Formel 1: Mercedes:Die General-Sanierung des Michael Schumacher

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Nach der mäßigen Saison baut Michael Schumacher das Formel-1-Team von Mercedes gründlich um. Sein großer Wunsch bleibt: Er will mit Mercedes Weltmeister werden - wie zuvor mit Ferrari.

Elmar Brümmer

Das Saisonfinale in einer erklärten Nach-vorne-Sportart wie der Formel1 ist immer auch schon ein Schritt in die Zukunft. Entsprechend waren die Boxen des Mercedes-Teams am Yas Marina Circuit aufgehübscht worden: Futuristische Schalensessel aus Metallgeflecht, viel Weiß, und auf den Vorhängen prangten silberne Sterne. Wer wollte, durfte das beim Talk mit Michael Schumacher als poetischen Ausdruck dessen deuten, was vor den deutschen Sternfahrern liegt.

"Seit ein paar Rennen habe ich ein Auto, das sich so verhält, wie ich es erwarte" - Michael Schumacher hat Hoffnung für 2011. (Foto: Getty Images)

Die Comeback-Saison für Konzern und Rekordweltmeister ist abgehakt, Platz vier fürs Team und Rang neun für den 41-Jährigen bestätigen numerisch, was Mercedes-Sportchef Norbert Haug so bilanziert: "Wir sind die besten der Nicht-Titelkandidaten." In diesem Nicht schwingt viel nichts mit. Nicht um den Titel zu fahren, das nennt sich im Fahrerlager ziemlich uncharmant "best of the rest".

Restposten - so was traut man sich ja gar nicht mit Schumacher und Mercedes in Verbindung zu bringen, auch nicht mit Talent Nico Rosberg, der Gesamt-Siebter wurde und nach Qualifikationsduellen Schumacher mit 14:5 entzauberte. Vor der Saison hatte Konzernlenker Dieter Zetsche den Anspruch der deutschen Motorsport-Nationalmannschaft mit dem plakativen Ausspruch "Schwarz-Rot-Silber" gewaltig hochgeschraubt, doch dann legte sich ein Grauschleier über die großen Pläne.

Der Entwicklungsrückstand aus dem vergangenen Winter des ehemaligen Brawn-Rennstalls war zu groß. Schumacher spürte das von den ersten Testfahrten an, Nico Rosberg gab seinem Boliden noch eine Schonfrist bis zur Rennpremiere im März in Bahrain. Einfach über die Runden kommen - das war danach das eigentliche Saisonziel.

Abseits der zähen Punktesammlung galt die Konzentration früh dem eigentlichen Bewährungsjahr 2011, das am 13. März mit dem Großen Preis von Bahrain startet. Mercedes wird dann ironischerweise mit einem alten Trauma konfrontiert - wieder gegen einen deutschen Weltmeister antreten zu müssen. Dieses Mal heißt der nicht mehr Schumacher, sondern Sebastian Vettel.

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"Wir werden viel mehr Spaß haben, wenn wir dort kämpfen können, wo wir hinwollen", sagt Teamchef Ross Brawn unerschrocken. Schumacher ist seit Wochen beseelt von der Chance auf ein zweites Comeback, und er spürt, dass der auf finanzielle Vernunft ausgelegte Rennstall Mercedes Grand Prix, der zahlenmäßig mit einer nur halb so großen Mannschaft ausgestattet ist wie die Rivalen Ferrari und McLaren es sind, in den vergangenen Monaten die Freiheiten nutzte, die sich bieten, wenn eine Equipe nicht bis zum letzten Rennen in den Titelkampf eingebunden ist. Die Agilität des siebenmaligen Weltmeisters hinter den Kulissen war für Insider klarer Ausdruck dessen, dass er an die gern herbeigeredeten Rücktrittsgedanken nicht im entferntesten dachte.

Schumachers Aktionismus ist auf Teamchef-Ebene angesiedelt, er möchte als Mannschaftskapitän mit Mercedes das wiederholen, was er mit Ferrari in einer Ära zementiert hatte. Das wäre die eigentliche Krönung seiner Karriere und der vermeintlichen Traumehe, die vertraglich zunächst bis Ende 2012 geregelt ist: "Ich denke, dass man mich auch zurückgeholt hat, damit ich genau diesen Beitrag leisten kann", sagt er.

Das Fazit nach dem letzten Saisonrennen 2010 kann daher nur ein vorläufiges sein. "Das Team ist definitiv zusammengewachsen", sagte Schumacher in Abu Dhabi, "seit ein paar Rennen habe ich ein Auto, das sich so verhält, wie ich es erwarte." Von dieser Woche an sollen die Planungen für das Nachfolgemodell MGP W002 mit einem wichtigen Faktor unterfüttert werden: Schumacher testet in Abu Dhabi erstmals die neuen Pirelli-Reifen, mit den bisherigen Bridgestone-Pneus kam er nicht zurecht.

Auf personeller Ebene findet die Neuorientierung auch ihren Niederschlag. Analog zur Struktur bei Ferrari, wo es einen übergeordneten Chef aller Techniker gibt, wird Schumachers bisheriger Renningenieur Andrew Shovlin zum Koordinator aufrücken. Persönlicher Helfer soll der Brite Mark Slade werden, der von Renault kommt und früher bei McLaren Mika Häkkinen betreut hat.

Beim finalen verbalen Großreinemachen in Abu Dhabi konnte auch das Binnenverhältnis zu Rosberg geklärt werden. "Ich habe im Voraus gewisse Informationen bekommen, dass Nico vielleicht ein bisschen zickig wie Britney Spears sein soll", verriet Schumacher: "Das habe ich aber nicht wirklich so empfunden. Wir haben immer sehr gut zusammengearbeitet."

© SZ vom 18.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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