Formel 1:"Grand Prix der Erinnerungen"

Acht Ferraris werden ausgestellt, und Sohn Mick dreht eine Ehrenrunde: In Köln eröffnet bald eine Michael-Schumacher-Ausstellung.

Von Philipp Schneider, Köln

Wer es vermag, den Baustellenlärm zu ignorieren, der derzeit noch vom alten Hangar rüber an die Ohren weht, dem kann es passieren, dass er sich im Gewerbegebiet Köln Ossendorf inmitten der Kulissen eines Kostümfilms wähnt. Irgendwo und irgendwann in den goldenen Zwanzigerjahren und den in ihrer zweiten Hälfte sehr düsteren Dreißigerjahren des vorigen Jahrhunderts. Der denkmalgeschützte Flughafen Köln-Butzweilerhof scheint in seiner damaligen Gestalt eingefroren zu sein. Innen, in der alten Empfangshalle des ehemaligen "Luftkreuz des Westens", an dem die Lufthansa 1926 den Linienbetrieb auf der Strecke Berlin-Köln-Paris eröffnete, hängen Lampen im Bauhaus-Stil und alte Schilder über erstaunlich kleinen Schaltern: "Handgepäck", "Gepäckabgabe", "Flugscheinverkauf", ist zu lesen.

Am Donnerstagvormittag sitzt Sabine Kehm in diesem Freilichtmuseum der Luftfahrtgeschichte und spricht darüber, auf welche Weise sich der Butzweilerhof ab dem Frühjahr nächsten Jahres wandeln wird. Dann nämlich werde er, sagt die Sprecherin der Familie von Michael Schumacher, auch noch "eine der bedeutendsten Dauerausstellungen der Welt auf diesem Gebiet" beherbergen. Jenes Gebiet werden die Jahre des erfolgreichsten Formel-1-Piloten der Geschichte im Motorsport sein. "Ein Grand Prix der Erinnerungen" soll die Dauerstellung "Michael Schumacher Private Collection" werden - kein Museum. Auf die Frage eines Journalisten, inwiefern sich Michael Schumacher an der Auswahl der Exponate beteiligt habe, sagte Kehm: "Sie wissen, dass der gegenwärtige Gesundheitszustand von Michael Schumacher auf Wunsch seiner Familie privat bleiben soll." Die ganze Familie sei aber involviert in das Projekt, sie begrüße es sehr.

Dreieinhalb Jahre ist der folgenschwere Skiunfall des siebenmaligen Weltmeisters nun her, bei dem er sich ein schweres Schädel-Hirn-Trauma zuzog und sich seither in seinem Haus in Gland in Rehabilitation befindet. Die zahlreichen Fans, die so gerne einen weiteren Auftritt ihres Idols erleben würden, haben nun bald eine gut sortierte Ausstellung, die sich mit Schumachers großem Werk befassen wird. "Der Familie ist es wichtig, dass dieser Ort ein Dank an die Fans ist, die Michael stets so viel Unterstützung entgegenbrachten und bringen", sagte Kehm. Entsprechend wird der Eintritt kostenlos sein.

Vor dem Rennen in Spa wird Sohn Mick zu Ehren von Schumacher eine Runde drehen

"Michael hat über all die Jahre, in denen er aktiv war, die meisten seiner Autos sowie viele Overalls und Helme aufbewahrt. Wir hatten immer im Hinterkopf, diese irgendwann der Öffentlichkeit zugänglich zu machen." Es wird Fahrzeuge aus Schumachers Kartzeit zu sehen geben, aus Formel Ford und Formel 3. Dazu kommen "Michaels erstes Formel-1-Auto, der Jordan von 1991, drei Benettons, acht Ferraris und ein Mercedes", sagte Kehm. Allein acht Ferraris dürften ab April eine Reise wert sein in den alten Flugzeughangar, in dem am Donnerstag noch eine haustiefe Baugrube klaffte, die Arbeiter mit Beton füllten.

Einer der Benettons allerdings parkte bereits vor der Empfangshalle. Der Ford B 194-5 von 1994. Der Wagen, mit dem Schumacher seinen ersten WM-Titel gewann. Am Sonntag wird vor dem Start des Rennens in Spa Schumachers Sohn Mick in jenem Benetton von 1994 eine Ehrenrunde drehen, um an den ersten Grand-Prix-Sieg seines Vaters vor 25 Jahren am 30. August 1992 zu erinnern - den er eben auf der anspruchsvollen Strecke in Belgien herausfuhr. "Spa ist praktisch mein Heim-Grand-Prix, den ich durch meine eigene Leistung und nicht durch die Ausfälle anderer gewonnen habe", sagte Schumacher, der rund 100 Kilometer entfernt in Kerpen aufgewachsen war, damals. Seither ist die Strecke in Belgien seine Lieblingspiste.

1995 fuhr Schumacher im Regen von Spa auf dem Weg zu seinem zweiten Titel von Startplatz 16 zum Sieg. 2001 verdrängte Schumacher hier mit seinem 52. Formel-1-Erfolg Alain Prost von der Spitze der ewigen Siegerliste. 2004 sicherte sich Schumacher in Belgien mit Rang zwei seinen siebten Titel - und 2012 hat er in Spa seinen 300. Grand Prix gefeiert.

Auch wenn Lewis Hamilton an diesem Wochenende Schumachers Pole-Rekordmarke von 68 egalisieren könnte, so dürfte für den Briten eine andere Bestmarke von Schumacher so schwer anzutasten sein wie die Mona Lisa im Louvre: Sechs Mal gewann Schumacher in Spa, vier mal häufiger als Hamilton.

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