Formel 1:Ferrari greift an - wie einst mit Schumacher

  • Ferrari stellt seinen neuen Rennwagen vor - und will damit die Formel 1 gewinnen.
  • Dabei wurde am Auto selbst kaum etwas verändert. Auch, weil es nur geringe Regelveränderungen gab.
  • Trotzdem lässt sich feststellen: In den vergangenen Jahren hat sich das Auto sehr verändert.

Von René Hofmann

Die Parallelen sind offensichtlich. "Wir müssen vom ersten Rennen an siegfähig sein", fordert Ferrari-Chef Sergio Marchionne. Vor zwanzig Jahren hat Gianni Agnelli, damals der mächtige Mann bei Ferraris Mutterkonzern Fiat gesagt: "Wenn Ferrari mit Schumacher nicht gewinnt, ist es allein unsere Schuld."

1996 wie 2016: Beim traditionsreichsten Formel-1-Team knüpfen sich alle Hoffnungen an einen Deutschen. In der vergangenen Saison, seiner ersten in Rot, glückte Sebastian Vettel ein bemerkenswertes Debüt. Er feierte drei Siege, womit es ihm als einzigem gelang, die Mercedes-Phalanx von Lewis Hamilton und Nico Rosberg gelegentlich zu sprengen. Was er sich für dieses Rennjahr vorgenommen hat, das am 20. März in Melbourne startet? "Der Titel muss unser Anspruch sein", sagt Vettel.

Vettel ist das alles ein bisschen zu viel Technik

An diesem Freitag wurde das Auto präsentiert, mit dem er die Jagd aufnimmt. Der SF 16-H wirkt schmaler und stromlinienförmiger als das Vorjahresmodell. Auf den ersten Blick fallen die Änderungen aber nur Fachleuten auf. Es gab kaum Regeländerungen. In solchen Zeiten setzen die Teams eher auf Evolution denn auf Revolution.

Wie viel sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten aber verändert hat - das fällt im Gegenschnitt von Vettels zweitem Formel-1-Ferrari zu Schumachers zweitem Formel-1-Ferrari auf: dem F310B. Der trug noch einen brachial röhrenden Zehnzylinder unter der roten Karbon-Haut und reckte seine spitze Nase keck in den Fahrtwind. Derlei Zacken sind inzwischen aus Sicherheitsgründen verboten.

Um die Fahrer besser zu schützen, wurden auch die Cockpit-Wände wesentlich höher gezogen. Die aktuellen Sechszylinder-Turbo-Motoren röhren nicht mehr, entfalten dank Hybrid-Technik aber immer noch eine brachiale Beschleunigung. Vettel ist das alles ein bisschen zu viel Technik, der 28-Jährige ist ein Kind der Schumacher-Ära, er findet die Regularien "zu kompliziert".

Ferrari spielt auf Angriff, so wie damals mit Schumacher

Was den SF 16-H und den F310B verbindet: Mit beiden spielt Ferrari auf Angriff. 1996, in seinem ersten Ferrari-Jahr, waren Schumacher ebenfalls drei Siege geglückt und wie Vettel hatte er WM-Platz drei belegt. Mehr hatte die Unzuverlässigkeit verhindert. "Die rote Gurke" - so nannte die Bild-Zeitung den F310. Mit der B-Version sollte 1997 alles besser werden. Doch dazu hatte das Modell zunächst zu viele Schwächen: Der Wagen war zu schwer, der Tank zu klein, der Luftwiderstand zu groß. Erst ab Mitte der Saison ging es voran, als die Arbeit von Technikchef Ross Brawn Früchte trug, den Schumacher von Benetton zu Ferrari nachgeholt hatte.

Ferrari hatte seit 1979 keinen Fahrer-Titel mehr gewonnen. Wie groß das Interesse - gerade in Deutschland - an dem Projekt war, belegen die Einschaltquoten. Mit Schumachers Wechsel zu Ferrari kletterten diese 1996 um 13 Prozent, im Schnitt auf 6,39 Millionen bei jedem Rennen. 1997 ging es noch einmal um 23 Prozent hinauf. Zum ersten Mal erreichte RTL mit den Formel-1-Sendungen am Sonntag mehr als 50 Prozent Marktanteil.

Es geht auch um das allgemeine Ferrari-Geschäft

RTL-Chef Helmut Thoma erklärte, es gebe nur noch drei Sportarten: Fußball, Boxen, Schumacher. Zum Vergleich: Vettels erste Ferrari-Ausfahrten verfolgten 2015 im Schnitt 4,2 Millionen RTL-Zuschauer, was einem Marktanteil von 24,5 Prozent entsprach.

Sollte Vettel die Mercedes-Dominanz mit dem SF 16-H tatsächlich sprengen, liefe das Geschäft wohl weltweit wieder besser. Was dabei helfen würde: ein Finale wie in Schumachers zweitem Ferrari-Jahr. Er oder Williams-Lenker Jacques Villeneuve - so lautete das Duell damals in Jerez.

Wären beide ausgefallen, hätte Schumacher triumphiert. In der Dry-Sack-Kurve versuchte er, Villeneuve aus dem Rennen zu rammen. Die Aktion scheiterte, der Kanadier raste zum Titel. Schumacher wurde für die Aktion geächtet - und musste sich bis zu seinem ersten Titel mit Ferrari noch drei Jahre gedulden.

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