Formel 1 in São Paulo:Vettels Gratulation an den Teamkollegen

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Beim Saisonfinale in São Paulo hat Sebastian Vettel früh Getriebeprobleme und muss seinen Teamkollegen Mark Webber passieren lassen. Der rast zu seinem ersten und einzigen Saisonsieg - Vettel wird nur Zweiter. Michael Schumacher ist hingegen mal wieder in eine Kollision verstrickt.

René Hofmann

Es war ein seltsames Problem. Der Große Preis von Brasilien, das letzte Formel-1-Rennen der Saison 2011, war erst fünf Runden alt, als ein Funkspruch an Sebastian Vettel erging. Renningenieur Guillaume Rocquelin warnte den Weltmeister, der souverän in Führung lag: "Wir haben ein Getriebeproblem!"

Gratulation unter Teamkollegen: Sebastian Vettel (links) gratuliert Mark Webber. (Foto: dpa)

Vettel solle bitte einige Gänge schonen. Einige Runden weiter erneuerte Rocquelin die Warnung. "Wir haben wirklich ein ernsthaftes Getriebeproblem!" Vettel solle bitte alle Gänge schonen. "Wenn ich das tue", kam es zurück, "kriegt er mich."

Er, das war in diesem Fall Mark Webber, 35, der zweite Red-Bull-Fahrer. Bereitwillig, das war aus den wenigen Worten zu hören, würde Vettel den Teamkollegen nicht passieren lassen. Doch es half alles nichts. In Runde 29 war der Australier hinter dem Deutschen, dem nur noch ein Trost blieb: Er wollte der ganzen Welt zeigen, dass er die Führungsrolle bewusst abgab.

Am Ende der Start- und Zielgeraden ging Vettel vom Gas und ließ Webber passieren. In diesem Moment war der Sieger bestimmt. Den dunkelblauen Autos konnte auch in Brasilien kein anderes gefährlich werden.

Nach 1:32,17 Stunden fuhr Webber als Erster an der karierten Flagge vorbei, Vettel folgte kurz darauf vor Jenson Button (McLaren) und Fernando Alonso (Ferrari). Felipe Massa im zweiten Ferrari wurde bei seinem Heimrennen Fünfter vor Adrian Sutil, der im Force India vor Nico Rosberg im Mercedes ins Ziel kam. Michael Schumacher, der zweite Mercedes-Mann, wurde nach einer Kollision mit Renault-Fahrer Bruno Senna früh im Rennen lediglich Fünfzehnter.

Es wäre schön gewesen, wenn ich mit Sebastian noch etwas hätte kämpfen können", sagte Webber. Für ihn war es trotzdem ein versöhnlicher Saisonausklang. Während Vettel zu elf Triumphen geeilt war, war er bis zum letzten Auftritt sieglos geblieben. Der Abstaubererfolg im Finale ließ ihn in der Gesamtwertung einen Platz gutmachen. Gesamt-Zweiter hinter Sebastian Vettel (392 Punkte) ist Button (270 Punkte), gefolgt von Webber (258) und Alonso (257).

Vettels Antriebsschwäche als Webber-Turbo - schon während des Rennens befeuerte das Verschwörungstheorien: Spielte Red Bull unehrlich? Der Verdacht wurde auch durch gute Rundenzeiten genährt, die Vettel zwischenzeitlich immer wieder glückten.

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Red-Bull-Motorsport-Berater Helmut Marko wies dies allerdings nachdrücklich zurück: Bereits nach fünf Runden seien die Temperaturen in Vettels Getriebe "atemberaubend hoch" gewesen. Nach 15 Runden sei in dem System so gut wie kein Druck mehr vorhanden gewesen. "Da war es die Überlegung zu stoppen", so Marko, "toll, was Sebastian daraus dann noch gemacht hat."

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Der 24-Jährige nahm die meisten Kurven in einem höheren Gang als üblich, um das Getriebe zu schonen. In Umlauf 58 von 71 stöhnte Vettel dann am Funk: "Ich fühle mich wie Senna 1991!" Der Brasilianer hatte damals in Interlagos einen McLaren mit einem Getriebeschaden zum Sieg geschleppt. So gut endete es für Vettel nicht.

Seine Saisonbilanz liest sich dennoch beeindruckend. In 19 Rennen fiel er lediglich einmal aus, beim vorletzten Rennen in Abu Dhabi, wegen eines Reifenschadens. Wenn er ins Ziel kam, dann durfte er fast immer auch zur Siegerehrung - lediglich beim Rennen auf dem Nürburgring wurde er nur Vierter. Außerdem stellte er einen Rekord auf: 15 Mal eroberte er die Pole Position. Damit übertraf er die Marke von Nigel Mansell; der Briten war 1992 für Williams 14 Mal vom besten Startplatz aus ins Rennen gegangen.

Insgesamt hatten wir eine überragende Saison. Es wäre nicht angemessen, wenn ich mich ärgern würde", sagte Vettel denn auch zum Abschied aus São Paulo. Das technische Problem in dem Abschluss-Rennen bereitete weder ihm noch seinem Team ernsthafte Sorgen. Im Gegenteil: Die Webbers Überlegenheit deutete an, wie groß der Vorsprung ist, den die Titelträger mit in die kommende Saison nehmen. Die soll am 18. März 2012 in Melbourne beginnen. "Am Auto war heute schon Vieles, was für 2012 relevant ist", verriet Motorsport-Beauftragter Helmut Marko.

Bevor es ins nächste Jahr geht, stehen für Sebastian Vettel jetzt erst einmal ein paar Ehrenrunden an. Am kommenden Wochenende wird er mit Michael Schumacher beim Race of Champions in Düsseldorf antreten. Anfang Dezember folgt eine Demonstrationsfahrt vor der Formel-1-Fabrik von Red Bull in Milton Keynes in England.

© SZ vom 28.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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