Finalistin der Australian Open:Zwiebelchen rast

2014 Australian Open - Day 11

Dominika Cibulkova: Grenzenlose Vorfreude aufs Finale

(Foto: Getty Images)

Dominika Cibulkova ist ein Energiebündel, das die Australian Open erobert. Am Samstag spielt sie als erste Slowakin das Endspiel eines Grand-Slam-Turniers. Dass sie es trotz ihrer geringen Körpergröße so weit geschafft hat, liegt nicht nur an ihren schnellen Beinen.

Von Gerald Kleffmann, Melbourne

Am Donnerstagnachmittag war schnell klar, wer dieses eigentlich mit Spannung erwartete Spiel auf dem Center Court in der Rod Laver Arena gewinnen würde, die Frage, die sich aufdrängte, war lediglich: Wie würde Dominika Cibulkova ihren Matchball bejubeln? Wo würde gleich ihre unbändige Energie hinfließen, von der sie so gerne spricht und die sie ausstrahlt, selbst wenn sie wie später in einem winzigen Raum sitzt und plaudert.

Der kleine Domino, diesen Spitznamen hat sie mal erhalten, "schon als kleines Mädchen hatte ich diese Art", erzählte sie die Tage in Melbourne und lächelte dazu, natürlich. 1:6, 2:5, 0:40 bei Aufschlag Agnieszka Radwanska, die als Fünfte der Weltrangliste favorisiert in das Halbfinalduell der Australian Open gegangen war. Ein schneller Vorhandfehler dann von der Polin, der Ball landete im Netz. Dominika Cibulkova entschied sich für den Schlägerwurf in die Höhe samt halber Rückwärtsrolle auf dem Boden. Ein Schrei begleitete die Einlage.

Er war so laut, dass man ihn möglicherweise auch in der Slowakei gehört hat, dort waren die Menschen ja sicher trotz des Zeitunterschiedes noch wach, "wir haben zwar nur fünf, sechs Millionen Einwohner", berichtete die 24-Jährige nach einer kurzen Erfrischungspause, "aber sie feuern mich alle an - es ist eine große Sache zu Hause."

Bislang konnte ihr Heimatland mit Stolz eher nur auf den "Katze" genannten Miloslav Mecir als besten Tennis-Export verweisen, der Ende der achtziger Jahre Vierter der Weltrangliste war und mit seinen schleichenden Bewegungen die Gegner auskonterte. "Ich bin die erste slowakische Frau in einem Endspiel", ordnete nun Cibulkova schlagfertig ihre Leistung ein. Ihren Auftritt an diesem Samstag begleitet demnach eine nette historische Note.

Im Kampf um die Trophäe, den "Daphne Akhurst Memorial Cup", benannt nach einer australischen Spielerin aus den 1920ern, trifft die noch auf Rang 24 geführte Cibulkova auf Li Na, 31. Die erfahrene Chinesin, seit Jahren in der Weltspitze, wehrte eine Sturmperiode der aufstrebenden Kanadierin Eugenie Bouchard, 19, souverän ab und setzte sich 6:2, 6:4 durch.

"Wenn mich die Leute fragen, wo ich herkomme, sage ich Wuhan", erzählte die Weltranglisten-Vierte amüsiert, als ihre vierte Finalteilnahme in Melbourne feststand. "Sie sagen, ist ja eine kleine Stadt. Sind nur zehn Millionen." Das sind so Relationen im Hintergrund, die mitschwingen vor dieser überraschenden Finalbesetzung, zumindest Cibulkova galt nicht als jemand, den viele auf der Rechnung hatten.

Echsenartiger Aufschlag

Mehr als vier Millionen Dollar hat sie bislang erspielt, drei Titel hat sie errungen, bei den French Open stand Cibulkova 2009 mal im Halbfinale, sie ist ein erfolgreicher Profi mit peitschenden Grundlinienschlägen, das schon. Aber in den Jahren 2009 bis 2013 rangierte sie wegen fehlender Konstanz stets zwischen Rang 12 und 31, nie stieß sie in höheren Regionen vor, weshalb sie irgendwann beschloss, auf diese nervige Debatte, sie sei ja im Grunde eine Top-Ten-Spielerin, nicht mehr einzugehen.

"Ich habe keine Lust mehr darauf", betonte sie jetzt wieder, "wenn ich so spiele wie heute, passiert es eh." In der Tat. Und wenn sie es demnächst geschafft hat, werden es die ruhelosesten 1,61 Meter sein, die sich dann ganz oben tummeln.

Es gibt nicht viele im Profizirkus, die so klein sind. Über dieses Thema spricht Cibulkova, deren Name frei übersetzt "Zwiebelchen" bedeutet, völlig ungezwungen. Sie weiß: "Selbst wenn du groß bist, heißt das ja nicht, dass du zu hundert Prozent gewinnst." Zudem, ihre geringe Reichweite kompensiert sie mit einem sagenhaft hohen Tempo, das sie wie eine Filmfigur im Schnellvorspulstatus erscheinen lässt.

"Sie hat ziemlich schnelle Beine", das fiel Li Na bezeichnenderweise als Allererstes ein, als sie zu Cibulkovas Qualitäten befragt wurde. "Es geht doch darum, etwas wirklich zu wollen und an etwas zu glauben", so denkt die Slowakin aus Bratislava, die sogar ihren Aufschlag - wenngleich nach einer eigentümlichen, echsenartigen Anfangsbewegung - hart und gut platzieren kann.

Gegen Li Na sieht sie sich keinesfalls in der klaren Außenseiterrolle vor dem "größten Match meiner Karriere", auch wenn sie vier bisherigen Duelle alle verloren hat. Fokussiert wie vor einer Prüfung bestreitet sie den spielfreien Freitag, leichtes Schlagtraining, etwas relaxen, mit Freunden und Betreuern essen.

In der Box auf dem Center Court sind ihre Teammitglieder schon eine Attraktion für sich, allen voran der coole Verlobte Miso Navara unterstützt Cibulkova mit seiner kämpferisch hochgestreckten Faust vom ersten bis zum letzten Schlag. "Die Verbindung ist sehr stark", sagt sie, "ich fühle sie da alle, und wenn ich auf der Seite des Platzes spiele, wo sie sitzen, macht mich das noch stärker." Am Samstag könnte diese erstaunliche Energiesymbiose zu etwas Großem führen.

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