Platini und die Uefa:Da lacht Sepp Blatter

Michel Platini

Die Europäische Fußball-Union Uefa gibt bekannt, dass sie geschlossen hinter ihrem suspendierten Präsidenten Michel Platini steht.

(Foto: Georg Hochmuth/dpa)
  • Die Uefa-Verbände stellen sich trotz seiner Suspendierung überraschend hinter Präsident Michel Platini.
  • Die Fußballverbände wollen auch Platinis Bewerbung um das Amt des Fifa-Präsidenten weiter unterstützen.
  • Das Votum dürfte allerdings nur den Weg für andere Präsidentschaftskandidaten freimachen.
  • Derzeit arbeiten die Fifa-Ethiker nach SZ-Informationen "mit Hochdruck" daran, innerhalb der 90-Tage-Frist ein Urteil zur Causa Platini/Blatter zu sprechen.

Von Thomas Kistner

Die Nachricht vom engen Schulterschluss der europäischen Fußball-Funktionäre mit Michel Platini überraschte am Donnerstagabend die Fußballwelt - und wird vor allem dessen Intimgegner Sepp Blatter freuen. Am Donnerstag gab die Europäische Fußball-Union Uefa bekannt, dass sie geschlossen hinter ihrem suspendierten Präsidenten und dessen Kandidatur für den Fifa-Thron stehe, der im Februar 2016 neu besetzt wird.

Das Votum dürfte allerdings nur den Weg für andere Präsidentschaftskandidaten frei machen, die nicht mit Unterstützung Europas unterwegs sind - denn dass Platini zum Meldeschluss am 26. Oktober den erforderlichen Integritäts-Check durch just die Fifa-Ethikkommission überstehen wird, die ihn für 90 Tage gesperrt hat, gilt als unwahrscheinlich.

Derzeit arbeiten die Fifa-Ethiker nach SZ-Informationen "mit Hochdruck" daran, innerhalb der 90-Tage-Frist ein Urteil zur Causa Platini/Blatter zu sprechen. Da wäre paradox, wenn dem frisch Gesperrten, dem Insider unter Verweis auf das Ethik-Reglement schlechte Karten attestieren, das Okay für eine Kandidatur gewährt würde. Ohne grünes Licht der Integritätsprüfer aber ist Platini kein Kandidat, überdies bliebe es ihm bis in den Januar hinein versagt, Kontakte oder auch nur Gespräche im Fußballbereich zu führen; geschweige denn, einen Wahlkampf zu führen.

Das Votum der 54 Mitglieder wirkt konfus und deutet auf neues Ungemach hin

Den führen andere, wie der jordanische Prinz Ali, der nun seine Kandidatur einreichte. Der Verbandschef aus Amman trat schon bei der Präsidentenkür am 29. Mai gegen Blatter an, verlor aber mit 73 zu 133 Voten. Mittlerweile hat sich Ali mit scharfen Vorwürfen gegen Platini von dessen Europa-Fraktion gelöst. Zugleich ist er aktuell der einzige aussichtsreiche Kandidat im Bewerberring.

Deshalb wird erwartet, dass auch der südafrikanische Geschäftsmann Tokyo Sexwale, den jüngst Franz Beckenbauer, Blatter und hohe Vertreter des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) empfahlen, oder aber der langjährige Blatter-Berater Jérôme Champagne noch antreten. Sexwale und Champagne sind über Kommissionstätigkeiten in der Fifa und die Sportpolitik für Afrika verlinkt und würden kaum für eine Abkehr von der jahrzehntelang geübten Blatter-Kultur stehen.

Schon deshalb überrascht das Votum der 54 Mitgliedsverbände. Uefa-Generalsekretär Gianni Infantino ließ am Abend eine Presseerklärung verschicken, aus der sich Zweifel an einer unabhängigen Urteilsfindung durch die mit dem Fall befassten Gremien rauslesen lassen. "Wir unterstützen Michel Platinis Recht auf ein gerechtes Verfahren und sein Recht, seinen Namen reinzuwaschen", heißt es.

Appell ans Fifa-Ethikkomitee

Weiter appellieren die Verbände "aufs Stärkste an alle am laufenden Verfahren beteiligte Instanzen: das Fifa-Ethikkomitee, die Berufungskammer und letztlich den obersten Sportgerichtshof Cas, damit sie sehr schnell arbeiten, um spätestens bis Mitte November zu einer abschließenden Bewertung des Falles zu gelangen".

Gar nicht erst aufgegriffen wurde die kritische Position des dänischen Uefa-Vorstandes Allan Hansen. Der hatte vor der Sitzung gerügt, dass er keine Belege für Platinis Darstellung der ihn belastenden Vorgänge kenne - er hoffte, in Nyon Aufklärung zu erhalten. Ob die in Platinis Abwesenheit erfolgte, ist offen. Angeblich aber waren dessen Anwälte bei der Sitzung.

Das blutleere Treffen wirft noch andere Fragen auf

Mit ihrer Forderung ziehen die Europäer eine skurrile Zeitlinie: Mitte November wird über die Kandidatenfrage entschieden, zugleich wollen sie nicht am Wahltermin rütteln. Infantino: "Wir sind dagegen, dass der Kongress verschoben wird."

Demnach blieben Platini nur zehn Tage Zeit, das Mysterium aufzulösen, das ihn und Blatter sogar auf den Radar der Schweizer Bundesanwaltschaft gebracht hat, die gegen Blatter Strafermittlungen führt. Ungeklärt ist eine Zahlung von zwei Millionen Schweizer Franken, die der Uefa-Chef im Februar 2011 von Blatter aus Fifa-Kassen erhalten hatte. Der Geldtransfer erfolgte mitten im damaligen Fifa-Präsidentschaftswahlkampf, in dem Platini kurz nach der Zahlung eine Schlüsselrolle zugunsten Blatters einnahm. Das Duo bezeichnet die Zahlung bisher als verspätete Nachzahlung für Platinis Beraterdienste in der Zeit von 1998 bis 2001.

Das blutleere Uefa-Treffen mit seinen konfusen Beschlüssen wirft indes noch andere Fragen auf. Von der vorher viel diskutierten Idee, den DFB-Chef Wolfgang Niersbach als Anwärter auf eine der freien Spitzenpositionen in Uefa oder Fifa zu empfehlen, war keine Rede mehr; auch Niersbach äußerte sich nicht. Dafür wurde viel über mögliche Fifa-Enthüllungen geraunt, die sich mal wieder auf WM-Vergaben beziehen sollen. Diesmal womöglich auf die WM 2006 in Deutschland.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: