Formel 1 in Austin:Beschleunigen in der digitalen Welt

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Mädchen für ein Wochenende: Mit US-Sängerin Taylor Swift zog die Formel 1 neues Publikum an. (Foto: Darron Cummings/AP)

Taylor Swift und Rabatt für Studenten: Das Rennen in Texas zeigt, wie sich ein neues Publikum erreichen lässt.

Von Elmar Brümmer, Austin

Braucht ein für die Vergabe des Weltmeistertitels wichtiges Rennen tatsächlich eine Zugabe? Beim Gastspiel von Mega-Popstar Taylor Swift nach der Qualifikation zum Großen Preis der USA auf einer Festivalwiese zwischen den Kurven neun und elf war nicht allen klar, wer da der Bonus gewesen ist - die Formel 1 oder das Konzert. Das richtige Repertoire hatte die Sängerin ja, Zitat: "Ich kann aus den bösen Buben gute Jungs machen - für ein Wochenende."

Formel-1-Chef Ecclestone mag Rosberg nicht als Weltmeister - der lässt sich schlecht vermarkten

Die Veranstalter in Austin haben die Sängerin natürlich nicht verpflichtet, um dem Sport die Schau zu stehlen, sondern, um das Interesse am Grand Prix anzukurbeln. Was gelungen ist: 25 000 zusätzliche Zuschauer brachten die Kombi-Tickets. Darüber hinaus ist die Aktion ein Hinweis, wie das Renngeschäft mehr und mehr zum Showbusiness werden kann, wenn die neuen Besitzer von Liberty Media sich künftig stärker um die Vermarktung der Königsklasse kümmern.

Der Formel 1 stünde tatsächlich etwas mehr Glamour gut zu Gesicht, nicht nur, weil Bernie Ecclestone sich sorgt, dass Nico Rosberg sich als potenzieller Weltmeister schlecht verkaufen lässt. "Wenn Nico den Titel gewinnen würde, wäre das gut für ihn und für Mercedes, aber es würde dem Sport nicht unbedingt helfen, weil es nichts über ihn zu schreiben gibt", zitiert die Zeitung Daily Mail den Zampano, "man braucht einen wie Lewis Hamilton." Oder einen Geschäftsführer, der denkt wie Hamilton, was man von einem bald 86-Jährigen aber schwer verlangen kann.

Bobby Epstein, der umtriebige Rennstreckenchef in Austin, legt den Finger in die Wunde der Königsklasse: "Von Taylor Swift und ihren Aktivitäten in den sozialen Medien kann sich die Formel 1 etwas abschneiden." Er sieht die 80 Millionen Swift-Follower auf Twitter und damit vor allem jene Fanschichten, die der Grand-Prix-Sport nicht erreicht. Wenn Lewis Hamilton bei einer offiziellen Talkrunde seine Späßchen mit Snapchat treibt, wird er dafür verwarnt. Zeit für einen Sinneswandel, findet auch NBC-Sportkommentator Leigh Diffey: "Die Formel 1 muss in der digitalen Welt beschleunigen, jüngere Altersschichten ansprechen. Die neuen Besitzer könnten dabei hilfreich sein."

In Austin, wo der Gouverneur die Zuschüsse um 20 Prozent gekürzt hat, musste man - auch angesichts der neuen Konkurrenz im nahen Mexiko und von Plänen für weitere US-Rennen - zur Selbsthilfe greifen, um die Zuschauerzahlen jenseits der 100 000-Grenze zu halten. Dazu gehörten auch freier Eintritt für angehende Fahrzeugingenieure der texanischen Universität und das Finale der Aktion "Formel 1 in Schulen". Für den sonst eher unattraktiven Trainings-Freitag waren Stehplatzkarten für fünf bis zehn Dollar im Umlauf. "Wir wollen, dass die Leute das beste Sport- und Entertainmentwochenende haben, das man sich vorstellen kann", sagt Bobby Epstein. Denn die Formel E, die mit ihren kreischenden Rennmobilen in die großen Metropolen zieht, lockt auch mit Unterhaltung - am Ende der neuen Saison erstmals in New York. Diese Serie wird ebenfalls von Liberty Media vermarktet. Austin ist deshalb ein Testlauf für die Rolle der Formel 1 in einer sich verändernden Rennwelt, und stellt auch die Wandlungsfähigkeit der Beteiligten aus Europa auf die Probe.

Hamilton ist ganz oben auf der Paparazzi-Liste: Er zieht mit Ski-Star Vonn durch die Stadt

Lewis Hamilton, momentan der einzige Popstar unter den Rennfahrern, wurde vom Lokalblatt Austin American-Statesman ganz oben auf der Paparazzi-Liste des Wochenendes geführt: Die derzeitige Nummer 2 der Formel 1 zog mit Lindsey Vonn durch die Stadt, zusammen haben sie den 32. Geburtstag der Ski-Olympiasiegerin auf einer Bowling-Bahn gefeiert. Vonn bezeichnet Hamilton als ihren "schnellen Freund". Für den 31-Jährigen zahlt sich seine aggressive Selbstvermarktung längst aus, künftig darf er sogar einen Helden in einem Videospiel mimen. Titel der Serie: "Die Pflicht ruft."

© SZ vom 24.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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