Verstappens Reaktion nach Kollision mit Vettel:"Es war natürlich meine Schuld"

F1 Grand Prix of China - Qualifying

Max Verstappen in China.

(Foto: Getty Images)
  • Daniel Ricciardo gewinnt das Formel-1-Rennen in Shanghai vor Valtteri Bottas.
  • Sebastian Vettel fällt nach einer Kollision mit Max Verstappen weit zurück. Der Niederländer entschuldigt sich.
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Von Philipp Schneider

Drei Männer haben das Podium in Shanghai erklommen. Daniel Ricciardo, Valtteri Bottas und Kimi Räikkönen. Drei Fahrer aus drei unterschiedlichen Teams, von Red Bull, Mercedes und Ferrari. Die drei Männer standen dort und feierten, aber so wirklich begreifen konnte vermutlich keiner von ihnen, wie genau sie es nach diesem irrwitzigen Rennen aufs Podium geschafft hatten. Keine Spur von Sebastian Vettel, keine von Lewis Hamilton.

Der Große Preis von China geriet zur Party für Daniel Ricciardo, diesen sympathischen Australier, der seinen sechsten Rennsieg feierte. Er geriet zur Genugtuung für den Rennstall Red Bull, der sein wahres Potential zum ersten Mal in dieser Saison zeigen konnte. Und er geriet zur Enttäuschung für Hamilton und Vettel. Besonders für Vettel, der die längste Zeit vor seinem WM-Rivalen Hamilton gelegen hatte. Bis ihn Max Verstappen gegen Ende dieser extrem unterhaltsamen Sause in Shanghai von der Strecke räumte, bei seinem wirklich hyperaktiven Vorhaben, sich am Ende der langen Geraden auf der Innenseite der Spitzkehre an Vettel vorbeizuschieben.

Sein Red Bull traf den Ferrari an der Seite, die Autos drehten sich. Beide Fahrer verloren Plätze, Vettels Rennwagen wurde beschädigt, er rutschte von Rang zwei auf sieben ab, wurde am Ende Achter. "Das hat unser beider Rennen zerstört", klagte Vettel, "ich hatte Glück, überhaupt noch weiter fahren zu können." Verstappen gestand: "Ich habe mit Seb schon gesprochen. Es war natürlich meine Schuld, ich hätte eine Runde länger warten können."

Tatsächlich zeichnet sich nun in dieser Saison ein Dreikampf ab zwischen Ferrari, Mercedes und Red Bull. Für die Formel 1 ist das nicht schlechteste Nachricht.

Nach der Qualifikation war die Welt der Formel 1 noch hübsch geordnet

Mercedes hatte bislang zu keiner Zeit der Saison den Eindruck hinterlassen, sie hätten nicht auch in diesem Jahr schon wieder das schnellste Auto im Feld erdacht und produziert. Dieser Eindruck galt in Melbourne, er galt in Bahrain, er galt, obwohl Sebastian Vettel beide Rennen im Ferrari gewann. Doch Hamilton wurde in all der Zeit nicht müde, immer wieder zu betonen, der technische Vorsprung auf die Scuderia zu Saisonbeginn sei weitaus geringer als man meinen könne. Dann kam der Samstag in Shanghai. Und von da an war alles anders.

Im Qualifying war Vettel um 0,53 Sekunden schneller als Valtteri Bottas, der rasantere der beiden Mercedes-Piloten. Der Titelverteidiger und fünfmalige China-Sieger Lewis Hamilton musste sich bei Temperaturen von nur zwölf Grad im zweiten Silberpfeil mit dem vierten Platz begnügen. Woher dieser immense Vorsprung plötzlich kam, weswegen Hamilton seine Reifen anders als Vettel nicht auf Betriebstemperatur hatte bringen können, das war das große Rätsel. Der Verdacht kam auf, Ferrari habe sein Auto speziell auf die im Vergleich zum Sonntag wesentlich kühleren Temperaturen abgestimmt, um auf Kosten des Renntempos in der Qualifikation zu glänzen. "Ich habe noch nie gehört, dass man ein Auto für die Qualifikation abstimmt", sagte Räikkönen nur.

In der ersten Reihe parkten die Ferraris, in der zweiten die Mercedes, in der dritten die Red Bulls. Nach der Qualifikation war die Welt der Formel 1 noch hübsch geordnet.

