Formel 1 in Südkorea:Vettels bitterer Tag

Lange liegt der Red-Bull-Pilot in Führung - dann platzt ihm der Motor. Sebastian Vettels WM-Chancen sind damit minimal. Fernando Alonso gewinnt und hat nun beste Aussichten auf den Titel.

Carsten Eberts

Das Wichtigste vorweg: Die Strecke hat gehalten. Es taten sich weder urplötzlich Gräben auf, in die die Autos stürzten, noch zogen sie lange Asphaltbahnen hinter sich her, weil sich die Strecke nach und nach auflöste. Irregulär waren die Bedingungen beim ersten Grand Prix auf südkoreanischem Boden trotzdem - weil es regnete. Besser: Es schüttete.

Formel 1 - GP Südkorea - Vettel

"Ich hatte den Rest des Feldes zu jeder Zeit im Griff": Punkte bekam Sebastian Vettel dafür trotzdem nicht.

(Foto: dpa)

Mit über einer Stunde Verspätung wurde das Rennen schließlich gestartet - und es wurde zu einem tragischen für Sebastian Vettel. Erst sah es aus, als käme der Deutsche mit den widrigen Bedingungen am besten zurecht - nach dem Ausfall seines Red-Bull-Kollegen Mark Webber hätte er an diesem Tag sogar die WM-Führung übernehmen können. Doch Vettel platzte neun Runden vor Schluss der Motor - Fernando Alonso im Ferrari war der Nutznießer und gewann mit 15 Sekunden Vorsprung vor Lewis Hamilton (McLaren-Mercedes) und Felipe Massa (Ferrari). Michael Schumacher (Mercedes) wurde Vierter.

Vettels WM-Chancen sind somit nur noch minimal. "Ich hatte den Rest des Feldes zu jeder Zeit im Griff, kann mir eigentlich nichts vorwerfen", sagte Vettel gefasst. "Wir haben Alonso heute viele Punkte geschenkt. Ein grausamer Tag", sagte auch sein Teamchef Christian Horner. Mit 206 Punkten liegt Vettel nun zwei Rennen vor Schluss 25 Punkte hinter Alonso zurück. Der ließ sein großes Glück auffällig unerwähnt: "Ich glaube, das war eines meiner besten Rennen überhaupt."

Zuvor hatte das bizarre Regenschauspiel gemäß Regelwerk seinen Lauf genommen. Das Rennen wurde hinter dem Safety Car gestartet, die Fahrer sahen außer schäumender Gischt und den Blinklichtern ihres Vordermanns nichts, dann wurde die rote Flagge geschwenkt: Rennunterbrechung. Die Rennleitung wollte zunächst warten, bis sich der Regen bessert. Bei den Fahrern fand das Anklang: "Ich kann überhaupt nichts sehen", funkte Mark Webber in die Box, "da ist ein See auf der Geraden." Fernando Alonso berichtete von "den schlimmsten Bedingungen, die ich je erlebt habe". Nico Hülkenberg beschrieb das Dilemma so: "Das geht nicht. Wir sehen null."

Es blieb also viel Zeit für Expertengespräche. Hermann Tilke, der deutsche Architekt, der an dem Bau der Strecke mitgewirkt hat, erklärte die Problematik. "Das Wasser kann nicht abfließen, weil es von der Seite nachläuft", sagte Tilke. Das klang ein wenig nach Planungsfehlern, vor allem jedoch nach wahrlich großen Wassermassen. Zudem wurde spekuliert, wann das Rennen wieder gestartet werden kann: In 15 Minuten? In 40 Minuten? Überhaupt nicht mehr?

Als alle mit einem kompletten Abbruch rechneten, ließ der Regen nach. Das Rennen wurde gestartet. Was es jedoch bedeutet, bei diesen Bedingungen fahren zu müssen, erlebte als erster Mark Webber: Er rutschte durch eine Kurve, drehte sich, sein Auto schoss über die Strecke - und kollidierte mit dem Mercedes von Nico Rosberg, der nicht mehr ausweichen konnte. "Das war ganz allein mein Fehler", sagte Webber, als das Rennen noch lief. In der WM-Wertung fiel er damit auf Platz zwei zurück - elf Punkte hinter Alonso.

Überhaupt hatte das Rennen nun etwas von Auto-Scooter-Fahren: Jarno Trulli und Lucas di Grassi setzten ihre Autos in die Mauer, Sébastien Buemi (Toro Rosso) räumte Timo Glock (Virgin) mit ab. Witali Petrow (Renault) knallte in die Reifen. Gefühlte 36 Mal kam das Safety Car - immer wieder musste Sebastian Vettel von Neuem beginnen, einen Vorsprung heraus zu fahren.

Als das Safety Car endlich Feierabend hatte, wollte Vettels Motor nicht mehr. Noch bitterer: Will Red Bull noch eine Chance auf den WM-Titel haben, muss Vettel ab sofort für seinen Kollegen Webber fahren.

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