Formel 1: Neue Regeln:"Wir sind am Limit!"

Sperrstunde, eine Regel für lahme Enten, neue Reifen und zwei Knöpfe zum Überholen. Einige Piloten befürchten, dass die Technik zur Gefahr wird. Am Freitag beginnt die Formel-1-Saison - das sind die wichtigsten Neuerungen.

Jürgen Schmieder

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Sperrstunde, eine Regel für lahme Enten, neue Reifen und eine Einladung zum Überholen. Das sind die wichtigsten Neuerungen der Formel-1-Saison 2011. Der Heimwerker-King Tim Taylor würde diese Neuerung mit zwei Worten umschreiben: "Mehr Power!" Ein neuer Knopf auf dem Lenkrad von Michael Schumacher (im Bild) ist der für das Kinetic Energy Recovery System (KERS).  Vor zwei Jahren war die Technik, die es ermöglicht, einen Teil der Bremsenergie aufzufangen und zu speichern, schon einmal erlaubt. Die Piloten können per Knopfdruck die gespeicherte Energie einsetzen, pro Runde bekommt er so für 6,7 Sekunden 82 zusätzliche Pferdestärken.

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Mehr Spannung durch mehr Überholmanöver, das ist der Hintergedanke des verstellbaren Heckflügels. Die Boliden sind aerodynamische Kunstwerke, was dazu führt, dass sie vor allem dann aus dem Gleichgewicht geraten, wenn ein Auto dem anderen nahe kommt - also überholen könnte. Die auf Knopfdruck absenkbaren Heckflügel sollen ein Heranpirschen erleichtern. Etwa zwölf Stundenkilometer Topspeed-Zugewinn erreicht der Fahrer so auf einer durchschnittlichen Strecke. Klingt einfach? Ist es auch. Die Technik soll jedoch wirklich nur zum Überholen und nicht zum Beschleunigen eingesetzt werden. Also soll es am Ende der längsten Geraden jeder Strecke eine 600 Meter lange Überholzone geben. Dort darf der Überholende den Flügel flach stellen - jedoch nur, wenn er in der Kurve vor der Geraden dem anderen auf weniger als eine Sekunde nahe gekommen ist. Striche auf der Fahrbahn sollen den Renn-Stewarts das Überprüfen erleichtern. Klingt kompliziert? Ist es auch.

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Alleine diese beiden Regelungen werden für einen Anstieg der Top-Geschwindigkeiten sorgen - aber womöglich auch für Unmut bei den Fahrern oder gar Unfälle. "Wir sind am Limit", sagt etwa Nick Heidfeld. Mit den neu eingeführten Knöpfen für das KERS und die verstellbaren Heckflügel entwickele sich "die Technik zu einer Gefahr, und so haben wir das der FIA auch mitgeteilt". Die Fahrer müssten "mehr oder weniger gleichzeitig beide Knöpfe drücken, nicht selten an einer Stelle, wo ich hochschalten muss, und gleichzeitig sollte ich ja noch ein wenig lenken", sagte Heidfeld.

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Der Rennstall McLaren hatte in der vergangenen Saison eine revolutionäre Idee: Ein Luftkanal mit Loch führte durchs Auto. Wenn der Fahrer das Loch mit der Hand schloss, dann strömte die Luft zum Heckflügel, weshalb der Luftwiderstand sank und die Geschwindigkeit anstieg. McLaren nannte die Erfindung "F-Schacht", weil es der sinnentleerteste Begriff war, der den Ingenieuren einfiel. Der "F-Schacht" ist in dieser Saison ebenso verboten wie der Doppeldiffusor - weshalb ein Team einen neuen, revolutionären Einfall hatte.

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Der Renault R31 nämlich hat seinen Auspuff nicht hinten am Auto - vielmehr gibt es zwei Rohre auf Höhe des Cockpits. Aus diesen beiden Rohren dampft nicht nur Abgasluft, die Ingeneure leiten auch beim Bremsen Luft durch den Kanal. Diese Luft wird umgeleitet und sorgt für eine bessere Aerodynamik. Mittlerweile haben andere Teams dieses Prinzip übernommen, auch beim Mercedes von Michael Schumacher ist kaum noch eine Auspuff-Öffnung zu sehen.

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Vorbeilassen oder nicht - das war lange die Frage. Während Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz in der vergangenen Saison eine Team-Order zwischen seinen Fahrern Mark Webber und Sebastian Vettel komplett ausschloss, sahen andere Teams das Verbot der Stallorder nicht so eng. In dieser Saison ist das absichtliche Überholenlassen wieder erlaubt, der Artikel 39.1 wurde gestrichen. Allerdings verweist der Automobil-Weltverbandes FIA auf den Artikel 151c des für alle Rennserien gültigen Internationalen Sporting Code. Dort wird "jedes betrügerische Verhalten oder jede Handlung zum Nachteil der Interessen eines Wettbewerbs oder gegen die Interessen des Motorsports im Allgemeinen" als Regelverstoß gewertet. Da aber gegen die Team-Order schon mit dem Verbot nur schwammig vorgegangen wurde, ist nun zu erwarten: Wer seinen Kollegen absichtlich überholen lässt, der hat kaum etwas zu befürchten.

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Eine der wichtigsten Änderungen in dieser Saison ist der Wechsel der Einheitsreifen. Der Automobilverband beschloss vor Jahren die Einführung einheitlicher Pneus, um die Geschwindigkeiten in den Kurven zu senken. In dieser Saison ist die Formel 1 nun von Bridgestone zu Pirelli gewechselt - und bei den Tests übertrafen sich Fahrer und Konstrukteure darin, knackige Ausdrücke zu finden dafür, dass sie mit den neuen Reifen nicht zurechtkommen. Vor allem wird die geringe Haltbarkeit der Reifen bemängelt - jedoch nicht von allen. Jene Piloten nämlich, die einen feinfühligen Umgang mit den Walzen pflegen, könnten durchaus einen Vorteil daraus ziehen. Dazu gehören etwa der Brite Jenson Button und Mercedes-Pilot Nico Rosberg.

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Regeln gegen Rüpel: Bislang gab es unter den Fahrern lediglich ein Gentlemen's Agreement, sich auf der Piste ordentlich zu benehmen. Weil es offensichtlich nur noch wenige Gentlemen in der Königsklasse gibt, wurde das Verhalten nun ins Reglement aufgenommen. Verboten sind demnach das Abdrängen eines anderen Autos von der Strecke, mehr als ein Richtungswechsel pro Gerade und unnormale Richtungswechsel während des Rennens.

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Wer abdrängt, der muss künftig mit härteren Strafen durch die Rennkommissare rechnen. Überhaupt haben die Stewarts von dieser Saison an ein breiteres Spektrum an Strafen zur Verfügung, um Regelverstöße zu ahnden. Bislang gab es drei Arten von Strafe: eine Durchfahrtsstrafe (Drive-Through-Penalty), eine 10-Sekunden-Zeitstrafe oder eine Zurückversetzung in der Startaufstellung beim nächsten Rennen. Nun wurde diese Auswahl um vier weitere Strafen ergänzt: eine Zeitstrafe im Ermessen der Rennkommissare, eine Ermahnung, ein Ausschluss aus dem Rennergebnis und eine Sperre für das nächste Rennen. Ob diese Strafen auch umgesetzt werden, muss man abwarten.

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"Lame ducks" gibt es nicht nur in der Politik und unter Fußballtrainern, sondern auch in der Formel 1. Deshalb gibt es in dieser Saison eine verschärfte Regel für die lahmen Enten. Liegt die Zeit eines Fahrers im ersten Qualifying um sieben Prozent höher als die Bestzeit des schnellsten Piloten, dann kann der langsame Fahrer vom Rennen ausgeschlossen werden. Wie diese Regelung sich auswirkt, ist nur schwer abzusehen. Beim Qualifying in Melbourne im vergangenen Jahr etwa hätten sich trotz der 107-Prozent-Regel alle Fahrer qualifiziert.

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Sparen, sparen, sparen - und auf die Haltbarkeit achten, das ist das Motto dieser Formel-1-Saison. Pro Auto darf ein Team maximal acht Motoren verwenden. Für jeden zusätzlich eingesetzten Motor wird der Fahrer im nächsten Rennen mit einer Rückversetzung um zehn Positionen in der Startaufstellung bestraft. Das Getriebe muss fünf Rennwochenenden halten, ein früherer Wechsel führt zu einer Rückversetzung um fünf Positionen.

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Eine Regeländerung für Feinschmecker: Das Safety-Car-Geschwindigkeitslimit gilt von nun an für zwei Runden anstatt bisher für nur eine. Piloten sollen nicht mit höchstem Tempo auf Wrackteile auffahren oder andere Piloten in Gefahr bringen, bevor sie sich hinter dem Schrittmacher-Fahrzeug einreihen. Aufgrund einer Panne in der vergangenen Saison wurde die Phase nun verlängert. Dazu dürfen Piloten während der Safety-Car-Phase die Boxengasse nur durchfahren, wenn sie auch die Reifen wechseln lassen. Dafür bleibt die Ampel beim Boxenausgang während der Phase auf Grün, ein Fahrer muss sich also nicht mehr hinten einreihen, wenn er beim Reifenwechsel war.

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Nachtarbeit verboten: Die neuen Regeln sehen eine "Sperrstunde" für jene Teammitglieder vor, die direkt an den Boliden arbeiten. Vor dem ersten und dritten Freien Training gibt es jeweils eine sechsstündige Pause, die zehn Stunden vor dem Beginn des jeweiligen Trainings beginnt. Im Laufe der Saison hat jedes Team vier Mal die Möglichkeit, diese Regel zu umgehen. Der Zuschauer wird von dieser Regeln allerdings nur wenig mitbekommen.

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