Formel 1: Großer Preis von Ungarn:Lotterie mit Trostpreis für Sebastian Vettel

Die Dominanz ist weg: Beim Schlingerrennen in Budapest erreicht Sebastian Vettel Platz zwei hinter Jenson Button - und baut seinen Vorsprung in der WM-Gesamtwertung trotzdem aus. Lewis Hamilton hingegen verschenkt den Sieg. Viel Glück hat Nick Heidfeld, dessen Auto in Flammen aufgeht.

René Hofmann

Die Ansage über Funk war fast frech. "Hej, Jungs, das ist das perfekte Resultat vor der Sommerpause. Wenn wir zurückkommen, gewinnen wir alle Rennen!"

Formula One Grand Prix of Hungary

Hartes Rennen, nur Platz zwei: Sebastian Vettel in Budapest.

(Foto: dpa)

Zum zweiten Mal in dieser Saison lag der Brite Jenson Button im Ziel eines Formel-1-Rennens vorne. Nach dem verregneten Großen Preis von Kanada war der McLaren-Fahrer auch beim verregneten Großen Preis von Ungarn der Schnellste, worauf einer seiner Gegner, der Red-Bull-Teamchef Christian Horner, sagte: "Solche Rennen gewinnt immer Jenson Button."

Unzufrieden war der Chef von Sebastian Vettel trotzdem nicht. Sein Angestellter hatte vor Ferrari-Fahrer Fernando Alonso den zweiten Platz belegt, was seinen Vorsprung in der Fahrerwertung von 77 auf 85 Punkte wachsen ließ. "Heute war es wirklich eine Lotterie, der zweite Platz ist unter solchen Bedingungen immer noch sehr gut", sagte Horner, der sich mühte, der zweiten Niederlage in Serie nicht allzu viel Bedeutung zukommen zu lassen. "Teilweise waren sie schneller, teilweise wir", meinte er mit Blick auf die Rivalen von McLaren, die schon sieben Tage zuvor am Nürburgring den Sieger gestellt hatten: Lewis Hamilton.

Sebastian Vettel klang jedoch weit weniger gelassen. "Ich bin nicht ganz glücklich", gab er zu und sprach mahnende Worte: "Die McLaren-Fahrer sind wirklich sehr stark, unter allen Bedingungen. Wir müssen hart arbeiten und zurückkommen. Unser Ziel muss es sein, wieder Rennen zu gewinnen."

Am Samstag hatte es noch so ausgesehen, als habe der Titelverteidiger in die maximale Erfolgsspur zurückgefunden. In Silverstone und auf dem Nürburgring hatte er nicht gewonnen - auch, weil er seinem Rennwagen nicht mehr zu hundert Prozent vertraut hatte. In Budapest tat Vettel viel, um das Vertrauen wiederherzustellen. Von Freitag auf Samstag ließ er die Mechaniker viele Teile tauschen. Erst als der Samstagmorgen fast schon graute, waren die Umbauarbeiten beendet.

Mit dem vor allem an den Bremsen umgerüsteten Auto eroberte Vettel den besten Startplatz vor Hamilton, womit Red Bull seinen Qualifikations-Lauf fortsetzte: In jedem der elf Rennen in diesem Jahr parkte einer der blauen Wagen am nächsten zur Startampel. Der Vorteil, den das bringen kann, war dieses Mal allerdings nicht so groß - und das lag am Wetter: Der Himmel über dem Hungaroring trug am Sonntag überraschend Grau.

Seit 1986 gibt es den Ungarn-Grand-Prix; eine feuchte Piste gab es zuvor nur einmal: Vor fünf Jahren, als Jenson Button zu seinem ersten Sieg geeilt war. An diesem Sonntag war es wieder einmal so weit: Am Morgen prasselte es, beim Start tröpfelte es, wenig später trocknete es allmählich ab. Alle Top-Piloten starteten auf den Reifen, die bei leichtem Regen die beste Haftung bieten.

Sebastian Vettel kam gut weg. In der ersten Kurve konnte er das heranstürmende McLaren-Duo Hamilton/Button noch auf Distanz halten. Vor allem Hamilton aber wollte sich mit der Hack- ordnung nicht abfinden. Mehrmals attackierte er Vettel. In Runde fünf war es so weit: Der Weltmeister des Jahres 2008 trieb den Weltmeister des Jahres 2010 in einen Fehler - Vettel kam kurz von der Ideallinie ab, Hamilton zog vorbei.

Flammen bei Heidfeld

Auf dem rutschigen Untergrund war das eine Meisterleistung im Millimeterbereich. Doch Hamilton konnte das Niveau nicht halten. Im letzten Drittel des Rennens rutschte er selbst aus. 47 der 70 Runden hatte er absolviert, er führte, als wieder Regentropfen fielen; Hamilton drehte sich, Teamkollege Button zog vorbei.

Um wieder ins Rennen zu finden, wendete Hamilton seinen Silberpfeil auf der Ideallinie. Ein gefährliches Manöver, für das er mit einer Durchfahrtsstrafe bedacht wurde. Dass er zudem einen unnötigen Wechsel auf Regenreifen einlegte, warf ihn weiter zurück. Das Rennen, das er hätte gewinnen können, beendet er mit mehr als 48 Sekunden Rückstand als Vierter, womit er das beste Beispiel war, was in einem Grand Prix passieren kann, der 88 Boxenstopps erlebt. Ein zweites Beispiel war Nick Heidfeld.

Für ihn endete der Nachmittag mit einer spektakulären Enttäuschung: In der 25. Runde explodierte sein Renault nach einem misslungenen Stopp kurz hinter der Boxenausfahrt. "Das habe ich bei einem Formel-1-Auto noch nie gesehen", sagte Heidfeld, der seit elf Jahren in der Rennserie antritt. Weil beim Reifenwechsel etwas geklemmt hatte, war das Auto wohl zu heiß geworden.

Als Heidfeld Fahrt aufnahm, schlugen die Flammen hoch. Beim Spanien-Grand-Prix im Mai in Barcelona hatte der 34-Jährige schon Ähnliches erlebt. "Aber hier kamen die Flammen noch ein bisschen näher", sagte Heidfeld, der unverletzt blieb und sogar scherzte: "Schwarz war mein Rennanzug vorher auch schon."

Michael Schumacher schied ebenfalls aus, sein Mercedes kam nur 27 Runden weit. Was dann geschah? "Ein Getriebefehler", berichtete Schumacher, "der fünfte oder der sechste Gang ist ausgefallen." Mehr als Platz sechs oder sieben, ahnte er, wäre für ihn aber auch dieses Mal nicht drin gewesen. Der Poker, wegen der nassen Fahrbahn mit einem extrem niedrigen Reifendruck loszufahren, hatte sich nicht ausgezahlt. "Ich bin sehr stark gerutscht", meinte Schumacher, der sich trotzdem gefasst in den drei- wöchigen Urlaub verabschiedete.

Bis zum 28. August legt die Formel 1 eine Pause ein. Das Rennen, das dann in Belgien ansteht, ist für Schumacher ein ganz besonderes: In Spa-Francorchamps erlebte er seine Formel-1-Premiere - vor genau 20 Jahren.

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