Formel 1 in Ungarn:"Willkommen in der Welt der Sieger!"

Weil Lewis Hamilton patzt und Felipe Massas Motor explodiert, wird Heikki Kovalainen erstmals Erster - vor Timo Glock.

René Hofmann

Vor der dreiwöchigen Sommerpause bot die Formel 1 im elften von 18 Saisonrennen in Ungarn noch einmal einiges - Überraschungen, Enttäuschungen und einen dramatischen Motorschaden. In der drittletzten Runde explodierte Felipe Massas Ferrari-Triebwerk. Der Brasilianer sah zu diesem Zeitpunkt wie der sichere Sieger aus. Weil Lewis Hamilton sich zuvor schon verbremst hatte und aussichtslos zurückgefallen war, hätte Massa auch die Führung in der Fahrerwertung übernommen. So kam in der letzten Minute aber doch alles ganz anders. Heikki Kovalainen staubte den Sieg ab, der Deutsche Timo Glock wurde im Toyota unerwartet Zweiter vor Kimi Räikkönen (Ferrari). Hamilton kam als Fünfter an der Zielflagge vorbei.

Formel 1 in Ungarn: Allein verloren: Felipe Massa nach seinem Motorschaden drei Runden vor Schluss.

Allein verloren: Felipe Massa nach seinem Motorschaden drei Runden vor Schluss.

(Foto: Foto: Getty)

Der Brite führt die WM-Wertung mit 62 Punkten weiter an. Räikkönen kommt auf 57 Zähler, Massa auf 54. Das nächste Rennen ist die Premiere des Stadtrennens in Valencia am 24. August. Für BMW-Sauber soll es dort wieder besser laufen. Der Ausflug in die Puszta endete für das Team enttäuschend. Nick Heidfeld wurde Zehnter, Robert Kubica Achter. Nur einen Punkt - so mager war die Ausbeute in diesem Jahr noch nie. "Das Rennen ist komplett an uns vorbeigelaufen. Beide Piloten waren mit beiden Reifenmischungen nicht in der Lage, normale Zeiten zu fahren", sagte Sportchef Mario Theissen. Woran das lag, soll in den nächsten Tagen ermittelt werden.

Mann des Wochenendes war Heikki Kovalainen. Am Donnerstag hatte er sich freuen dürfen, dass McLaren mitten in einer persönlichen Schwächephase die Option einlöste, die das Team für seine Dienste 2009 hatte. "Dass Heikki seinen Platz fürs kommende Jahr jetzt sicher hat, wird ihn beflügeln", hatte McLaren-Chef Ron Dennis gehofft. So kam es. Als Kovalainen über die Ziellinie schoss, rief Dennis ihm am Funk zu: "Willkommen in der Welt der Sieger! Ich hoffe, das ist der erste Erfolg von vielen."

Erst Unfall, dann Triumph

"Ich kann es kaum glauben", kommentierte Timo Glock das beste Resultat, das er in dieser Saison für Toyota einfuhr: "Aber ich hatte hier von Anfang an ein Supergefühl." Den spektakulären Unfall, den Glock vor zwei Wochen erlitten hatte, hat er gut überstanden. Beim Deutschland-Grand-Prix in Hockenheim war hinten rechts an Glocks Toyota die Spurstange gebrochen. Erst am Donnerstag hatte Glock von den Ärzten die Starterlaubnis für Ungarn erhalten. Am Samstag hatte er sich mit Position fünf seinen bisher besten Formel-1-Startplatz erkämpft und forsch verkündet: "Es hätte noch besser gehen können. Wenn ich Räikkönen am Start hinter mir halten kann, ist ein Platz unter den besten Fünf möglich."

"Willkommen in der Welt der Sieger!"

Er konnte Räikkönen am Start hinter sich halten. Mehr noch: Er konnte ihn auch auf den letzten Kilometern hinter sich halten, als der Finne stark aufkam. Der Start bot noch einige andere Überraschungen. Die größte lieferte Lewis Hamilton. Er war am Freitag und am Samstag im Training der Schnellste gewesen. In der Qualifikation holte er sich den Startplatz, den er schon bei seinen zwei Triumphen in Silverstone und in Hockenheim eingenommen hatte: den ganz vorne. Der 23-Jährige war auch in Budapest wieder der große Favorit. Auf dem Spurt in die erste Kurve aber zeigte er eine seltene Schwäche. Der McLaren-Mercedes-Mann bremste zu früh, Ferrari-Chauffeur Felipe Massa - von Startplatz drei aus losgefahren - schoss mit qualmenden Reifen vorbei. "Lewis hat es zu piano angehen lassen", urteilte Fernseh-Experte Christian Danner. "Mein Start war gut, seiner war einfach besser", verteidigte sich Hamilton.

Folgenschwerer war ohnehin der zweiter Patzer, der ihn in Runde 41 unterlief. Hinter Massa an Platz zwei liegend, verbremste Hamilton sich in der zweiten der 14 Kurven des Hungarorings. Der Fehler ließ das linke Vorderrad blockieren und rubbelte an einer Stelle des Reifens so viel Gummi ab, dass der Pneu mächtig unrund lief. Hamilton musste zum Reifenwechsel an die Box, seinen waidwunden Wagen zuvor aber erst einmal knapp vier Kilometer im gemächlichen Tempo um den Kurs schleppen. Mit dem Sieg hatte er fortan nichts mehr zu tun.

Der Hungaroring bietet wenige Gelegenheiten zum Überholen. Normalerweise führt die Formel 1 dort meist eine geordnete Polonaise vor, aufgelockert lediglich von einigen Positionswechseln beim Tanken. Dieses Mal war es etwas anders. Früh und spät in der Wettfahrt ging es turbulent zu, dazwischen war es übersichtlich. Zur Rennmitte bot sich ein Bild, das es zuletzt Mitte Juni in Frankreich gegeben hatte: Ein Ferrari fuhr voraus. Es sah so aus, als habe Massa das fulminante Start-Manöver gegen Lewis Hamilton genügt, um seinen Nummer-1-Status im Team zu zementieren.

Heidfeld mit viel Sprit hinterher

Hinter dem Auto mit der Startnummer zwei auf der Nase jagten die beiden Silberpfeile her, in der Reihenfolge Hamilton vor Kovalainen. Die gewohnte Hierarchie schien also auch dort lange nicht in Gefahr zu sein. Im Mittelfeld gab es wenig Bemerkenswertes - bis auf den Einbruch von BMW-Sauber (Nick Heidfeld: "Ich hatte wegen meines Startplatzes 15 so viel Benzin an Bord, dass es schwierig war, gute Zeiten zu fahren"). Sebastian Vettel musste seinen Toro Rosso wegen eines thermischen Defektes abstellen. Auch Adrian Sutil kam im Force India nicht ins Ziel, weil eine Bremsscheibe brach. Nico Rosberg wurde im Williams abgeschlagen Vierzehnter. Von der Welt der Sieger sind diese deutschen Piloten derzeit weit entfernt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: