Formel 1 in Deutschland:Angst um die grüne Hölle

Der Nürburgring ist ein Mythos. Sein Kollaps schürt deshalb Ängste, die über die Pleite jedes vergleichbaren mittelständischen Unternehmens weit hinausgehen. Was wird aus der Formel 1 hierzulande? Wird die Autofahrer-Nation abgehängt?

René Hofmann

Die Aufregung ist groß in der Motorsport-Szene. "Viel Wehmut und Angst" verspürt der einstige Rennfahrer Hans-Joachim Stuck, der inzwischen als Präsident dem Deutschen Motor Sport Bund vorsteht. Hans Werner Aufrecht, der Vorsitzende der Organisation, die sich seit Jahren müht, der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft zur Blüte zu verhelfen, spricht von einer "Ober-Katastrophe".

Seit Mittwoch steht fest: Der Nürburgring muss Insolvenz anmelden. Die berühmteste Rennstrecke des Landes pleite - und das ausgerechnet in der Woche, in der die Formel 1 nach Hockenheim kommt, in das Land, das so stolz darauf ist, das Automobil erfunden zu haben und zwei dominierende Figuren des Motorsports zu stellen: Michael Schumacher und Sebastian Vettel. Größer könnte die Fallhöhe kaum sein.

Der Nürburgring ist ein Mythos. Sein Kollaps schürt deshalb Ängste, die über die Pleite jedes vergleichbaren mittelständischen Unternehmens weit hinausgehen. Was wird aus der Formel 1 hierzulande? Wird die Autofahrer-Nation abgehängt? Ist Deutschland noch konkurrenzfähig im Vergleich zu Ländern wie China, Singapur, Indien - die sich die Formel 1 offenbar gut leisten können und das auch gerne tun?

Sport ist nie nur ein rein rationales Geschäft. Das macht seine Faszination aus, das begründet seine besondere Wirkung. Wenn Deutschland im Halbfinale der Fußball-EM Italien unterliegt, sehen darin viele mehr als ein schlichtes 1:2. Wenn Pyeongchang bei der Vergabe von Olympischen Spielen München aus dem Feld schlägt, schwingt mehr mit als bei anderen Städte-Vergleichen. Den gleichen sensiblen Nerv berührt die Nachricht vom Nürburgring: Die grüne Hölle - für immer geschlossen?

Diese Befürchtungen aber sind übertrieben. Denn so wird es nicht kommen. Die Rennstrecke ist schließlich so ziemlich das einzige, was am Nürburgring funktioniert. Dessen Problem ist nicht der Sportplatz, sondern der überdimensionierte Freizeitpark, der daneben entstand.

Rennen wird es in der Eifel mittelfristig weitere geben, vielleicht auch welche der Formel 1 - wenn die Konditionen stimmen. In Deutschland wird die Königsklasse auf jeden Fall weiter gastieren: auf dem Hockenheimring. Und als nationale Prestige-Objekte taugen Formel-1-Rennen anders als Fußball-Turniere oder Olympische Spiele ohnehin nicht: Dafür werden sie von Bernie Ecclestone viel zu sehr nach Gutdünken vergeben.

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