Formel 1 in Mexiko:Hamilton bestellt Tequila, Alonso hat Lampenfieber

Formel 1 in Mexiko: Wünscht sich einheimische Spezialitäten in Mexiko: Weltmeister Lewis Hamilton

Wünscht sich einheimische Spezialitäten in Mexiko: Weltmeister Lewis Hamilton

(Foto: AFP)

Von Elmar Brümmer, Mexiko-Stadt

Der Wagen mit der Nummer 44 sticht auch auf der Avenida de los Insurgentes, einer der Hauptverkehrsadern in Mexiko-Stadt, hervor. Dort sind für einen Umzug große Skulpturen auf Rädern montiert, und das kunterbunte Fantasietier wirkt aggressiv. Das passt zur Formel 1, die an diesem Wochenende zum ersten Mal seit 23 Jahren wieder in Mexiko zu Gast ist.

Und dort ist die 44 nicht irgendeine Nummer - es ist jene Zahl, die sich Lewis Hamilton für seinen Silberpfeil ausgesucht hat. Noch beseelt von seiner vorzeitigen Titelverteidigung am vergangenen Sonntag in Austin, hat der Brite schon eine klare Vorstellung für den Sonntag: "Ich wünsche mir Champagner, Tequila und einen Sombrero auf dem Podium."

Das Autódromo Hermanos Rodriguez kennt Hamilton bisher nur von Simulatorfahrten, 1992 wurde in Mexikos Hauptstadt zuletzt ein Formel-1-Rennen ausgetragen - das gewann sein Landsmann Nigel Mansell. Mit dem traditionellen Kurs hat die Piste von heute jedoch nicht mehr viel zu tun. Ungebrochen ist in der Stadt die Begeisterung für den Motorsport. Bei anderen Expansions-Rennen (Türkei, Südkorea, Indien) war das nie zu spüren, und das sorgt zusammen mit der bereits entschiedenen WM dafür, dass auch der zerstrittene Formel-1-Haufen die Reise nach Mexiko recht lässig angeht.

Hamilton hat bereits bei einem Schaukampf mit dem mexikanischen Wrestling-Star Místico etwas von jener Leidenschaft gespürt, mit dem sich das dank wirtschaftlicher Erfolge selbstbewusster gewordene Land auch wieder im Motorsport etablieren will - eine Prestige-Angelegenheit.

Die alte, nicht ungefährliche Piste, wurde teilweise umgebaut, um fast 700 Meter auf 4,3 Kilometer verkürzt. Die Strecke ist flach und flüssig. Kurz vor der Ziellinie ragt eine Tribüne steil wie eine Baseball-Arena in den Himmel - es ist eine Einfahrt wie durch ein Marathontor in ein Olympiastadion. Schon am ersten Trainingstag war die Stimmung entsprechend. Sechs Kurven können von 28 000 Fans dort eingesehen werden, insgesamt 100 000 Tickets wurden zu Preisen zwischen 100 und über 1000 Dollar verkauft. Der Ansturm war so groß, das für 20 000 Menschen Zusatztribünen errichtet wurden.

Es wird in 2250 Meter Höhe gefahren

Das Aachener Architektenbüro von Hermann Tilke, das einen Großteil der Retorten-Rennstrecken in aller Welt gebaut hat, verband in Mexiko behutsam Tradition und Moderne - und versucht, neue Herausforderungen zu schaffen. So soll das Autódromo die zweitschnellste Piste der Formel 1 werden, mit Spitzengeschwindigkeiten bis 360 km/h. Etwa 360 Millionen Dollar wurden in den Umbau der nahe am Flughafen gelegenen Piste investiert, hauptsächlich von Staat und Stadt.

In den Sechzigern waren es die Rodriguez-Brüder, die es aus Mexiko in die Königsklasse schafften. Sie wurden nicht nur wegen ihres Ruhms, sondern auch wegen ihrer tragischen Rennfahrer-Schicksale zu Namenspaten der Piste erhoben. 1962, als die Formel 1 zu einem inoffiziellen Rennen im Autódromo gastierte, kam das Talent Ricardo beim Training um Leben, er wurde 20 Jahre alt. Ein Jahr später wurde der erste Große Preis von Mexiko ausgetragen. Sein Bruder Pedro gewann später sogar zwei WM-Läufe, er verbrannte im Alter von 31 Jahren bei einem Sportwagenrennen auf dem Norisring.

Sogar der frühere Weltmeister Fernando Alonso hat Lampenfieber

Das sportliche Erbe sollen der Force-India-Fahrer Sergio Perez und der künftige Haas-Pilot Esteban Gutierrez antreten. Beide werden vom Telekommunikations-Milliardär Carlos Slim gefördert, der vor Jahren eine eigene Scuderia zur Nachwuchsförderung ins Leben rief und bei Bernie Ecclestone um die Aufnahme in den WM-Kalender warb. "Ricardo und Pedro sind immer noch Legenden", weiß Perez, "es ist nur wenigen Piloten vergönnt, im eigenen Land zu fahren - ich hätte nie gedacht, dass ich das erleben darf."

Selbst ein Routinier wie Fernando Alonso (McLaren) verspürt Lampenfieber: "An eine Strecke zu kommen, auf der die jetzige Formel-1-Generation noch nicht gefahren ist, ist schon etwas Besonderes. Vor allem, weil sie immer noch einen großen Ruf genießt." Ein Kriterium ist die Höhenlage - 2250 Meter. Das ist fast dreimal so hoch wie die bislang am höchsten gelegene Grand-Prix-Rennstrecke von Interlagos, die Luft ist dünn. Wer hier die gewohnte Leistung haben will, muss die Technik ans Limit bringen.

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