Flavio Briatore:Der Nobel-Italiener

Der Renault-Teamchef preist seine Formel-1-Erfolge - und will in die Politik.

René Hofmann

Jetzt also auch noch die Politik. Er könne sich durchaus vorstellen, in dieses Metier zu wechseln, sagt Flavio Briatore; die meisten italienischen Politiker seien ja weit über Vierzig. Da ist es an der Zeit für ein bisschen frischen Schwung, findet der 56-Jährige, der außerhalb der Formel 1 erst mit einer politischen Aktion aufgefallen ist. Im April dieses Jahres kaufte Briatore eine Seite in der Zeitung Corriere della Sera, um gegen eine neue Luxussteuer auf Sardinien zu wettern, die bei der Landung von Privatjets und dem Anlegen von Yachten fällig werden soll. Das schrecke die Touristen ab, argumentierte Briatore, der auf der Insel einen Club mit dem bescheidenen Namen Billionaire betreibt.

Unter dem gleichen Label verkauft er seit einiger Zeit auch noble Kleidung. Krokodilleder-Jacken von etwa 40000 Euro an aufwärts, Rochenleder-Gürtel, Schlüsselanhänger mit echten Diamanten - was der Mann von Welt eben so braucht. Viele Geschäfte vertreiben die Sachen noch nicht. Um auf seine exklusiven Boutiquen hinzuweisen, ist Briatore so gut wie jedes Mittel recht. Wie jedes Mitglied des Renault-Formel-1-Teams trägt auch der Chef an der Rennstrecke ein hellblaues Hemd, das über und über mit Sponsorenlogos bestickt ist. Hinten, ganz oben, ganz knapp unter dem Kragen, hat Briatore aber doch noch ein freies Plätzchen gefunden. Eilig und ein wenig schief hat er dort ein kleines Quadrat hinnähen lassen, das auf seine eigenen Geschäfte hinweist.

Meine Kleider, mein Club, meine Yacht, meine Freundinnen - Briatore ist der einzige Teamchef, der gleich drei eigene Homepages unterhält. Alle mehrsprachig. Damit die Botschaft auch ja ankommt. Briatore ist ein Meister darin, die eigenen Errungenschaften anzupreisen, weswegen es spannend wird am Sonntagabend, falls Fernando Alonso tatsächlich zum zweiten Mal Weltmeister werden sollte. Auch für Flavio Briatore wäre das ein besonderer Triumph. Zum zweiten Mal wäre ihm dann das gleiche Kunststück geglückt: einen jungen Fahrer auf den Gipfel zu führen, zweimal nacheinander, unter erschwerten Bedingungen. Bei Michael Schumachers zweitem Titel 1995 mit Benetton stand schon fest, dass der Deutsche zu Ferrari wechseln würde. Fernando Alonso wiederum hat schon im vergangenen Dezember angekündigt, 2007 bei McLaren zu fahren. Lange sah es für Flavio Briatore deshalb gar nicht sonnig aus.

Er stand ohne Spitzenfahrer da. Ob Renault der Formel 1 treu bleiben wollte, war ebenso unklar wie seine eigene Zukunft in der Serie. Und zum Saisonende drohte der Rennstall auch noch seinen Hauptsponsor zu verlieren, einen Tabakkonzern. Erst in den vergangenen Monaten haben sich all die Zweifel gelichtet. Am Montag wurde bekannt, dass in den kommenden drei Jahren das Logo eines niederländischen Finanzunternehmens die Wagen schmückt. Der neue Team-Präsident Alain Dassas hat versprochen: So lange sich der Erfolg rechnet, bleibt Renault in der Formel 1. Briatores Kontrakt als Equipechef wurde verlängert, der Finne Heikki Kovalainen vom Test- zum Stammfahrer befördert; für seinen Job wurde Nelsinho Piquet engagiert, der Sohn des dreimaligen Weltmeisters Nelson Piquet. Jetzt kann Flavio Briatore wieder selbstbewusst auftreten. ,,Für die Zukunft haben wir die besten Fahrer unter Vertrag'', verspricht er vollmundig: ,,In den nächsten Jahren werden wir auch vorne dabei sein.''

Egal, wie Fahrer- und Konstrukteursmeisterschaft am Sonntag ausgehen, für Briatore steht schon jetzt fest: ,,Wir sind das beste Team, weil wir das effektivste sind.'' Derlei Sprüche kommen gar nicht gut an in der von Neid und Missgunst durchsetzten Formel 1. Noch schlechter allerdings kommt an, wenn Briatore mit direkten Vergleichen um sich wirft. ,,Toyota gibt doppelt so viel Geld aus wie wir'', behauptet er kühn. Dabei gilt in der Branche das eherne Gesetz: Über Zahlen spricht man nicht - schon gar nicht über die der Konkurrenz. Um die eigene Bescheidenheit zu demonstrieren, lässt der Rochenleder-Gürtel-Liebhaber in der Renault-Box demonstrativ Ikea-Schränke aufbauen. Zum eigenen Amüsement hingegen führt er gerne einen Leibkoch mit an seinen Arbeitsplatz.

Briatore, den einst der italienische Modehändler Luciano Benetton in die Formel 1 lotste, nachdem er für ihn in den USA mehr als 600 Filialen eröffnet hatte, bleibt der Paradiesvogel der Szene. Seine Kontakte zum mächtigen Vermarkter Bernie Ecclestone sind exzellent. Sich in der Nähe eines Wagens eines anderen Herstellers zu zeigen, ist für jeden Teamchef ein Tabu. Für Briatore nicht. Genüsslich steigt der gelernte Landvermesser mitten im Fahrerlager abends gerne in den Maybach des ehemaligen Gebrauchtwagenhändlers Ecclestone. Noblesse oblige.

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