Firmino bei 1899 Hoffenheim:Stolz auf den diebischen Künstler

Roberto Firmino

Roberto Firmino steht bei großen Vereinen Europas hoch im Kurs, doch aktuell freut sich Hoffenheim über seinen brasilianischen Nationalspieler.

(Foto: dpa)

Erst der Siegtreffer für Brasilien gegen Österreich, nun das Spiel beim FC Bayern: Für den Hoffenheimer Roberto Firmino läuft es richtig gut. Er hat sich vom eigenwilligen zum mannschaftsdienlichen Künstler entwickelt. Großklubs in Europa buhlen um ihn.

Von Tobias Schächter, Zuzenhausen

Und dann war da ja auch noch Jannik Vestergaard. Trainer Markus Gisdol betont das - es soll nicht untergehen, dass Vestergaard am Dienstag gegen Rumänien sein zweites Länderspiel für Dänemark bestritten hat. Vestergaard kann nämlich leicht vergessen werden in der Reihe jener Profis aus Hoffenheim, die sich unter Gisdol seit dem Frühjahr 2013 zu Nationalspielern entwickelt haben.

Das ist nicht nur so, weil der Däne in dieser Saison nicht zur Stammelf der TSG gehört. Länderspiele der Dänen werden international eben eher am Rand wahrgenommen. Und Hoffenheim wird derzeit auch im Zusammenhang mit den großen Nationalteams aus Deutschland und Brasilien genannt.

Sebastian Rudy und Kevin Volland gewannen mit der DFB-Elf in Spanien. Und Roberto Firmino gelang sogar mit einem Schuss in den Winkel das 2:1-Siegtor für Brasilien in Österreich. Vergangene Woche erst hatte der 23-Jährige sein Debüt für die seleção in Istanbul gegen die Türkei gefeiert, in Wien erzielte er nun ein paar Tage später schon sein erstes Tor.

Gisdol hat diesen Dienstagabend mit seinem Trainerteam vor dem Fernseher genossen. Er hat in Hoffenheim in den vergangenen 20 Monaten viele Spieler besser gemacht und den Fast-Absteiger TSG zu einer Mannschaft entwickelt, die vor dem Samstagsspiel bei Bayern München "in Kontakt zur Bundesligaspitze" steht. Gisdol gibt zu, sich anlässlich der neuen Hoffenheimer Nationalkicker einen kleinen Rückblick auf sein Schaffen gegönnt zu haben. Ein bisschen stolz kann er schon sein.

Vor allem die Entwicklung Firminos ist beeindruckend. Der Brasilianer hat sich vom eigenwilligen zum mannschaftsdienlichen Künstler entwickelt. Seit anderthalb Jahren ist der Offensivspieler nicht nur ein schlauer erster Balldieb im Pressingsystem, sondern auch stets 90 Minuten konzentriert; seit Monaten spielt er konstant stark.

Firmino ist ein Meister darin, sich unbemerkt in den Raum zwischen den defensiven Mittelfeldspielern und der Abwehrkette des Gegners zu schleichen und von dort aus Mitspieler einzusetzen oder selbst zum Abschluss zu kommen. Und stehen ihm die Verteidiger doch mal auf den Füßen, vermag er sich oft mit verblüffenden Täuschungen und perfekter Technik aus der Umklammerung zu lösen.

Jetzt kennen die Leute Firmino

Firmino, aber auch Volland und Rudy - und, ja, Vestergaard - erleben gerade den vorläufigen Höhepunkt ihrer Karriere. Firmino erklärte nach seinem Tor in Wien gerührt: "Ich bin mit 17 aus Brasilien weg. Die Leute kannten mich nicht, jetzt wissen sie, wer Firmino ist."

Gisdol sagt: "Den ganzen Trubel müssen die Jungs erst mal verarbeiten." Firmino sei schon in außergewöhnlicher Form, man sollte jetzt aber keine Wunderdinge erwarten. Die Fachwelt weiß ohnehin schon lange, wie stark der Brasilianer ist; dass WM-Trainer Felipe Scolari Firmino nicht in den Turnierkader berief, war für viele unverständlich.

Bei großen Vereinen Europas steht Firmino längst hoch im Kurs, mit Toren für Brasilien wird er noch interessanter. Nach dieser Saison könnte er den Sprung zu einem größeren Klub wagen, die TSG eine Ablösesumme zwischen 20 und 25 Millionen Euro kassieren. Doch jetzt soll Firmino erst mal "gut schlafen" vor dem Spiel bei den Bayern. Beim jüngsten Auftritt in München im März nervte die TSG die Bayern mit frühem Pressing und einem 3:3.

Am Samstag treffen zwei Spielsysteme aufeinander, findet Gisdol: Guardiolas Ballbesitzfußballer gegen Gisdols notorische Vorwärtsverteidiger. In welcher Zone seine Spieler den Gegner diesmal "anlaufen", will er nicht verraten. Die zwei Niederlagen zuletzt in Gladbach (1:3) und gegen Köln (3:4) ändern nichts an Gisdols positiver Zwischenbilanz: "Wir bewerten nach Leistung, nicht nach Ergebnis."

Das Köln-Spiel sei mit einem "Ergebnisfehler" (Gisdol) geendet und kein Rückfall in alte Spektakelzeiten. Eine Niederlage in München wäre normal, aber auch das würde seine Mannschaft nicht aus der Bahn werfen.

Am liebsten wäre es Gisdol, wenn er nach dem Abpfiff kein längeres Gespräch mit Guardiola haben würde, sondern nur "einen beiläufigen Händedruck" vom Bayern-Coach bekäme. Dann wüsste Gisdol, dass seine Spieler die Bayern erneut genervt hätten.

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