Formel 1:Italien mit halbem Rohr voraus

Felipe Massa gewinnt in Frankreich vor Ferrari-Kollege Kimi Räikkönen - die deutschen Fahrer und Teams enttäuschen.

René Hofmann

Bei den Siegerehrungen werden in der Formel 1 immer zwei Hymnen gespielt: eine für das erfolgreiche Team, eine für den Sieger. Vor zwei Wochen in Kanada, beim Erfolg des BMW-Piloten Robert Kubica, gab es dabei erstmals die Kombination aus Jeszcze-Polska-nie-zginela und Einigkeit-und-Recht-und-Freiheit zu hören.

Formel 1: Rot war am Wochenende mal wieder die dominierende Farbe.

Rot war am Wochenende mal wieder die dominierende Farbe.

(Foto: Foto: getty)

"Mein Motor hat plötzlich an Kraft verloren. Vor allem auf den Geraden und beim Beschleunigen aus den Kurven heraus war das ein Nachteil. Irgendwann hat es dann wieder besser funktioniert", schilderte Räikkönen seine Fahreindrücke: "Das war enttäuschend. Aber am Ende hatte ich noch Glück, das Rennen überhaupt zu Ende fahren zu können."

Nach dem Großen Preis von Frankreich an diesem Sonntag in Magny-Cours ertönten wieder vertrautere Klänge: "Ó Pátria amada, Idolatrada, Salve! Salve!" für Brasilien, "Fratelli d'Italia, L'Italia s'è desta, Dell'elmo di Scipio, S'è cinta la testa" für Italien. Den größten Pokal - eine gewaltige Silberscheibe - durfte sich zum dritten Mal in dieser Saison Ferrari-Fahrer Felipe Massa abholen. Zweiter wurde sein Teamkollege Kimi Räikkönen, Dritter Toyota-Fahrer Jarno Trulli.

"Manchmal braucht man ein wenig Glück. Das hatte ich heute", sagte Massa, der davon profitierte, dass sein Teamkollege von einem technischen Problem zurückgeworfen wurde. Räikkönen hatte am Samstag die 200. Pole Position in der Formel-1-Geschichte für Ferrari geholt. Bis Umlauf 39 führte er den Grand Prix souverän an. Dann musste er Massa passieren lassen, weil sein Auspuffrohr abgebrochen war.

Platz zwei bringt seinem WM-Konto einen Aufschlag von acht Punkten auf 43. Mehr als Platz drei ist damit nach acht von 18 Rennen aber nicht drin. Als Führender des Fahrerklassements reist Felipe Massa in zwei Wochen mit 48 Punkten zum Großen Preis von Großbritannien. Der 27-Jährige aus Sao Paulo ist der erste Brasilianer seit Ayrton Senna im Jahr 1993, der die Wertung anführt. Zwei Punkte hinter ihm liegt der erste Pole in der Formel 1: Robert Kubica. Der BMW-Pilot musste in Frankreich allerdings einen Dämpfer hinnehmen. Als Fünfter kam er an der Zielflagge vorbei. So wenige Punkte sammelte Kubica seit seinem Ausfall beim Saisonauftakt im März nicht mehr.

Italien mit halbem Rohr voraus

Noch enttäuschender verlief das Wochenende für seinen Teamkollegen Nick Heidfeld. Er wurde abgeschlagen Dreizehnter. "In Montreal hat alles geklappt, hier klappt relativ wenig", hatte Sportchef Mario Theissen bereits am Samstag antizipiert, als Heidfeld im zweiten Qualifikationsdurchgang hängen geblieben und Kubica lediglich auf Startplatz fünf gekommen war. Die Probleme der Weiß-Blauen? Das komplizierte Puzzle, die richtigen Flügel-Reifen- und Strategie-Einstellungen zu finden, ging dieses Mal nicht ganz auf. Auf dem Kurs in Magny-Cours, wo die Rundenzeiten immer eng beieinander liegen, gehen so schnell ein paar Startplätze verloren.

Das Puzzle weitgehend zusammen brachte ein Team, das zum letzten Mal beim Saisonstart vor zwei Jahren auf dem Podium gestanden hatte: Toyota. "Wir haben in den letzten Rennen schon einen Aufwärtstrend gezeigt", verkündete Chefingenieur Dieter Gass selbstbewusst. Nach Position vier für Timo Glock in Kanada kam nun Jarno Trulli der Spitze nahe. Glock hatte mit körnenden Reifen zu kämpfen. Er wurde lediglich Elfter - womit er immerhin noch bester Deutscher war.

Die Rangliste der Enttäuschten führte Nick Heidfeld an, der sich sogar noch hinter Sebastian Vettel anstellen musste, der im Toro Rosso Zwölfter wurde. "Wir waren das ganze Wochenende nicht schnell genug. Da war nichts zu machen", sagte Nick Heidfeld. Williams-Pilot Nico Rosberg formulierte es als Sechzehnter noch drastischer: "Das ist aus deutscher Sicht eine Katastrophe." Adrian Sutil (Force India) wurde Neunzehnter. Schlechter war nur Jenson Button, der es mit seinem Honda als einziger nicht ins Ziel schaffte.

Der größte Verlierer des Wochenendes aber war wieder einmal der Überflieger des vergangenen Jahres: McLaren-Mercedes-Fahrer Lewis Hamilton. Der WM-Zweite von 2007 leistete sich nach dem Auffahrunfall vor der roten Ampel am Ende der Boxengasse in Montreal in Magny-Cours einen weiteren Patzer. Im Spurt vom Start weg zog der Brite an Sebastian Vettel vorbei. Das Manöver sah gewagt aus, hatte aber einen Schönheitsfehler: Hamilton lenkte alle vier Räder seines Rennwagens neben die Strecke, womit er sich einen unerlaubten Vorteil verschaffte.

Die Strafe folgte umgehend: Die Rennkommissare bestellten Hamilton für eine Bummelrunde durch die Box ein, womit er vom Platz neun auf Rang 13 zurückfiel und alle Chancen einbüßte, den Ferraris nahe kommen zu können. Teamkollege Heikki Kovalainen hatte das Ziel schon am Samstag aufgeben müssen, als er im zweiten Qualifikationsdurchgang Red-Bull-Pilot Mark Webber behinderte und dafür um fünf Startplätze auf Rang zehn zurückversetzt wurde. Von dort kämpfte er sich über die 70 Runden bis auf Position vier vor, Hamilton wurde Zehnter. "Ohne Durchfahrtsstrafe hätte er Dritter werden können", rechnete Mercedes-Sportchef Norbert Haug vor. Für einige der Favoriten bleibt es eine Saison der Pleiten, Pannen, Wenns und Abers.

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