Die erste Kurve in China eignet sich vortrefflich zum Überholen. Räikkönen kam schneller weg als Vettel, was dem Deutschen in die unangenehme Situation brachte, seine Position gegen den Teamkollegen zu verteidigen. Der Finne wurde dabei so gebremst, dass er seinen Landsmann Bottas im Mercedes vorbeiziehen lassen musste. Und der von Position fünf gestartete Max Verstappen nutzte die Konfusion nach dem Start, um erst Hamilton und dann auch noch Räikkönen hinter sich zu lassen. Vettel fuhr also weiter an der Spitze, aber er hatte sich mit seinem Manöver selbst seines Helfers entledigt, der in Runde zwei nur noch auf Platz vier lag. Und so wurde aus Räikkönen, dem eigentlichen Gewinner des Starts, der große Verlierer des Auftakts in Shanghai.

Neben Lewis Hamilton selbstredend, der ja nun sogar noch hinter Räikkönen kreiste. "Sorry, dass ich einen Platz verloren habe. Aber Kimi war ziemlich aggressiv", funkte Hamilton. Da lag der Weltmeister schon zehn Sekunden hinter Vettel.

Niemand kann Ricciardos Tempo mitgehen

Verstappen, der sich im vergangenen Rennen noch nach einem Crash mit Hamilton um die Punkte gebracht hatte, hatte genau wie Ricciardo - und anders als alle anderen Fahrer an der Spitze - die weicheren und schnelleren Ultrasoft-Reifen aufgezogen. Aber er konnte die Geschwindigkeit von Vettel und Bottas nicht halten, musste abreißen lassen zu den Führenden. Nach zwölf Runden lag er schon mehr als fünf Sekunden hinter Vettel. Und mit seinen Reifen, die schneller abbauten, war klar, dass er nicht nur mit einem Stopp auskommen würde. Nach 18 Runden fuhren die zwei Red-Bull-Fahrer zeitgleich an ihre Versorgungsstationen. Nun führte weiter Vettel vor Bottas, dahinter folgten ihre Teamkollegen Räikkönen und Hamilton.

Hamilton rollte in die Box in Runde 19 und holte sich einen Satz Medium-Reifen, wechselte also auf die härtest mögliche Mischung, um das Rennen anschließend garantiert durchzufahren. Eine Runde später kam Bottas, setzte Vettel damit unter Druck, der sich wiederum eine Runde später neue Gummis aufziehen ließ. Aber diese eine Umdrehung auf frischeren Reifen genügte Bottas, um sich an Vettel vorbei zu schieben. Als der mit seinem Ferrari zurück auf die Strecke fuhr, sah er Bottas bereits vor sich um die Kurve biegen. Nach den strategischen Fehlentscheidungen von Mercedes in Melbourne und Bahrain gab es endlich mal wieder eine strategische Entscheidung von Mercedes, die funktionierte. Vor den Stopps, vor Bottas' Undercut über eine Runde, hatte er drei Sekunden hinter Vettel gelegen.

Zehn-Sekunden-Strafe für Verstappen

An der Spitze fuhr nun Räikkönen, der arme Räikkönen. So dachte man zumindest zu diesem Zeitpunkt. Er fuhr ja nur deshalb vorne, weil er als einziger Fahrer an der Spitze noch immer auf den Gummis vom Start rollte. Und dort rollte er nun mal wieder in offensichtlicher Mission: als Bremsklotz für seinen Teamkollegen. Räikkönen wehrte sich eine Weile gegen die Attacken von Bottas. Diese Weile war nach 27 Runden vorbei, der Ferrari-Helfer ließ den Mercedes-Helfer passieren. Und dann selbstredend auch sofort Vettel. Räikkönens Mission war erfüllt - und endlich zogen die Mechaniker auch ihm frische Reifen auf. So viel Selbstlosigkeit wird in der Formel 1 bestraft. Die vielen Runden auf den alten Reifen ließen Räikkönen zurückfallen auf Platz sechs. Diese Strategie hatte er sich nicht selber ausgedacht.

Vettel machte nun Jagd auf Bottas, die Hälfte des Rennens blieb ihm noch Zeit. Und Hamilton brauchte ein Wunder. Oder zumindest ein Safety Car.

Dieses bestellte Pierre Gasly, der seinem Teamkollegen Brendon Hartley in den Toro Rosso fuhr. Auf der Strecke lagen Teile, das Feld rückte hinter dem Dienstwagen von Bernd Mayländer zusammen. Als wieder beschleunigt werden durfte, lag Hamilton auf Rang drei hinter Bottas, weil sich Verstappen, genau wie sein Teamkollege Ricciardo, geistesgegenwärtig einen neuen Satz Reifen hatte anschrauben lassen. Das Tempo, das sie damit fahren konnten, konnte niemand mitgehen. Erst überholte Ricciardo Hamilton, dann rollte auch noch Verstappen am Weltmeister vorbei. Kurz darauf räumte Verstappen Vettel ab. Für das Manöver erhielt er eine Zehn-Sekunden-Strafe. Und niemand konnte Daniel Ricciardo noch aufhalten.

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