Formel 1 in Barcelona:Hamilton kommt Vettel ganz nah

In den letzten Runden des Barcelona-Grand-Prix liefern sich die beiden Weltmeister ein packendes Duell. Obwohl sein Red-Bull-Auto erneut nicht problemlos funktioniert, ist Vettel wieder der Schnellste.

René Hofmann

Das Muster ist durchbrochen. In den vergangenen zehn Jahren gewann das Formel-1-Rennen auf dem Circuit de Catalunya bei Barcelona stets derjenige, der von der Pole Position aus gestartet war. Bei diesem Großen Preis von Spanien war das anders.

Hamilton congratulates Vettel after the Spanish F1 Grand Prix at the Circuit de Catalunya

Gratulierten sich gegenseitig zum tollen Rennen: Lewis Hamilton (links) und Sebastian Vettel.

(Foto: REUTERS)

Es war keine langweilige Prozession, die in der ersten Kurve entschieden wurde. Es war ein packendes Spektakel von der ersten Kurve an, das sich auf einen mitreißenden Zweikampf zuspitzte, der erst in der letzten Kurve entschieden wurde. Und der damit endete, dass Sebastian Vettel in seinen Funk schrie: "Yapadapadu. Ringdingdingding!"

Dem 23 Jahre alten Red-Bull-Fahrer glückte im fünften Rennen der Saison der vierte Sieg. Mit Vettel geehrt wurden die beiden McLaren-Repräsentanten Lewis Hamilton und Jenson Button. Hamilton hatte Vettel auf den letzten der 66 Runden das Leben mehr als schwer gemacht. Er hatte ihn ans Limit getrieben, weil er selbst ans Limit gegangen war.

Das Gegeneinander des Weltmeisters des Jahres 2008 und des Weltmeisters des Jahres 2010 bot beachtliche Unterhaltung, nicht nur für die Zuschauer. Bevor sie zum Champagner-Spiel vor das Publikum gebeten wurden, unterhielten sich die Protagonisten selbst staunend über das, was sie geboten hatten. "30 Runden haben wir gegeneinander gekämpft, und auf den letzten 15 bist du mir wirklich nah gekommen", ließ Vettel Hamilton begeistert wissen.

Nicht mitreden konnte in dem Moment sein Teamkollege Mark Webber, der eigentlich als Favorit in das Rennen gestartet war. Aber der 34 Jahre alte Australier vergab die große Chance, die sich ihm bot, schon auf den ersten Metern. Nach einem schlechten Start wurde er am Ende Vierter. Vettel, der die WM-Wertung vor dem Großen Preis von Monaco am kommenden Sonntag nun mit 118 zu 77 Punkten vor Hamilton anführt, nahm den kantigen Silberpokal, den es für den Sieg in Barcelona gibt, sichtlich bewegt entgegen: "Das war offensichtlich ziemlich hart", sagte er.

Das Duell mit Hamilton hatte sich am Ende derart zugespitzt, weil Vettels Auto erneut nicht problemlos funktionierte. Wie schon häufiger in diesem Jahr blieb ihm gelegentlich die Zusatzkraft versagt, die das Bremsenergie-Rückgewinnungs-System Kers bereitstellen soll.

Die 80 PS, die pro Runde ein paar Sekunden lange per Knopfdruck abgerufen werden dürfen, bringen auf dem Circuit de Catalunya pro Umlauf fast vier Zehntelsekunden. 20 Runden vor dem Ziel wurde Vettel vom Kommandostand aus angewiesen, das System um zwei Klicks zurückzudrehen. Verschlüsselt hieß das: Schalt's aus!

"Wieder zwei Klicks vor!"

Kurz darauf hieß es dann: Wieder zwei Klicks vor! Also: an. Die Abschlussrunden musste Vettel dann wieder ohne die Zusatzkraft absolvieren. "Ich habe einfach nur an den Knöpfen herumgespielt", berichtete Vettel im Ziel, "das Rennen heute hat gezeigt, wie stark wir sind. Aber auch, dass es eben nicht leicht ist." Unmissverständlich formulierte er einen Auftrag an sein Team: "Künftig muss Kers funktionieren. Hier hat man gesehen, wie wichtig das ist."

Der Große Preis von Spanien ist stets ein besonderes Rennen. Die Fabriken, in denen die Rennwagen gebaut werden, stehen in Europa. Nach Stationen in Australien, Malaysia, China und der Türkei gastiert die Rennserie zum ersten Mal so nah, dass über Nacht noch leicht neue Teile eingeflogen werden können.

Zu dem Anlass haben sich die meisten Rennställe deshalb besonders viel vorgenommen: Was auch immer an den Autos bei den ersten Auftritten nicht funktionierte - auf der Strecke in Barcelona, auf der im Winter auch gerne getestet wird, soll es nachgebessert werden. Bei dem Rennen ging es deshalb nicht nur um WM-Punkte. Es ging auch darum, ob sich die Kraftverhältnisse vielleicht verschieben. Die eindeutige Antwort lautet: zumindest nicht auf den wirklich wichtigen Plätzen. Red Bull fährt weiter voraus.

In jedem Training führte einer der blauen Wagen die Zeitenliste an. In der Qualifikation wurde der Dritte, Lewis Hamilton, um fast eine Sekunde distanziert. Wie schon in der Türkei verzichteten Webber und Vettel auf die Möglichkeit, in den letzten Minuten, wenn die Piste am schnellsten ist, noch eine gute Zeit nachschießen zu können. In dem Moment sah es so aus, als ob das Rennen, für das 24 Fahrer gemeldet waren, bloß ein Duell wäre: Webber gegen Vettel.

Bei den ersten vier Auftritten in diesem Jahr hatte der Deutsche den Zweikampf eindeutig für sich entschieden. Viermal hatte er den besten Startplatz erobert, viermal war er vor Webber im Ziel angekommen, dreimal als Sieger. Auch in Barcelona zeigte er sich in bestechender Form, beispielsweise am Samstagvormittag, als es ein Problem mit seinem Renault-Motor gab.

Während die anderen ihre Kreise auf dem Asphaltband zogen, musste Vettel zusehen. Runde um Runde trieb sein Teamkollege Webber die Bestzeit zu immer beeindruckenderen Ziffernfolgen. Als er kurz vor Schluss 17 Runden gedreht hatte, wurde er auf dem Zeitenmonitor mit einer 1,21.791 Minuten an der Spitze geführt. Aber nicht lange. Eine einzige Runde reichte Vettel, um Webber von dem Platz zu verscheuchen. Mit derlei Spielchen werden in dem Sport die Reviere markiert.

In der Qualifikation drehte Webber den Spieß um. Zum ersten Mal seit dem Großen Preis von Italien im September 2010 blieb er wieder einmal vor Vettel, allerdings nicht nur aus eigener Kraft. In der zweiten und dritten Runde des Ausscheidungsfahrens musste Vettel auf die Kers-PS verzichten.Webber blieb deshalb knapp vorne.

Zum Start des Rennens am nächsten Tag war Vettels Kers wieder repariert. "Wir haben die Batterien gewechselt und sie geladen. Es sollte alles gut sein. Aber Garantien gibt es natürlich nicht", meinte er in der Startaufstellung. Da ahnte er noch nicht, wie sehr ihn die Technik ins Schwitzen bringen würde.

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