Formel 1 in Spielberg:Kampf der Komponenten

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Weltmeister Lewis Hamilton kommt in diesem Rennjahr einfach nicht mit seinem Motor zurecht und verteilt erste Seitenhiebe an die Ingenieure.

Von Elmar Brümmer, Spielberg

So kann man die Konkurrenz natürlich auch anstacheln: "Früher jagte man mit Pfeilen Bullen und Pferde. Heute ist es andersrum." Die Mercedes-Werbetexter geben sich alle Mühe, die Erwartungshaltung für den Großen Preis von Österreich zu schüren: Nico Rosberg und Lewis Hamilton sollen die Gejagten sein, Ferrari und Red Bull beim neunten Saisonrennen den Angriff starten. Im kleiner Gedruckten ist die eigentliche Drohung zu lesen: "Wir arbeiten Tag und Nacht an der Titelverteidigung." Die beiden WM-Führenden bekommen kurz vor der Saisonhalbzeit neue Motoren. Was nicht unbedingt eine gute Nachricht ist, vor allem für Lewis Hamilton.

Fünf Aggregate kann jeder Fahrer über die 21 Rennen einsetzen, braucht er mehr, kommt es zu Strafversetzungen in der Startaufstellung - gezählt werden nicht die kompletten Triebwerke, sondern sechs einzelne Komponenten, wie beispielsweise die Elektronik, Turbolader oder Energiespeicher. Mit mindestens zwei dieser empfindlichen Strafen (zehn Plätze nach hinten) rechnet Titelverteidiger Hamilton über das Rennjahr, das bis Ende November dauert. Damit könnte die (mangelnde) Zuverlässigkeit zum Zünglein an der Waage werden. Denn Rivale Rosberg bekommt jetzt erst zum dritten Mal die entscheidenden Komponenten frisch eingebaut, Hamilton ist in zwei Bereichen schon beim fünften Teil.

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(Foto: imago)

Ihm droht die Strafversetzung: Lewis Hamilton.

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(Foto: AFP)

Führt die Fahrerwertung an: Nico Rosberg.

Der Champion muss also haushalten, was schwierig ist, wenn man in einer Aufholjagd steckt - Hamilton liegt 24 Zähler hinter seinem Teamkollegen zurück. Mercedes-Teamaufsichtsrat Niki Lauda versprach ihm: "Wir kämpfen wie die Löwen, dass du ohne Strafe durchkommst." Aber dieser Trost ist mehr Wunsch als Hoffnung. Die Frage ist, ob und wie sehr Hamilton an Mercedes zu zweifeln beginnt. Schon zweimal haben ihn technische Defekte in der Qualifikation zurückgeworfen, beim letzten Rennen in Baku zickte die Motoreneinstellung.

Hamilton verteilt erste Seitenhiebe an seinen Rennstall: "Das ist für uns als Mannschaft natürlich schwierig - eigentlich sollte das Werksteam die besten aller Mercedes-Motoren haben. Das Schlimmste ist, dass ich der einzige aller acht Fahrer mit diesem Motor bin, der solche Probleme hat." Das ist die Faktenlage, aber natürlich will er damit geschickt auch die Ingenieure unter Druck setzen. Es wäre sogar eine Art vorbeugende Entschuldigung, falls er nicht wie geplant zum vierten Mal Weltmeister würde.

Sein Satz, "das sieht gut aus für Nico in diesem Jahr", nach Rosbergs fünftem Sieg 2016 vor zwei Wochen in Baku ist eine von Hamilton ungewohnte Anerkennung gewesen. Die Slapstick-Nummer mit der falschen Motoreneinstellung samt Hamiltons verzweifelten Korrekturversuchen am Lenkrad nagt angeblich nicht am Selbstvertrauen des Briten: "Das hatte nichts mit mir zu tun, deshalb muss ich auch nichts nachlernen", sagt Hamilton. Überhaupt blicke er nicht so gern zurück, man komme dann nur ins Grübeln: "Aber was ich jetzt brauche, ist ein klarer Kopf."

Die Hoffnung der Konkurrenten gilt den kurzen Runden und wenigen Kurven in Spielberg. Vor allem Ferrari hat sich mit einem verbesserten Motor vorgenommen, die Lücke endlich deutlich zu verkleinern. Sebastian Vettel hatte ein gutes Gefühl, bis die ernüchternde Nachricht kam, dass das Getriebe an seinem Auto gewechselt werden muss - offenbar fanden sich Metallspäne im Öl. Damit muss er am Sonntag (14 Uhr/RTL) fünf Startplätze zurück.

© SZ vom 02.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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