Flügelflitzer: Das Fußball-Finale:Schlag nach bei Hitchcock!

Dagegen ist ein Hollywood-Krimi nichts: Vier Klubs der Bundesliga können noch Meister werden - und zwölf absteigen.

Jürgen Schmieder

Im Spielfilm "The Game" muss Michael Douglas eine Reihe absurder Spielchen mitmachen. Er wird unter Drogen gesetzt, in Mexiko ausgesetzt und seine Bankkonten werden leergeräumt. Die Dramatik des Hollywood-Werks ist voller Handlungssprünge. Kaum glaubt man, den Clou entdeckt zu haben, gibt es eine neue Wendung. Bis zur letzten Minute des Films lässt Regisseur David Fincher den Zuschauer im Unklaren, worum es eigentlich geht.

Betrachtet man die Bundesliga-Saison 2006/2007, könnte man meinen, David Fincher sei von der Deutschen Fußball-Liga engagiert worden, um den Fans ein völlig neues Fußball-Erlebnis zu bieten. Es gibt Krisen, Höhenflüge, große Dramatik und noch größere Tragödien. Das Beste jedoch: Man wird wohl bis zum letzten Spieltag nicht wissen, wie es ausgeht.

Der Unterschied zwischen der Bundesliga und einem Film von Alfred Hitchcock: Beim Master of Suspense ahnt man nach dem zweiten Drittel des Films, wie es ausgeht.

An der Spitze gibt es einen Dreikampf zwischen Schalke, Stuttgart und Bremen. Die drei Vereine hatten mit kleineren und mittleren Krisen zu kämpfen, scheinen nun aber gefestigt genug, um den Titel unter sich auszumachen. In Lauerstellung befindet sich aber auch der FC Bayern. Alle Spitzenteams müssten eine gemeinsame Schwächeperiode haben, damit die Münchner noch einmal eingreifen können. Obwohl: Bei der Dramaturgie ist selbst dieses Szenario noch denkbar.

Noch spannender geht es in der unteren Tabellenhälfte zu. Jeder Spieltag birgt eine neue Überraschung. Da wird in Dortmund zuerst gestritten, die Verantworlichen sprechen sogar wenig elegant von "Scheißmentalität" und "Feindseligkeiten". Und was passiert? Dortmund gewinnt ausgerechnet in Aachen mit 4:1! Cottbus siegt in Frankfurt, Mainz unterliegt in Wolfsburg. Nein, es ist wahrlich keine gute Saison für Buchmacher.

Selbst im sogenannten gesicherten Mittelfeld ist die Handlung voller Winkelzüge: Da spielt Bayer Leverkusen eine grandiose Rückrunde, bleibt sieben Spiele ohne Niderlage - und lässt sich zuhause vorführen, ausgerechnet vom VfL Bochum, dem bis dato Tabellen-Siebzehnten. Die Bochumer gewannen 4:1, und einem wie Bernd Schneider war es nur noch peinlich.

Die kommenden Wochen werden nicht weniger spannend werden. Dreieinhalb Vereine spielen um den Titel, zwei streiten sich um den verbleibenden Uefa-Cup-Platz - und die restlichen zwölf Teams kämpfen gegen den Abstieg. Was für ein Drehbuch!

David Fincher ist ein Regisseur, der die Nerven der Zuschauer bis zum Zerreißen anspannt, um am Ende ein Happy End herbeizuführen. Die Schalker haben es nun selbst in der Hand, ganz Fußball-Deutschland zu vermitteln, dass sie nicht nur "Meister der Herzen" sein können - sondern auch deutscher Meister.

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