Formel 1:Ein Wüterich in Rot

Doppelsieg für Ferrari: Felipe Massa gewinnt ihn Bahrain vor Kimi Räikkönen. BMW übernimmt Führung in Konstrukteurs-Wertung. Zwei Titelkandidaten enttäuschen.

René Hofmann

Das Rosenwasser, das Scheich Salman bin Hamad Al-Khalifa dem Sieger des Großen Preises von Bahrain statt Champagner immer überreicht, soll duften wie der Orient: spannend, exotisch, geheimnisvoll. Dem Brasilianer Felipe Massa hat das offenbar gefallen. Der Ferrari-Pilot genoss die Dusche mit der Brause offensichtlich, nachdem er in 1:31:06 Stunden 57 Mal um den Kurs in Sakhir geeilt war - drei Sekunden schneller als sein Teamkollege Kimi Räikkönen und die beiden BMW-Chauffeure Robert Kubica (3./4,9 Sekunden zurück) und Nick Heidfeld (4./+8,4 Sek.).

Formel 1: Felipe Massa siegte in Bahrain vor Kimi Räikkönen.

Felipe Massa siegte in Bahrain vor Kimi Räikkönen.

(Foto: Foto: AFP)

Das Ergebnis bestätigte zwei Trends, die sich bereits in den ersten beiden Saisonrennen gezeigt hatten: 2008 geht es auffallend bunt zu. Bereits sieben verschiedene Fahrer durften bei den Siegerehrungen mitwirken. Und: An der Spitze gibt es einen Dreikampf. Angeführt wird der jetzt von BMW. Das Team des Münchner Konzerns übernahm die Führung in der Konstrukteurswertung mit 30 Punkten, Ferrari kommt auf 29 Zähler, McLaren-Mercedes auf 28. Bei den Fahrern ist Kimi Räikkönen mit 19 Punkten der Klassenbeste vor Nick Heidfeld (16 Zähler).

Die Reaktionen auf das Ergebnis fielen unterschiedlich aus. Nüchtern bei Ferrari (Felipe Massa: "Ich wusste, dass wir schnell sein würden", Teamchef Stefano Domenicali: "Das Ergebnis, das wir haben wollten"). Überschwänglich bei BMW (Teamchef Mario Theissen: "Ein tolles Resultat. Dass wir in der Konstrukteurswertung führen, haut mich um. Das hatten wir überhaupt nicht auf der Rechnung. Ich hoffe, dass wir jetzt öfter Blau vor Silber sehen. Nun haben wir eigentlich nur noch den ersten Sieg auf dem Zettel in dieser Saison").

Ernüchtert bei McLaren. Mercedes-Sportchef Norbert Haug fand: "Ein Tag zum schnell Vergessen." Ron Dennis, der Chef der Silbernen, übte sich in Zweckoptimismus. Das nächste Rennen findet am 27. April in Barcelona statt: "Dort", kündigte Dennis an, "werden wir viel schneller sein." In Bahrain glückte Heikki Kovalainen zwar die schnellste Rennrunde, über Platz fünf kam er trotzdem nicht hinaus.

Lewis Hamilton, der das Fahrerklassement vor der Wettfahrt angeführt hatte, wurde sogar nur Dreizehnter. Am Start hatte er Probleme mit den Motoreinstellungen. Das warf ihn bis auf Rang zehn zurück. Kurz darauf riss bei einer Kollision mit Fernando Alonsos Renault sein Frontflügel ab, und er verlor noch weiter an Boden. Auf dem Weg zur karierten Flagge wurde der WM-Zweite von 2007 überrundet. "Ein Desaster", ordnete er seine Erlebnisse ein: "Am Start stockte eigentlich alles."

BMW stark trotz technischer Probleme

Die ersten Sekunden spielten wie bei so vielen Rennen eine Schlüsselrolle. Robert Kubica hatte am Samstag zum ersten Mal den besten Platz vor der Startampel für das Team von BMW erobert. Die hohen Erwartungen, die damit kamen, konnte der Pole allerdings nicht erfüllen. Schon auf der Einführungsrunde merkte er: Es gibt ein technisches Problem. Nick Heidfeld erging es ähnlich.

Als die Ampel das Rennen freigab, hatte Kubica im Sprint bis zur ersten Kurve keine Chance gegen Massa, der neben ihm geparkt hatte. Das rote Auto distanzierte das weiß-blaue gleich auf den ersten Metern. In der dritten Runde musste Kubica auch Räikkönen passieren lassen. Bei 30 Grad und einem warmen Wind, der mit fünf Metern pro Sekunde blies, waren die Ferraris überlegen. "Wir wussten schon nach dem Start, dass der Sieg nicht mehr möglich sein würde", gab BMW-Chef Theissen hinterher an.

Die Testfahrten, die Ferrari im Februar auf dem Kurs bestritten hatte, zahlten sich offenbar aus. Bereits nach acht von 57 Runden begann Felipe Massa mit dem Überholen. Sein erstes Opfer: der Deutsche Adrian Sutil, der im Force India erneut weit hinter seinem Teamkollegen Giancarlo Fisichella (Zwölfter) herfuhr, es aber wenigstens zum ersten Mal in diesem Jahr ins Ziel schaffte - als Letzter.

Ein Wüterich in Rot

Die Platzierungen der anderen Deutschen: Nico Rosberg (Williams) erreichte als Siebter zum zweiten Mal in diesem Jahr die Punkteränge. Timo Glock verpasste diese als Neunter knapp. Sein Toyota-Kollege Jarno Trulli stahl ihm als Fünfter erneut die Show. Sebastian Vettel hatte auch im dritten Rennen der Saison wenig Rennglück. Schon in der vierten Kurve krachte ein Konkurrent so heftig in seinen Toro Rosso, dass einige Leitungen barsten. Vettel glückte es noch nicht einmal, das waidwunde Gefährt an die Box zurückzuschleppen. "Manchmal geht es aufwärts und manchmal geht es halt abwärts", kommentierte er den dritten Ausfall im dritten Saisonrennen lapidar.

Ähnlich fatalistisch gab sich auch der Sieger. Felipe Massa, der sich in den ersten beiden Rennen zwei Fehler geleistet, keine Punkte geholt hatte und deshalb in die Kritik geraten war, strahlte kaum Genugtuung aus. "Es hat schon viele schlimme Tage in meinem Leben gegeben", versuchte er, den Druck kleinzureden, der in Bahrain auf ihm gelastet hatte. Dass er mit viel Wut und Entschlossenheit antrat, war ihm trotzdem anzumerken. Schon in allen Trainingssitzungen war er weit voraus gewesen - auch vor Räikkönen. Im Rennen hatte der Weltmeister ebenfalls Mühe, im Windschatten des Herausforderers aus dem eigenen Team zu bleiben. Die Wahrheit steht in der Formel 1 am Ende immer bloß an einem Ort: auf der Stopp-Uhr.

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