Fifa: Wahl des Präsidenten:Absurder Krimi und schlechte Komödie

Die Ereignisse rund um die Wahl des Fifa-Präsidenten wird immer mehr zur Schlammschlacht, die Protagonisten sind: der skandalumwitterte Amtsinhaber, ein anonymer Fifa-Offizieller, der Enthüllungen ankündigte und abtauchte - und jede Menge verzweifelte Verbandsmitglieder, die Sepp Blatters Wahl verschieben wollen.

Thomas Kistner, Zürich

Am Tag vor der Präsidentenkür des Fußball-Weltverbandes Fifa wuchs die Unruhe am Kongressort Zürich, und die Ereignisse überschlugen sich. Angekündigt gewesen war die Pressekonferenz eines ehemaligen Fifa-Offiziellen mit angeblich neuem Belastungsmaterial gegen vier Fifa-Vorständler.

FIFA press conference

Sichtlich angeknockt: Fifa-Präsident Sepp Blatter.

(Foto: dpa)

Die fand dann zwar nicht statt, dafür aber verließen mehrere asiatische Verbände Zürich vor der abendlichen Kongresseröffnung - aus Protest gegen die Suspendierung von Mohamed bin Hammam aus Katar. David Bernstein wiederum, Chef der britischen Football Association (FA), beantragte die Verlegung der Blatter-Wahl am Mittwoch. Damit versuchten die Briten, nach den jüngsten Turbulenzen, in denen es um diverse Bestechungsvorwürfe gegangen war, einem verbandsinternen Reformer die Chance zu einer Kandidatur geben.

Zuvor hatte Blatters Vorstand passenderweise einen Untersuchungsausschuss des Londoner Parlaments düpiert, der die WM-Vergabe 2018 und 2022 untersucht: Die Fifa-Exekutive bezeichnete alle dort erhobenen Korruptionsvorwürfe gegen sechs ihrer Mitglieder kurzerhand als haltlos; die interne Ethikkommission, mit der die Fifa sich selbst kontrollieren will, wird daher gar nicht erst eingeschaltet.

Begonnen hatte die Züricher Schlammschlacht am Sonntag mit der Suspendierung Bin Hammams, dem Korruption vorgeworfen wird. Der zog daraufhin seine Kandidatur gegen Blatter zurück. Ebenfalls 30 Tage aus dem Verkehr gezogen wurde Fifa-Vorstandsmitglied Jack Warner (Trinidad/Tobago). Die Fifa-Ethikkommission hält beiden vor, sie sollen bei einem diskreten Treffen den Vertretern von 25 karibischen Fußballverbänden jeweils 40.000 Dollar zugesteckt haben, damit diese Blatters Herausforderer wählen.

Die Funktionäre sollen das Geld in einem Hotelzimmer in Trinidad erhalten haben - gegen Empfangsbestätigung und jeweils in Hundert-Dollar-Noten. Beide Beschuldigten wiesen die Bestechungsvorwürfe zurück. Bin Hammam hat Einspruch eingelegt und droht jetzt mit weiteren Schritten.

Chaotische Fifa

Blatter, der von alledem gewusst haben soll, wurde von der Ethikkommission freigesprochen. Er hatte zwar eingeräumt, informiert gewesen zu sein, die Vorfälle aber nicht weitergemeldet. Das aber mochte die Ethikkommission nicht als Duldung des Vorgangs werten. Sie befand, der Präsident habe korrekt gehandelt, die Bestechung hätte er erst zu einem Zeitpunkt anzeigen müssen, zu dem "wirklich Geld geflossen ist". Die Kommission, muss man wissen, wurde von Blatter gegründet, sie wird von der Fifa bezahlt und offenkundig nach Gutdünken eingeschaltet.

Wie chaotisch es bei der Fifa zugeht, zeigte der Montag in Zürich: Da schlug der suspendierte Warner zurück und zieh wiederum Blatter der Bestechung. Der Fifa-Chef, sagte Warner, habe Anfang Mai dem Kontinentalverband von Nord- und Mittelamerika (Concacaf) beim Kongress in Miami eine Million Dollar "zur freien Verwendung" zugeleitet. Warner ist Präsident der Concacaf. Sichtlich angeknockt räumte Blatter die Schenkung am Montagabend ein. Es habe sich dabei aber um zwei Tranchen des Fifa-Entwicklungsprojekts "Goal" gehandelt, sagte er, außerdem stehe es ihm von Amts wegen zu, solche Geschenke zu machen.

In der Causa bleibt vieles offen, Blatters Millionengeschenk fiel in die heiße Phase des Wahlkampfs um das Präsidentenamt. Überdies ist es den Kandidaten explizit verboten, im Wahlkampf Geld der Fifa einzusetzen. Trotzdem weigert sich die Ethikkommission auch hier, gegen Blatter zu ermitteln. Folgenlos blieb ebenso ein von Warner veröffentlichter Mailverkehr mit Generalsekretär Jerome Valcke. Darin fordert Valcke, laut Statut zu strikter Neutralität angehalten, Warner auf, die Unterstützung der Concacaf für Blatter zu verkünden.

Zumindest eines blieb Blatter kurz vor dem Kongress erspart: die erwähnte Enthüllungs-Pressekonferenz zur WM-Vergabe an Katar. Die Organisatoren hatten Dokumente zu Geldflüssen von Briefkastenfirmen an vier Fifa-Vorständler angekündigt.

Am Dienstag behaupteten sie, sie seien von Schweizer Behörden massiv unter Druck gesetzt worden und schickten eine entsprechende Mail herum. Der Sprecher des Bundesamts für Justiz bezeichnete diese als "nicht authentisch".

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