Mercedes in der Formel 1:Großer Preis der Wiedergutmachung

Singapore Formula One Grand Prix

In Singapur ausgeschieden: WM-Spitzenreiter Lewis Hamilton.

(Foto: dpa)
  • Mercedes sorgt sich über den Leistungsabfall in Singapur.
  • Vor dem Rennen in Suzuka fragen sich im Silberpfeil-Lager einige: Kippt die Saison etwa noch?
  • Sebastian Vettel und Ferrari kommen immer besser in Form.

Von Elmar Brümmer, Singapur

Lewis Hamilton hat offenbar erkannt, wie das größte technische Rätsel der bisherigen Formel-1-Saison gelöst werden kann. Dem Absturz von Mercedes in Singapur, wo die Silberpfeile am vorigen Wochenende von Ferrari abgehängt worden waren, soll an diesem Wochenende in Suzuka/Japan ein Großer Preis der Wiedergutmachung folgen. Der Brite, immer noch WM-Führender, hat auf Facebook ein Bild des jamaikanischen Bobteams gepostet, vier Mann in einer Badewanne, mit dem Kommentar: "Teamwork macht den Traum möglich."

Der dominierende Rennstall der Hybrid-Ära wird erstmals mit einer möglichen Krise konfrontiert, falls Singapur nicht bloß ein Ausrutscher war. Neben der technischen Aufarbeitung kommt es jetzt auf mentale Stärke an. Ferrari und Red Bull haben gezeigt, dass sie unter bestimmten Bedingungen ebenbürtig oder sogar voraus sein können. Dass aus anderthalb Sekunden Vorsprung pro Runde über Nacht anderthalb Sekunden Rückstand wurden, hat Lewis Hamilton "noch nie erlebt" in seiner Karriere. Deshalb herrscht im Silberpfeil-Lager nicht unbedingt Panik, aber im Stillen fragen sich doch einige: Kippt die Saison etwa noch?

Die Reifen waren schuld in Singapur, so viel ist klar. Aber dann? "Dann setzte der Domino-Effekt ein", sagt Hamilton, "alles, was wir probiert haben, hat es nicht besser gemacht." Dass es sich nicht um einen Kardinalfehler zu handeln scheint, ist eine gute Nachricht für Technikchef Paddy Lowe, der zwischen den beiden Asien-Rennen zurück nach England gejettet ist, um in der Rennfabrik in Brackley Ursachenforschung zu betreiben.

Tiefstapelei oder echte Besorgnis?

Die Computer und die Experten haben eine Verkettung von Unzulänglichkeiten ermittelt, die in Kombination mit der besonderen Charakteristik des Stadtkurses zu dem rapiden Leistungsabfall geführt haben. Details werden nicht genannt. "Suzuka ist eine völlig andere Welt", hofft Nico Rosberg. Am Dienstagabend in Tokio hatte das aus dem Mund von Hamilton anders geklungen. "Ich verspüre kein großes Vertrauen, weil ich keinerlei Informationen habe, die das rechtfertigen würden", raunte Hamilton britischen Journalisten zu, "ich kann nur hoffen, dass es ein einmaliger Ausrutscher war." Tiefstapelei oder echte Besorgnis?

Dass sich das Debakel auf dem Suzuka International Circuit wiederholt, denkt Rosberg nicht, er bemüht Gesetzmäßigkeiten: "Das sind immer noch das gleiche Team, die gleichen Autos und die gleichen Fahrer, die 25 Rennen innerhalb von anderthalb Jahren gewonnen haben", sagt er, der in Singapur als Vierter abgewunken wurde und von einer "ernüchternden Ankunft im Niemandsland" sprach. Der Wiesbadener, dem plötzlich Sebastian Vettel in der Gesamtwertung bis auf acht Zähler nahe gekommen ist, glaubt nicht an eine Fortsetzung der mysteriösen Pannenserie: "Singapur war schon im Vorjahr unsere schwächste Vorstellung." Aber das diesjährige Rennen macht ihn immer noch ratlos. "Erst auf der Uhr haben wir gesehen, wie langsam wir waren", sagt Rosberg.

"Wir haben eine Ohrfeige bekommen, jetzt werden wir Siege wieder mehr zu schätzen wissen", sagt Mercedes-Teamchef Toto Wolff. Der Österreicher rät, die Angelegenheit methodisch aus der Welt zu schaffen. Sein Landsmann Niki Lauda setzt auf Angst als Motivation: "Die Meisterschaft ist offen, man muss auf alles achtgeben. Vettels Leistungen zwingen uns, die Augen offen zu halten. Ferrari ist wieder zurück, das wissen wir." Etwa 20 PS mehr soll Vettels roter Dienstwagen neuerdings haben. Doch der Heppenheimer schränkt ein: "Wir müssen realistisch bleiben. Es wäre eine riesige Überraschung, wenn sich Mercedes erneut so wie in Singapur präsentieren würde."

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