Formel 1:Die Nöte der Hinterher-Fahrer

Weltmeister-Titel Nummer sieben ist schon sicher und beim Grand Prix in Monza will Ferrari-Pilot Michael Schumacher ebenfalls aufs Treppchen. Die Konkurrenten fürchten gar eine weitere sorgenreiche Saison.

Von René Hofmann

Michael Schumachers Sorgen müsste man haben. 300 000 Weltmeister-Kappen mit sieben Platin-Sternen, das Stück für 24,90 Euro, liegen bereit. Doch beim Ferrari-Heimspiel am Wochenende in Monza sollte Schumacher die neue Kreation eigentlich noch nicht tragen dürfen: "Für mich ist Michael noch nicht Weltmeister", hat Bernie Ecclestone der Sport-Bild verraten. Der Titel gebühre dem Deutschen erst, "wenn er am Saisonende dazu ernannt wird". Zwar hat das Wort des Formel-1-Impressarios gemeinhin Gewicht, in Monza aber stellte sich Schumacher am Donnerstag mit neuer Sieben-Sterne-Kappe vor. Chapeau!

Formel 1: Hat, im Gegensatz zur Konkurrenz, richtig was zu feiern. Rekord-Weltmeister Michael Schumacher.

Hat, im Gegensatz zur Konkurrenz, richtig was zu feiern. Rekord-Weltmeister Michael Schumacher.

(Foto: Foto: Reuters)

Vor zwei Wochen in Spa-Francorchamps hat Schumacher mit einem zweiten Platz sichergestellt, dass ihm der Triumph nicht mehr zu nehmen ist. Nach 14 von 18 Rennen sind damit beide Wertungen entschieden. Die Trophäe für den besten Fahrer geht zum fünften Mal hintereinander an M. S., die fürs beste Team zum sechsten Mal in Serie an seine Scuderia. Der Konkurrenz bleibt nichts anderes übrig, als den Hut zu ziehen - und Lehren.

Das bester Paket

"Ferrari hatte über die gesamte Saison auf den unterschiedlichen Strecken das beste Paket", sagt Mario Theissen, Sportchef der Marke, die zu Saisonbeginn ihren Rennwagen auf Anzeigen mit je drei Sternen für Action, Spannung, Erotik und Anspruch bewarb, mit 54 Zählern aber nur auf Platz vier rangiert: BMW. Die breite Nase, die Williams' Formel-1-Spezialisten dem Auto verpassten, entpuppte sich als zu schwer und zu Seitenwind-sensibel. Trotzdem hielt das Team lange an ihr fest. Erst in Ungarn, Station 13 der Welttournee, erhielt der FW26 eine grazilere Front - die aber, wegen den Sommer-Testverbots, nicht ausprobiert werden konnte.

Mit der Wagenspitze fiel die Equipe ebenso auf die Nase wie mit ihrer Personalpolitik. Weder Marc Gene noch Antonio Pizzonia konnten nach Ralf Schumachers Unfall in Indianapolis als Ersatz überzeugen, was viele Beobachter höhnen ließ, das Team habe offenbar zwei Rennfahrer verpflichtet, die gar keine Rennen fahren können. Juan Pablo Montoya, neben Schumacher der zweite Stammpilot, verließ schnell die Motivation. Wegen seines Wechsels zu McLaren-Mercedes wurde er früh kalt gestellt.

Lediglich vier Tests durfte er nach eigenen Angaben 2004 absolvieren - kein Wunder, dass er bei jeder Gelegenheit maulte. Jenson Button und Mark Webber, die 2005 ans Steuer dürfen, gelten als Talente. Einen Grand Prix haben beide noch nicht gewonnen. Theissens Aussagen klingen deshalb stark nach Zweckoptimismus. In Kimi Räikkönens Sieg in Spa sieht der Sportchef eine "wichtige Botschaft": "Zum ersten Mal wurde Ferrari geschlagen - und das ausgerechnet von dem Team, das in der ersten Saisonhälfte die größten Probleme hatte. Das zeigt, wie schnell die Kräfteverhältnisse kippen können." Oder könnten.

McLaren-Mercedes: Mächtig verhüpft

McLaren-Mercedes, bei den ersten zehn Wettfahrten am Ende nie unter den besten drei, glückte zuletzt wirklich ein bemerkenswerter Satz auf 49 WM-Punkte. Davor jedoch hatte sich die deutsch-britische Allianz mächtig verhüpft. "Wie Weitspringer, die sich am Dreisprung versuchen", sagt Mercedes-Sportchef Norbert Haug. Das Modell, mit dem die Mannschaft ins Jahr startete, war zu ambitioniert. Bis zum neunten Rennen blieb es achtmal liegen.

Erst eine Generalüberholung brachte den Renner in Schwung und Kimi Räikkönen zweimal zur Siegerehrung. "Wir haben mehr technische Fehler gemacht als Kimi Fahrfehler", gibt Haug zu. Das Fahrer-Duo 2005 - Räikkönen/Montoya -- verspricht Spannung, birgt aber ein Problem: Weil bei McLaren anders als bei Ferrari Stallorder verpönt ist, werden sich der Finne und der Südamerikaner die Punkte bei jeder Gelegenheit gegenseitig wegnehmen.

BAR-Honda und Renault, die Aufsteiger 2004, wären froh, wenn sie für 2005 nur derlei Probleme hätten. Renault, mit 91 Zählern im Moment die Nr. zwei des Konstrukteurs-Championats, fehlte es an Konstanz und Motorleistung, um Ferrari wirklich gefährlich werden zu können. Bei BAR - derzeit 83 WM-Punkte -- ist noch unklar, wer im kommenden Jahr neben dem unberechenbaren Takuma Sato überhaupt an den Start gehen soll. Jenson Button hat dem Team den Rücken gekehrt, ist de jure aber eventuell doch noch gebunden.

Jacques Villeneuve würde so gerne sein Comeback geben, dass er sogar umsonst antreten will. Doch der Kanadier hat den Rennstall 2003 im Streit verlassen. Ärger, Konfusion, Stillstand sind da programmiert.

Ferrari hat unterdessen angekündigt, das Weltmeister-Auto nicht mehr weiter zu entwickeln. Alle Kapazitäten werden auf 2005 konzentriert.

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