Fifa und ihre Sponsoren:Verflixte Ethik

Ranghohe Fifa-Funktionäre ließen sich mit Geld bestechen, Präsident Sepp Blatter wusste davon - für die Sponsoren des Fußballweltverbands ist dies eine heikle Situation. Coca-Cola, Sony oder Adidas müssen sich fragen, ob das Fifa-Geschäftsgebahren mit ihrer Unternehmensethik vereinbar ist.

Carsten Eberts

Der Ethikcode von Coca-Cola ist eine ziemlich eindeutige Angelegenheit. "Da The Coca-Cola Company ein Unternehmen mit Sitz in den USA ist, gilt das U.S. Foreign Corrupt Practices Act für sämtliche Mitarbeiter weltweit", steht dort geschrieben. Das U.S. Foreign Corrupt Practices Act ist das Gesetz zur Bekämpfung internationaler Bestechung. Darin wird explizit dargestellt, wann eine Bestechung vorliegt, wann es sich um eine Ermessensentscheidung handelt - und dass sich die Mitarbeiter von Coca-Cola in strittigen Fragen jederzeit an die Rechtsabteilung des Unternehmens wenden sollen.

Fifa Sepp Blatter Coca Cola

Gute Geschäftspartner: Fifa-Boss Sepp Blatter und Getränkehersteller Coca-Cola.

(Foto: imago sportfotodienst)

Der Eindruck, der erweckt wird: Bestechung und Korruption sind vielleicht mit anderen Unternehmen zu machen, jedoch nicht mit Coca-Cola. Der zentrale Satz umfasst nur drei Wörter: "Bestechung ist verboten." Er steht sogar in gefetteten Buchstaben in dem 45-seitigen Dokument.

Nun hat Coca-Cola einige wichtige Kooperationspartner, einer davon ist der Weltfußballverband Fifa. Bei jeder Weltmeisterschaft seit 1982 vergibt die Fifa exklusive Marketingrechte, Coca-Cola ist Partner der ersten Stunde. Dafür darf das Unternehmen bei Weltmeisterschaften exklusiv werben, Marktkonkurrenten wie Pepsi bleiben außen vor.

Schon lange wurde vermutet, dass es bei der Fifa in Geldfragen nicht ganz mit rechten Dingen zugeht. Seit dieser Woche ist es sogar offiziell: Der langjährige Präsident des Weltfußballverbandes, João Havelange, und sein Ex-Schwiegersohn, Ricardo Teixeira, ließen sich für die Vergabe von Marketingrechten schmieren; auch der aktuelle Präsident Sepp Blatter hat davon gewusst. So steht es in den Akten der Schweizer Justiz.

Die Frage muss sein: Wie gehen wichtige Sponsoren wie Coca-Cola mit der neuen Sachlage um? Passt deren Engagement bei Fußball-Weltmeisterschaften zur Ethik des Großkonzerns? Wenn der Vertragspartner, die Fifa, sogar laut Aktenlage offensichtlich korrupt ist?

Auf SZ-Anfrage zeigte man sich bei Coca-Cola Deutschland zunächst aufgeschlossen, ein offizielles Statement schickte das Unternehmen - trotz vorheriger Ankündigung - jedoch nicht. Wie übrigens auch Sony und Adidas. Das sind ebenfalls wichtige Sponsoren der Fifa für die WM 2014 in Brasilien. Und auch sie haben sich jeweils einen strengen Ethikcode auferlegt.

Das Verhalten ist verständlich - eine sofortige Aufkündigung der Vertragsverhältnisse war ohnehin nicht zu erwarten. "Wenn die Sponsoren die Geschehnisse bei der Fifa mit einigermaßen offenen Augen verfolgt haben, werden sie nun kaum aus allen Wolken fallen", sagt Professor Markus Kurscheidt, Inhaber des Lehrstuhls für Sportwissenschaft an der Universität Bayreuth. Er hat sich in den vergangenen Jahren mit Sponsoring und Vermarktung im Spitzensport auseinandergesetzt. Spätestens seit Ende der neunziger Jahre wird in der breiten Öffentlichkeit vermutet, dass es bei der Fifa häufig nicht mit rechten Dingen zugeht. Kurscheidt sagt: "Die Sponsoren haben dies nicht mitgetragen, aber zumindest ertragen."

"Es hätte nicht besser laufen können"

Rechtlich strafbar ist dies nicht. Man müsste Unternehmen wie Coca-Cola schon beweisen können, dass sie von fragwürdigen Vorgängen bei der Fifa Kenntnis hatten und diese bewusst verschwiegen haben. "Corporate Governance" ist ohnehin nur eine freiwillige Selbstbeschränkung; die Konzerne erklären aus eigener Verantwortung und nicht zuletzt aus Imagegründen, dass sie unter anderem mit Korruption nichts zu tun haben wollen. Rechtlich vorgeschrieben oder gar bindend sind diese Ethikcodes nicht.

Sportwissenschaftler Kurscheidt sagt: "Man braucht bei der Fifa nicht einzusteigen, wenn man einen hohen ethischen Anspruch hat." Jeder weiß schließlich, dass er es bei der Fifa mit einem Großmonopolisten zu tun hat, der letztlich keiner nationalen Aufsicht unterliegt. Auch ein fragwürdiges, weil Fifa-nahes Image nehmen die Unternehmen in Kauf.

Die Zusammenarbeit mit dem Fußballweltverband ist verlockend. Die Werbewirkung einer Fußball-Weltmeisterschaft ist nach wie vor unvergleichlich: Coca-Cola erhöhte seinen Quartalsgewinn in den Monaten der WM 2006 in Deutschland um satte 14 Prozent (im Vergleich zu 2005), Adidas vermeldete nach der WM 2010 in Südafrika einen neuen Rekordumsatz. Bereits im Juni hatte das fränkische Unternehmen sechs Millionen WM-Trikots abgesetzt, dazu wurden 20 Millionen Fußbälle verkauft, 13 Millionen davon im Design des WM-Balls Jabulani. "Es hätte nicht besser laufen können", jubilierte Adidas-Vorstandschef Herbert Hainer. Vor allem: Es lief nur so gut, weil Adidas exklusiver Fifa-WM-Partner ist.

Kurscheidt spricht diesbezüglich vom "Log-in-Effekt": Wer einmal exklusiver Fifa-Sponsor ist, der möchte diesen Rang nicht mehr verlieren - und sieht deshalb auch über die ein oder andere Verfehlung des Vertragspartners großzügig hinweg. Würde Coca-Cola seinen Exklusivertrag für die kommenden Weltmeisterschaften kündigen, stünde womöglich Pepsi als neuer Getränkesponsor bereit. Auch Ausrüster Adidas hat mit Nike oder Puma große Konkurrenten.

"Wenn die Sponsoren ihre Verträge auslaufen lassen, kommen sie so schnell nicht mehr rein", sagt Kurscheidt, "da denken sich die Unternehmer lieber: Warten wir doch erst mal ab." Bis Sepp Blatter als Präsident vielleicht irgenwann abgewählt wird und sich bei der Fifa doch noch etwas ändert. Bis dahin wird die Angelegenheit einfach ausgesessen.

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