Formel 1:Schweigsam in Reihe zwei

Beim Rennen in Bahrain zeigt sich, dass sich die beiden Spitzenteams Mercedes und Ferrari hinter ihren Spitzenfahrern versammeln.

Von Philipp Schneider

Man kann nicht sagen, dass Valtteri Bottas ein herrliches Wochenende verbracht hat in der Wüste von Bahrain. Da durfte er zum ersten Mal in seiner Karriere von ganz vorne in ein Formel-1-Rennen starten, aber nachdem er nur als Dritter ins Ziel rollte, bekam er von den Kollegen einige Spitzen zu hören. Ob es im Finnischen das Wort "aufgeregt" überhaupt gebe, fragte der siegreiche Sebastian Vettel den lakonischen Finnen, der nicht berühmt ist für ausufernde Monologe. Schon irgendwie, brummte Bottas zurück. Aha, bohrte Lewis Hamilton nach, Bottas' Teamkollege bei Mercedes, wie denn das Wort exakt laute? Erneut brummte Bottas etwas, diesmal auf Finnisch. Aber das verstand nicht einmal die Protokollantin der Pressekonferenz. Sie notierte: "unhörbar".

Während die Frage, ob es in der finnisch-ungarischen Sprachfamilie eine Vokabel gibt für unkontrollierte Emotionen, hier also unbeantwortet blieb, gab das dritte Rennen zumindest eine Antwort auf die Frage, wo genau sich die bei Mercedes und Ferrari beschäftigten Finnen Bottas und Kimi Räikkönen in der Hierarchie einzuordnen haben: mindestens eine Reihe hinter Vettel und Hamilton. Dass er den schnelleren Hamilton passieren lassen musste, erfuhr Bottas über Funk. "Das Schlimmste, was einem Fahrer passieren kann", klagte Bottas später, und diesmal fand er sofort die nötigen Vokabeln. Als Erklärung für sein im Vergleich zu Hamilton deutlich langsameres Kreisen konnte er zwar geltend machen, ein defekter Stromgenerator habe vor dem Start zum Ausfall der Heizdecke an seinen Reifen geführt. Dennoch bleibt vom Nachtrennen in Sakhir die Erkenntnis, dass sich die Spitzenteams im Kampf um den WM-Titel hinter ihren Spitzenfahrern versammeln.

Vor allem für Mercedes bedeutet dies eine Zäsur. Drei Jahre lang durften sich Hamilton und Nico Rosberg auf der Piste frei duellieren. So gut wie nie wurde ihnen eine sogenannte Stallorder unter die Helme gefunkt; und wenn das doch geschah, widersetzte sich Hamilton schon mal und es gab Stunk. Die Silberpfeile erhielten damals viel Lob dafür, dass sie den Wettbewerb so pflegten. Allerdings konnte es dem Team auch egal sein, weil stets klar war, dass einer der Fahrer den Titel gewinnen würde.

Nun aber gibt es den wiedererstarkten Vettel, der seinerseits nicht Gefahr läuft, intern ausgebremst zu werden von Räikkönen. Der 37-Jährige hangelt sich seit Jahren von einer Vertragsverlängerung zur nächsten. Jedes Mal spürt er den Druck der Teamführung, wenn er weit hinter Vettel ins Ziel rollt, und daran ändert auch sein Sonderstatus nichts, dass er derjenige ist, der 2007 letztmals den Titel für die Scuderia gewann. Zehn Jahre später wartet Räikkönen noch auf einen Podestplatz. Aber er galt vor seiner letzten Vertragsverlängerung als Vettels Wunschkollege. Dem kommt es wohl ganz gelegen, dass er sich intern nicht mit einem wie Daniel Ricciardo messen muss, der zu gemeinsamen Zeiten bei Red Bull auch schon mal schneller war. So haben Mercedes und Ferrari eine klare Nummer eins. Und, Zufall oder nicht, dahinter zwei wortkarge Finnen, die bislang keine Widerworte geben.

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