Formel 1:Boliden zu versteigern

Die Rennställe räumen auf und bereiten sich schon auf die Saison 2006 vor.

René Hofmann

Los geht es am 12. März. Wahrscheinlich in Bahrain. Die Vorbereitungen haben bereits begonnen, am Sonntag gegen neun Uhr, gleich nach dem letzten Formel-1-Rennen des Jahres in China. "Viel Zeit zum Verschnaufen gibt es nicht", sagt Mercedes-Sportchef Norbert Haug. Bald müssen acht statt zehn Zylinder die Flitzer antreiben. Ob sich etwas am Qualifikationsmodus ändert, ob Reifenwechsel wieder erlaubt werden, das entscheidet sich am 24.Oktober. Dann tagt die zuständige Kommission des Automobilweltverbandes.

Ferrari, AFP

Ferrari gefällig?

(Foto: Foto: AFP)

Fest steht: Auf Ferrari wartet ein Winter der Wahrheit. Der neue Wagen soll im Januar fertig sein. Ist er schnell, stehen die Chancen gut, dass Michael Schumacher seinen auslaufenden Vertrag verlängert. Misslingt die Konstruktion, droht ein Umbruch. Teamchef Jean Todt hat anklingen lassen, dass seine Zeit in Maranello irgendwann enden wird. Technikchef Ross Brawn hat seinen Kontrakt noch nicht verlängert. Fährt Ferrari erneut hinterher, wird das auf den neuen Chefdesigner Aldo Costa zurückfallen. Ebenfalls auf Bewährung beschäftigt: Felipe Massa, der zweite Pilot.

McLaren-Mercedes glückte in den 19Rennen des Jahres 2005 zwölfmal die schnellste Runde. Bei den meisten Auftritten hatte das Team ein überlegenes Auto. Diesen Vorteil will es ins nächste Jahr retten. Ob das gelingt, hängt maßgeblich davon ab, was die Rennmotoren-Fabrik im britischen Brixworth nach der Übernahme durch Mercedes zustande bringt. Die vielen Defekte sorgten zuletzt für Spannungen. Kimi Räikkönen ist unzufrieden. Seine hochprozentige Art der Frustbewältigung wiederum gefällt dem Team nicht. Dem Finnen bietet sich die Gelegenheit, die Zweckgemeinschaft Ende des Jahres zu beenden.

Titelverteidiger Renault tritt in der gleichen Besetzung wie bisher an. Doch der Eindruck der Stabilität täuscht. Der Kontrakt von Fernando Alonso läuft aus, und das Beschäftigungsverhältnis von Teamchef Flavio Briatore wurde nur um ein Jahr verlängert: Der Italiener kümmert sich zu leidenschaftlich um seine Vermarktung und zu wenig um die der französischen Autos. Für 2006 plant er, den Finnen Heikki Kovalainen, der in der Nachwuchsserie GP2 glänzte, als Testfahrer zu engagieren. Wie mit Alonso ist Briatore auch mit ihm geschäftlich verbandelt.

Wer Geld mitbringt, darf fahren

Klarer geht es bei BMW zu. Für das neue Team steht Aufbauarbeit an, dafür wurde Nick Heidfeld engagiert. Wer noch helfen soll, wird bis Ende November geklärt. Felipe Massa wurde gefragt, lehnte aber ab. Jacques Villeneuve pocht auf seinen Vertrag mit dem Rennstall. Er müsste abgefunden werden. Präsentiert werden soll das erste Formel-1-Auto der Firma Anfang Januar. Klar ist: Es wird Weiß-Blau tragen. Wie zuletzt der Williams. Der Partner der vergangenen sechs Jahre versteigert am 14. Dezember zwanzig alte Autos. Spötter behaupten: Der Rennstall braucht das Geld, um sich die Motoren von Cosworth leisten zu können, die 2005 bei Red Bull durch Zuverlässigkeit glänzten. Mark Webber ist als Pilot eine feste Größe. An seiner Seite könnte der 20 Jahre alte Sohn des Weltmeisters von 1982 zum Einsatz kommen: Nico Rosberg, geboren in Wiesbaden. Wie 2003 gäbe es dann wieder vier deutsche Fahrer in der Serie.

Toyota: Der Aufsteiger des Jahres 2005 wird sich auch 2006 treu bleiben und wieder viel Geld ausgeben - für einen zweiten Windkanal, seine eigene Rennstrecke in Japan und einen seiner Fahrer. Ralf Schumacher gehört zu den Besserverdienern im Fahrerlager, was in der zurückliegenden Saison ein wenig peinlich aussah. Mehr Schlagzeilen als sein Fahrkönnen erzeugte seine Gattin mit erotischen Bildchen und Sticheleien gegen ihre Schwägerin. Zu dem ansonsten aseptischen Auftritt der Japaner passt derlei PR kaum. Die Meldung, dass sie Schumachers Drei-Jahres-Vertrag vorzeitig kündigen können, hat niemand dementiert. Der Wechsel des Reifenpartners - Bridgestone statt Michelin - könnte die Vorgabe für das Jahr gefährden. Angestrebt wird der erste Sieg. Mit dem gleichen Ziel treten Jenson Button und Rubens Barrichello beim nun offiziellen Honda-Werksteam an.

Auch das Jordan-Team verschwindet

96 Stunden schufteten 200 Arbeiter, um am Ufer des Huangpu in Schanghai ein Bambusdorf zu errichten, in dem Red Bull das Ende seines Debüts standesgemäß feiern konnte. Weil sich die Experten der ausgeschriebenen Miss-Wahl auf keine Siegerin einigen konnte, entschied Firmenchef Mateschitz "in einem Anfall von Großzügigkeit" (Pressetext) alle 20Kandidatinnen gemeinsam auf eine Weltreise zu schicken. Im kommenden Jahr hat der Mann in zwei Teams das Sagen. Selbst zigtausend Einträge im Internet konnten nicht verhindern, dass Minardi ab sofort Squadra Toro Rosso heißt. Eines der Spaßmobile darf ein Amerikaner bewegen: der 22-jährige Scott Speed aus Manteca/Kalifornien.

Auch das Jordan-Team verschwindet. Es heißt jetzt Midland - wie der Konzern des Russen Alex Shnaiders, der den Rennstall Ende 2004 kaufte, ihn seitdem aber kaum vorangebracht hat. Am Steuer sitzt immer noch, wer genügend Geld mitbringt. Bis 5. November. Dann soll die Saison 2006 enden. In São Paulo/ Brasilien.

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