Formel 1:Hamilton will Boxer Ali kopieren

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"Ich fühle mich königlich": Vor dem Start in Bahrain präsentierte Lewis Hamilton sich selbstbewusst in einem landestypischen Gewand. (Foto: Getty Images)

Der extrovertierte Brite legt in Bahrain einen umstrittenen Auftritt hin, auch sportlich läuft es nicht rund. Mithilfe einer Legende plant er den Angriff auf Nico Rosberg.

Von René Hofmann, Sakhir/München

Natürlich dauerte es nicht lange, bis der Protest anhob. Als Lewis Hamilton am Sonntag in Sakhir das Fahrerlager betrat, trug er einen ungewöhnlichen Aufzug. Der Brite schritt in einer Dischdascha durch die Drehkreuze, in dem weißen Gewand, das am Persischen Golf gerne von den Herrschenden getragen wird. Selbstverliebt ließ der 31-Jährige gleich selbst ein Foto von der Szene in den sozialen Netzwerken zirkulieren - zusammen mit der Botschaft, er empfinde "nichts als Liebe und Respekt für diese Kultur"; er fühle sich "königlich".

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Nun begibt es sich allerdings, dass nicht wenige das ein wenig anders sehen. Der sunnitische Clan, der Bahrain beherrscht und dem das Formel-1-Rennen als Prestigeobjekt dient, ist im Umgang mit der schiitischen Bevölkerungsmehrheit alles andere als zimperlich. In den Kanälen, die er selbst so gerne bespielt, musste sich Hamilton deshalb einige Nachhilfe in Sachen Demokratieverständnis gefallen lassen.

"Das ist eine Diktatur, Lewis. Dort werden Ärzte verurteilt, die Demonstranten behandelt haben, die von der Polizei geschlagen wurden", übermittelte ein Twitter-Nutzer sein Unverständnis über die Aktion - und das war noch, bevor Mercedes-Oberaufseher Niki Lauda verriet, Hamilton habe die Nacht vor dem Rennen nicht im Hotel verbracht, sondern als Gast in einem Anwesen des Kronprinzen.

Hamilton empfindet dritten Platz als "schmerzhaft"

Vermutlich wäre all das schnell überlagert worden, wenn das Wüstenrennen anschließend so verlaufen wäre wie in den vergangenen zwei Jahren. Damals hatte jeweils Hamilton triumphiert - und von den Siegfahrten in Sakhir war er anschließend in seinem Formel-1-Mercedes weitergeeilt zu den WM-Titeln 2014 und 2015. Dieses Mal kam es anders. Dieses Mal musste sich Hamilton mit der niedrigsten Stufe des Siegertreppchens begnügen, was er als "schmerzhaft" empfand. Über ihn erhob sich als Zweiter der Ferrari-Fahrer Kimi Räikkönen. Und ganz oben thronte Hamiltons Teamkollege Nico Rosberg, der die Aussicht "genial" fand.

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Zwei Rennen, zwei Siege: Rosberg ist ein Traumstart in die Saison geglückt. In Bahrain blieb er ebenso fehlerlos, wie er es zwei Wochen zuvor in Australien geblieben war. Zum Abschluss der vergangenen Saison hatte er bereits in Mexico, in Brasilien und in Abu Dhabi gewonnen. In anderen Worten: Seit Hamilton sich Ende Oktober seinen dritten WM-Titel sicherte, hat er ausschließlich Niederlagen eingefahren.

Der einstige Seriensieger gab sich in Sakhir alle Mühe, die Bedeutung dieser Statistik kleinzureden. So viel Mühe, dass es schon wieder auffiel. Es sei ihm völlig egal, wie oft Rosberg nun nacheinander gewonnen habe, ließ Hamilton wissen. Überhaupt sei es lächerlich, in der Wertung bis fünf zu zählen.

"Die Siege, die einem in einem Jahr nacheinander glücken, zählen", findet Hamilton. Dem artigen "Glückwunsch" an Rosberg schob er schnell eine Kampfansage hinterher: "Erinnern Sie sich an Muhammad Alis Kampf ,Rumble in the Jungle'", fragte er: Ali habe George Foreman auch glauben lassen, dass er gewinne. "Aber dann hat er das doch nicht getan", so Hamilton. Sein Fazit: "Noch kann alles passieren."

Natürlich stimmt das. Die Saison ist lang. Geplant ist die längste, die die Formel 1 je erlebt hat: 21 Rennen bis Ende November. Eines aber muss Hamilton doch zu denken geben. Und an diesem Punkt vermischen sich Sport und Politik.

Zweifler haben mehr zu melden

Ein Selfie beim Harley-Fahren in Neuseeland, eine provozierende Helm-Lackierung, Protzereien, wie viel Alkohol er doch vertrage: Die Dischdascha-Nummer in Bahrain war keineswegs die erste extrovertierte Aktion, mit der Hamilton Aufsehen erregte. Nicht alle im Team haben das alles immer gerne gesehen. Weil Hamilton, der in Hertfordshire einst in einfachen Verhältnissen aufwuchs, aber immer das Gaspedal traf, wenn ihm am Funk "Hammertime" befohlen wurde, hatten die Zweifler wenig zu melden. Das ist nun anders.

Die Niederlage in Bahrain hat sich Hamilton wie schon die in Australien selbst zuzuschreiben. Zum zweiten Mal wurde er am Start abgehängt. Das führte dazu, dass es in der ersten Kurve zu einer Kollision mit dem Williams des Finnen Valtteri Bottas kam, die Hamilton bis auf Rang sieben zurückwarf. Trotz einer entschlossenen Aufholjagd war mit dem waidwunden Wagen daraufhin nicht mehr möglich als der dritte Platz.

"Es hätte eine Million Mal schlimmer kommen können", versuchte Hamilton zu relativieren. Auch das stimmt natürlich. So langsam aber bekommt er ein Problem: Sein Auftritt und sein Antritt fallen allmählich bedenklich weit auseinander.

© SZ vom 05.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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