Sergio Perez verschafft hatte. An der Spitze kreiste Bottas vor Hamilton, gefolgt von Vettel, Daniel Ricciardo im Red Bull und Kimi Räikkönen im zweiten Ferrari. So fuhren sie eine gefühlte Ewigkeit um die eigentlich abwechslungsreich vom deutschen Ingenieur Hermann Tilke entworfene Rennstrecke. Vettel konnte die Geschwindigkeit der Silberpfeile nicht mitgehen, schon nach 19 Runden lag er fast sechs Sekunden hinter Hamilton. "Ich habe heute nach ein paar Runden eingesehen, dass es nicht schneller ging. Mercedes ist vorne weggezogen", sagte er später.

Nach 21 Umdrehungen kam Vettel als erster Fahrer aus der Spitzengruppe an die Box. Sonderlich beeilen mussten sich seine Mechaniker nicht, weil Ricciardo etwa zeitgleich mit seinem Dienstwagen über die Wiese rollte: Seine Hydraulik war zusammengebrochen. Ferrari und Vettel probierten einen Undercut. Mit den frischen Reifen sollte Vettel Zeit gut machen auf die Mercedes-Piloten. Eine Runde später ließ sich auch Bottas neue Reifen aufziehen. Hamilton lag nun an der Spitze. Und er kreiste auf den gebrauchten Reifen so schnell, dass Mercedes Gefahr lief, dass seine Piloten unfreiwillig dauerhaft die Positionen tauschen würden. Als Hamilton ein paar Runden später aus der Boxengasse auf die Strecke zurückkehrte, war Bottas wieder knapp vor ihm. Allein, für wie lange?

Nach 30 von 55 Runden tauchte Hamilton formatfüllend in Bottas' Rückspiegel auf, weniger als eine Sekunde betrug sein Rückstand. Und eines war auch klar: Wenn Vettel nicht Neunter würde, müsste Bottas aus Sicht von Hamiltons Arbeitgeber auch nicht geschont werden. Hamilton versuchte zu überholen, er verbremste sich, sein Auto rutschte durch die Auslaufzone. In der Team-Werkstatt grinste Mercedes-Boss Toto Wolff. Wer am Ende vorne sein würde, konnte ihm völlig egal sein.

Pascal Wehrlein, der das Rennen als 14. beendete, zeigte in seinem Sauber noch ein schönes Überholmanöver gegen Brendon Hartley. Ein schwacher Trost angesichts der Erkenntnis, dass er am Sonntag sein letztes Rennen in der Formel 1 erlebt haben dürfte. Wenn nichts Überraschendes geschieht, gibt es für Wehrlein kein Cockpit mehr. Bei Williams dürfte Robert Kubica als Nachfolger von Massa ein Comeback geben, und Sauber wird auf Wunsch seines Motorlieferanten Ferrari den 20-jährigen Monegassen Charles Leclerc beschäftigen.

Ferrari und Mercedes hatten das Wochenende in Abu Dhabi dazu genutzt, neue Teile für die kommende Saison zu testen. Bei Ferrari stand ein direkter Vergleich mit einem Experimental-Diffusor an. Mercedes wechselte unterschiedliche Frontflügel durch. "Wir sind mit den Gedanken schon im kommenden Jahr", gab Vettel zu: "In unseren Köpfen hat 2018 schon begonnen." Sollte die Saison 2018 so beginnen wie die Saison 2017 endete, dann liegt Mercedes 19,3 Sekunden vor Ferrari. Das ist aus Sicht der Scuderia ein erschreckend großer Vorsprung.

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