Posse nach der Fifa-Wahl:"Von Zusammenfalten kann keine Rede sein"

Franz Beckenbauer im Zwielicht wegen der WM-Vergabe an Katar

Franz Beckenbauer (links) und Fifa-Chef Sepp Blatter vertragen sich dieser Tage bestens.

(Foto: Christof Koepsel/Getty Images)
  • Das Wahlverhalten von DFB-Präsident Wolfgang Niersbach beim Fifa-Kongress hat offenbar zu einer Schelte durch Franz Beckenbauer geführt.
  • Das berichtet Fifa-Präsident Sepp Blatter, der sich von den europäischen Fußballverbänden "enttäuscht" gibt.
  • Mark Pieth, Schweizer Strafrechtsprofessor und ehemaliger Korruptions-Bekämpfer der Fifa, hält Ermittlungen gegen Blatter nicht für völlig ausgeschlossen.
  • Deutsche Politiker fordern einen Gegenverband zur Fifa.

"Obwohl Europa nicht mal einen eigenen Kandidaten hinbekommt"

Die Fifa durchlebt die schwärzesten Tage ihrer Geschichte, inzwischen glaubt fast die ganze Welt, dass der Fußball-Weltverband ein von Korruption zerfressener Verein ist. Nur Präsident Sepp Blatter, über den ebenfalls Großteile der Welt schlecht denken, lässt keine Kritik an sich zu.

Nachdem er am Freitag zum fünften Mal zum Fifa-Chef gewählt worden ist, hat er nun der Schweizer Boulevardzeitung SonntagsBlick erzählt, dass seine Person für einen Streit beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) gesorgt habe: Franz Beckenbauer habe DFB-Präsident Wolfgang Niersbach für sein Wahlverhalten gerügt. "Ich habe mit Franz Beckenbauer telefoniert. Er sagte mir, er jedenfalls habe den deutschen Verbandspräsidenten zusammengefaltet, weil der gegen mich stimmte."

Beckenbauer widerspricht den Aussagen von Blatter allerdings. "Ich habe mit Wolfgang Niersbach freundschaftlich diskutiert", sagte Beckenbauer der Bild-Zeitung. "Von Zusammenfalten kann überhaupt keine Rede sein. Es steht mir auch nicht zu, einen DFB-Präsidenten zusammenzufalten."

Auch der DFB reagiert verwundert auf diese Aussage des Fifa-Chefs. "Keine Ahnung, wie Blatter auf sowas kommt, ein Telefonat mit dem Inhalt hat überhaupt nicht stattgefunden", sagte DFB-Mediendirektor Ralf Köttker.

Niersbach hatte vor dem Fifa-Kongress wie auch die Spitze der Europäischen Fußball-Union (Uefa) klargemacht, für einen Wechsel an der Fifa-Spitze votieren zu wollen.

Blatter, Paltini und der Whisky

Uefa-Präsident Michel Platini "hat in der Nacht vor der Wahl allen Verbänden ein E-Mail geschrieben, dass sie gegen mich und für Prinz Ali bin Al Hussein stimmen sollen", sagte Blatter, der gegen den Herausforderer gewann: "Und das, obwohl Europa nicht mal einen eigenen Kandidaten hinbekommt. Es war schon sehr enttäuschend, was mir in den letzten Tagen passiert ist."

Platini hatte Blatter am Vortag der Wahl zum Rücktritt aufgefordert. "Er hat mich am Donnerstag um ein persönliches Gespräch gebeten. Also gingen wir in mein Büro. Er zog sein Jackett aus, streckte sich gemütlich aus und sagte: 'Lass uns einen guten Whisky unter Freunden trinken'", sagte Blatter: "Ich erwiderte: Nein, keinen Whisky, aber ich höre dir zu. Und dann meinte er allen Ernstes: 'Sepp, du machst den Kongress und am Schluss gibst du bekannt, dass du zurücktrittst. Du bekommst ein gigantisches Fest und dein Büro hier bei der Fifa kannst du behalten.'"

Ex-Fifa-Jurist hält Ermittlungen gegen Blatter für möglich

Am vergangenen Mittwoch waren in Zürich sieben hochrangige Fifa-Funktionäre verhaftet worden, die US- und Schweizer Behörden ermitteln wegen Korruption und Geldwäsche. "Es war null Respekt gegenüber meiner Person da", sagte Blatter, der betont hatte, dass nicht gegen ihn ermittelt werde.

Mark Pieth hingegen, Schweizer Strafrechtsprofessor und ehemaliger Korruptions-Bekämpfer der Fifa, hält Ermittlungen gegen Blatter nicht für völlig ausgeschlossen. "Er steht in dieser Anklageschrift (der US-Behörden, d. Red) nicht drin. Es ist aber nicht völlig auszuschließen, dass die Fifa als Institution in dieses Recht gefasst wird." Unter dem Stichwort "Racketeering" (kriminelle Organisation) könne man der Anklageschrift zufolge wohl auf den nord- und zentralamerikanischen Verband losgehen, vielleicht sogar auf die Fifa: "Und dann ist es natürlich möglich, dass der Chef ins Visier gerät", sagte Pieth.

Politiker fordern Gegen-Fifa

Unterdessen fordert Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) die Fifa zu einem grundlegenden Neustart auf. Fußball stehe für eine universelle Sprache, die Menschen aus aller Welt begeistere und zusammenbringe, sagte Steinmeier der Welt am Sonntag. "Ich habe ernste Zweifel, ob die Fifa ohne einen klaren Neuanfang dieser großen Aufgabe gewachsen ist."

Manche deutsche Politiker fordern nun die Gründung eines neuen Fußball-Weltverbandes. "Nach der Wiederwahl Blatters müssen die europäischen Verbände endlich Konsequenzen ziehen", sagte Alexander Graf Lambsdorff, Vize-Präsident des Europäischen Parlaments, der Welt am Sonntag. Die stärksten Verbände mit den besten Mannschaften sollten sich zu einer neuen "World Football Association" (WFA) zusammenschließen, schlug der FDP-Politiker vor.

"Ob die WM 'Fifa World Cup' oder 'WFA Global Championship' oder anders heißt, ist unwichtig. Entscheidend ist: Die Fans wollen den weltbesten Fußball sehen, der von einem Weltverband seriös und skandalfrei verwaltet wird." Europa müsse die Ankerregion für einen neuen Weltverband sein, so Lambsdorff. Auch die Grünen-Vorsitzende Simone Peter plädierte für einen Gegenverband zur Fifa.

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