Formel 1: Jenson Button:Der Wiedergänger des Playboys

Formel-1-Spitzenreiter Jenson Button eifert dem früheren Weltmeister James Hunt nach. Der prägte den Spruch: "Sex ist das Frühstück der Champions."

Elmar Brümmer

Sex sells. Auch in zwei Wörtern lässt sich ausdrücken, warum der bislang einzige Sieger der neuen Formel-1-Saison weit mehr Schlagzeilen macht, schreibt, als es allein durch die sportliche Überraschung gerechtfertigt wäre. Jenson Button quittiert seine Triumphe von Melbourne und Kuala Lumpur mit einer Leichtigkeit, die exakt seinem Lebensstil entspricht. Den Briten erscheint der 29-Jährige aus dem Rennstall von Ross Brawn bereits als Wiedergänger des Weltmeisters von 1976, James Hunt ("Sex ist das Frühstück der Champions", hieß das Programm des 1993 Gestorbenen).

Formel 1: Jenson Button: Jenson Button (rechts) ist oft von vielen Frauen umzingelt.

Jenson Button (rechts) ist oft von vielen Frauen umzingelt.

(Foto: Foto: dpa)

Ein rasender Playboy, die politische Unkorrektheit in Person. Damals hatte die Formel 1 jenen Glamour-Effekt, der ihr Image bis heute prägt. Aber an öffentlichen Glanzgestalten, von Weltmeister Hamilton mal abgesehen, ist die PS-Branche eher arm geworden. "Ja", sagt WM-Tabellenführer Button in einer Mischung aus Überzeugung und Berechnung, "ich habe mir Hunt zum Vorbild genommen - und das hat nicht unbedingt was mit seinen Leistungen auf der Rennstrecke zu tun ..."

Bei aller Koketterie, dass das neue Reglement neben einer völlig veränderten Hackordnung auch noch einen neuen Sieger-Typen hervorbringt, war mehr, als man erwarten konnte. Am besten charakterisiert sich die späte Erfolgsstory von Button und Brawn, die gemeinhin nur unter der Rubrik Formel-1-Märchen läuft, durch ein britisches Sprichwort: Du stehst eine Stunde lang an der Haltestelle, ohne dass ein Bus vorfährt. Und plötzlich kommen zwei auf einmal. Aus diesem Nichts heraus entstehen auch WM-Favoriten.

Jenson Button, der beim Großen Preis von China am Wochenende den Hattrick anstrebt, wurde nicht durch das Sieger-Gen allein zur populären Ausnahmeerscheinung - so oft hatte er das Gefühl ja auch nicht, in zehn Formel-1-Jahren gerade erst zum dritten Mal. Mit 15 WM-Punkten hat er schon jetzt mehr Zähler geholt als in den letzten beiden Jahren zusammen, erste Abnutzungserscheinungen auf höchstem Niveau sind die Folge.

"Es ist merkwürdig, wie schnell man sich daran gewöhnt, vorne zu stehen. Wenn ich jetzt aufs Podium steige, ist es nicht mehr die aufregendste Erfahrung meines Lebens, sondern eher so: Gut, das haben wir geschafft. Was kommt als Nächstes?", sagt er. Der seltsame Fall (und Aufstieg) des Jenson Button erscheint filmreif.

Da lebt einer, der anno 2000 als männlicher Gegenentwurf zu den Spice Girls positioniert werden sollte, endlich das ihm zugedachte Leben aus. Nicht als Traum, sondern ganz real. Bei seiner Rundreise voller Auf- und Abstiege durch die Rennställe von Williams-BMW, Benetton, Renault, BAR und Honda schliff sich viel Enthusiasmus ab, bei Button ebenso wie der Fan-Öffentlichkeit.

Ewiges Talent, ewiger Hallodri

Ewiges Talent, ewiger Hallodri: Etiketten gab es genug für ihn. Wenn man keinen Spaß mehr mit ihm haben konnte, dann wenigstens auf seine Kosten. Button machte das Beste aus der jahrelang dauernden Misere, er ignorierte Lob wie Kritik.

Genauso ging er mit dem frischen Ruhm nach dem Auftakt-Grand-Prix um. Am Tag drauf saß er mit seiner Freundin Jessica Celeste Michibata, einem adretten Unterwäschemodel, am Strand von St. Kilda - bei kaltem Bier und einem Teller Fish & Chips. Entspannt unterhielt er sich mit britischen Reportern über Fachthemen, zum Beispiel den Sex zu dritt. Dafür lieben ihn die Briten vielleicht mehr als den ach so perfekten Lewis Hamilton. Für die Boulevardblätter ist das Duell der beiden unterschiedlichen Rennfahrer das perfekte Szenario.

Allüren: Fehlanzeige. Da ist einer dankbar über die x-te letzte Chance, und dass er sie diesmal nutzen konnte: "Auf dieses Auto habe ich mein ganzes Leben gewartet. Ich fühle mich wie neugeboren." Keine große Philosophie, kein falsches Pathos. Der vermeintliche Hans Dampf Button wird dennoch nachdenklich, wenn er an die 100 Tage von Anfang Dezember bis Anfang März denkt, als Brawn verzweifelt versuchte, das Honda-Team zu retten.

"Es war eine sehr schwierige, sehr dunkle Zeit. Allein zu sein ist nicht gut, denn wenn es nicht läuft, denkt man zu viel über alles nach. Das machte es mir sehr schwer." Nebenbei hat er sich in der Krise zum Triathleten getrimmt. Die Botschaft seines Körpers läuft synchron mit der im Kopf: Da will es einer noch mal wissen, endlich.

Dank des inzwischen legalisierten Abtriebs-Leitwerks Doppel-Diffusor im Heck seines BrawnGP spielt er mit den Gegnern, er haute ihnen auch an diesem Freitag im freien Training von Shanghai wieder eine Bestzeit hin. Jenson Button pflegt einen weichen, eleganten Fahrstil, der sogar den zurückhaltenden Teamchef Brawn in echtes Entzücken versetzt, und er gibt sich, als sei jede Aufregung aus seinem Rennfahrer-Ich entwichen. Sorglosigkeit kann in diesem sonst so ernsten Geschäft auch etwas unheimlich Förderliches sein. Für einen echten Positiv-Lenker.

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