Football:Verdammt guter Job

Mason Crosby

Ab geht's: Mason Crosby (Nr. 2), der Kicker der Green Bay Packers, erzielt das entscheidende Field Goal beim 34:31-Sieg in Dallas.

(Foto: LM Otero/AP)

Zwei famose Kicker entscheiden die beiden letzten Viertelfinals der NFL-Playoffs: Die Helden von Green Bay und Pittsburgh stellen dabei jeweils erstaunliche Bestmarken auf.

Von Christopher Meltzer

Aaron Rodgers ist es gewohnt, dass seine Mitspieler sich jubelnd auf ihn stürzen, und freilich hätte der Spielmacher der Green Bay Packers diese etwas ungestüme Art der Zuneigung verdient gehabt, nachdem er Green Bay in der Nacht auf Montag unter die besten vier Mannschaften der National Football League (NFL) geführt hatte. Doch dieses Mal stürmten Rodgers' Mitspieler an ihm vorbei, die Dicken etwas langsamer, die Dünnen etwas schneller. Sie hasteten aufs Spielfeld, wo sie sich - die Dicken etwas rüpelhafter, die Dünnen etwas sanfter - auf Mason Crosby türmten. Der Kicker der Packers hatte den spektakulären 34:31-Sieg gegen die Dallas Cowboys mit einem 51-Yard-Schuss (umgerechnet 46,6 Meter) besiegelt.

Rodgers dürfte seinem Kameraden den kurzen Moment des Ruhms gegönnt haben, denn Crosbys Berufsgruppe hat es nicht leicht im Profifootball. Verfehlt ein wichtiger Kick die 5,64 Meter, die zwischen den beiden Torstangen an Platz bleiben, spottet nicht selten die Nation. Manchmal kostet ein solcher Fehlschuss sogar den Job, häufiger den guten Ruf. Und wenn er reingeht, hat der Schütze halt seinen verdammten Job erledigt, für den er auch noch verdammt gut bezahlt wird.

Der bisherige Saisonverlauf hatte der Berufsgruppe Spott beschert. Grund war eine Regeländerung

In dieser Saison hatte der Ruf der Kicker weiter gelitten. Schuld daran ist eine Regeländerung der NFL: Die Distanz für die Extrakicks, die meistens auf einen Touchdown folgen, wurde um 13 Yards verlängert. Seitdem wird noch mehr verballert und, logisch, noch mehr gespottet. Es ist also eine schöne Pointe, dass am Sonntag, in den bisher bedeutendsten Spielen der Saison, die Kicker historisch auftrumpften.

Den Anfang machte jener Mason Crosby, den die Green Bay Packers 2007 aus dem College in ihren Kader gehievt und dessen Vertrag sie erst im vergangenen März verlängert hatten. 16 Millionen Dollar für vier Jahre, ein Unterschriftenbonus von fünf Millionen inklusive. Am Sonntag dürfte Crosby wiederum den Packers eine hübsche Summe eingespielt haben. In den finalen 93 Sekunden versenkte er gleich zwei Field Goals, die nicht nur wegen der Dramaturgie des Spiels, sondern vor allem wegen ihrer Entfernung aufhorchen ließen. Crosbys erster Treffer erfolgte aus 56 Yards, was an sich schon beachtlich ist, bedenkt man, dass der NFL-Rekord bei 64 Yards (58,5 Metern) liegt. Zusätzlich brachte er Green Bay die 31:28-Führung ein. Nachdem Dallas' Kicker Dan Bailey einen ebenfalls imposanten 52-Yard-Schuss durch die Pfosten gejagt hatte, war ein wenig später, mit nur noch drei verbleibenden Sekunden auf der Uhr, wieder Crosby an der Reihe. Aus 51 Yards trat er dieses Mal an, traf erneut, wurde dann aber zurückgepfiffen, da Cowboys-Coach Jason Garrett noch flott eine Auszeit genommen hatte - ein kleiner Kniff, um den Kicker zu verunsichern. Doch an Crosby prallte der Psychotrick ab. Auch im zweiten Anlauf behielt er die Nerven.

Und weil die Amerikaner für Sportheldentaten immer sofort eine Statistik parat haben, verkündeten sie, dass noch nie ein Kicker in den letzten zwei Minuten eines Playoffspiels zwei Field Goals aus über 50 Yards Entfernung untergebracht hatte. Das überdachte Stadion in Dallas, wo der Einfluss von Wind und Wetter ausbleibt, dürfte Crosby in den Fuß gespielt haben.

Was einen Blick nach Kansas City erlaubt. Ein schützendes Dach bot sich Chris Boswell, dem Kicker der Pittsburgh Steelers, dort nämlich nicht. Trotzdem blieb er fehlerfrei - und spitzte die von Crosby eingeleitete Storyline im Nachtspiel gegen die Kansas City Chiefs sogar noch zu. Gleich sechs Field Goals versenkte er und stellte damit einen Playoff-Rekord auf.

Ein 50-Yard-Kracher war zwar nicht dabei - Boswell beschränkte sich bei seinem längsten Versuch auf 45 Yards -, doch machte eine andere Zahl seine Leistung außergewöhnlich. Pittsburgh, eigentlich ausgestattet mit einer spektakulären Offensive, genügten 18 Punkte, um Kansas City mit 18:16 zu bezwingen. Multipliziert man Boswells sechs Treffer mit den drei Punkten, die ein Field Goal einbringt, kommt man zu dem Ergebnis, dass auch die Pittsburgh Steelers sich im bis dato wichtigsten Spiel der Saison auf ihren Kicker verlassen konnten.

Und auch mussten. Das harte Los eines jeden Kickers jedoch ist: Schon am kommenden Wochenende, wenn sie - dann im Playoff-Halbfinale - zum entscheidenden Schuss anlaufen, sind diese Taten vergessen. Ein Fehler kann ihnen wieder jede Menge Spott einbringen.

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