Formel 1:Schnee unter den Reifen

Formula One Test Session

Seltener Anblick: Der verschneite Circuit de Catalunya bei Barcelona.

(Foto: REUTERS)
  • Bei der ersten Testwoche in Barcelona werden die Formel-1-Piloten vom Schnee und der Polarluft überrascht.
  • Die ersten Runden sind dadurch wenig aussagekräftig, aber doch interessant: Weltmeister Lewis Hamilton fährt eine Sekunde schneller als Sebastian Vettel.

Von Philipp Schneider

In der Formel 1 geht es immer auch um einen Wettstreit der Bilder. Welches Team liefert die spektakulärsten, welches die ungewöhnlichsten Bilder? So gesehen ist es nicht die schlechteste Nachricht für die Rennserie, dass die Fotografen von den ersten Testfahrten der Saison auf dem Circuit de Catalunya bei Barcelona Bilder versendet haben, über die noch eine Weile geredet werden dürfte.

Man sieht Aufnahmen von frierenden Rennfahrern in dicken Overalls und Bilder von offenbar kälteresistenten Zuschauern, die sich auf den Tribünen in Wolldecken eingewickelt haben. Auf anderen Fotos sind Reifenstapel am Streckenrand zu sehen, die unter einer dicken Schicht Schnee verschwinden. "Auf einmal war ich am Nordpol", klagte der Renault-Pilot Carlos Sainz junior. Und Daniel Ricciardo von Red Bull meinte: "Ob ich es vorziehen würde in Bahrain oder sonstwo zu fahren: Ja! Dann würden wir um einiges produktiver arbeiten können."

Das Hochdruckgebiet über Skandinavien, hierzulande "Russenpeitsche" genannt, hat in dieser Woche auch Spanien mit Polarluft versorgt und dort für Temperaturen um den Gefrierpunkt gesorgt. Am Dienstag gab es Frost, ehe am Mittwoch Schneeflocken auf die Strecke rieselten. Und da diese für Motor- und nicht für Skisport konzipiert wurde, konnten weder die Ingenieure noch die Fahrer viel anfangen mit den meteorologischen Bedingungen, unter denen sich die Reifen nicht auf Temperatur bringen lassen.

Nico Hülkenberg brachte das Offensichtliche auf den Punkt. "Die Verhältnisse hier sind nicht repräsentativ. Bei keinem anderen Termin im Jahr wird es so kalt sein." Gerne gesehen hätte man Bilder von Rennwagen, die durch eine verschneite Landschaft kurven, aber verrückt genug, um ein solches Motiv zu liefern, war dann doch keiner der Fahrer. Sie warteten lieber auf den Donnerstag und einen Moment, als der Schnee wieder den Aggregatzustand von Regen angenommen hatte. Die Aussagekraft der dann gefahrenen Zeiten dürfte zum Glück nicht groß sein, ansonsten könnten sich alle auf eine langweilige Saison einstellen.

Hamilton war eine Sekunde schneller als Vettel

Eine Sekunde schneller war Weltmeister Lewis Hamilton auf einer Runde als Sebastian Vettel. Und das auch noch auf Medium-Reifen, während Vettel sich die weicheren Varianten hatte montieren lassen. Etwas ausweichend beantwortete Vettel nach dem ersten verlorenen Duell des Jahres Fragen nach seinem neuen Ferrari. Das Team sei "zufrieden" mit dem SF71H, sagte er, allerdings: "Wo man damit steht, ist schwer einzuschätzen. Wir fahren alle nach Australien, lassen die Hosen runter und schauen, was geht."

Der neue Titan-Bügel Halo kommt gut an

In Melbourne findet am 25. März das erste Rennen der Saison statt. Den Vorwurf, er habe nicht ausreichend getestet, wird Vettel dann niemand machen können. Allein am Dienstag hatte er bei "Bedingungen an der Grenze", wie er es nannte, 98 Runden zurückgelegt, Hamilton war an den ersten drei Tagen insgesamt nur 25 Mal mit seinem Mercedes gekreist. Für seine schnellste Runde wollte er sich unter diesen Bedingungen selbstredend nicht feiern lassen, lieber setzte er noch einen lässigen Kommentar ab. "Ich weiß, dass der Ferrari rot ist. Aber sonst habe ich noch gar nichts mitbekommen."

So ziemlich jeder dürfte mitbekommen haben, dass die Autos neuerdings mit einem Titan-Bügel über dem Cockpit versehen wurden, der die Köpfe der Piloten schützen soll. Der Halo, unter ästhetischen Gesichtspunkten umstritten, war in Barcelona als Fotomotiv noch beliebter als der Schnee. Offenbar kommt er erstaunlich gut an bei den Fahrern, genau genommen: erstaunlich wenig schlecht.

Alonso ist von seinem McLaren schon wieder genervt

Kevin Magnussen bemängelte zwar, der Halo sei hässlich und behindere beim Aussteigen. Die meisten Fahrer, auch Vettel, zeigten sich aber eher überrascht, dass der Bügel die Sicht so wenig beeinträchtigt. "Auf Fotos sieht es so aus, als ob der zentrale Steg im Weg sei", sagte Fernando Alonso. "Aber wir schauen nicht vorne auf das Chassis, sondern fahren mit Weitblick. Da stört es nicht. In den Kurven auch nicht. Da schaust du links und rechts vorbei."

Alonso war es auch, der für das unstrittig beliebteste Foto sorgte. Gleich bei seiner zweiten Ausfahrt mit dem neuen McLaren war er trotz Weitblick durchs Kiesbett gepflügt. Ohne sein rechtes Hinterrad, eine Radmutter hatte sich gelöst. Daraufhin hatte sich Alonso neben den Wagen gekniet und eine Weile durch sein Helmvisier auf die hinterradlose Aufhängung gestarrt. "Es gibt viele Teams mit großen Problemen. Aber unsere Radmutter ist das Thema des Tages", stellte er genervt fest. Natürlich war es das. Weil ein Alonso mit defektem Auto wunderbar an die Vergangenheit erinnert.

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