Fifa-Schiedsrichterin Söder:Exotin an der Pfeife

Gelbe Karte Verwarnung gegen Johannes Müller Mueller FC Augsburg II durch Schiedsrichterin Angel; Angelika Söder Fussball Schiedsrichterin Imago

Mit Spaß, aber sachlich: Angelika Söder zeigt am vergangenen Samstag Johannes Müller vom FC Augsburg II in der Regionalligapartie gegen Buchbach Gelb.

(Foto: Krieger/imago)

Angelika Söder ist eine von nur vier deutschen Fifa-Schiedsrichterinnen - und leitet mit 25 bereits Partien in der Männer-Regionalliga.

Von Anja Perkuhn

Vor der Reise nach Athen hat Angelika Söder erst einmal Riem Hussein angerufen. Hussein ist eine erfahrene Schiedsrichterin, seit 2009 gehört die 34-Jährige zu der kleinen Riege von Schiedsrichterinnen, die vom Weltverband Fifa auch für internationale Wettbewerbe eingesetzt werden. Und Söder, ganz frisch dort aufgenommen, wollte vor ihrem ersten Fifa-Lehrgang im Februar vor allem eines wissen: "Ob sie schon was vorbereiten kann, hat sie gefragt", erzählt Hussein und lacht, denn das hat sie noch nie jemand gefragt. "Was auf sie zukommt. Ob sie ein bestimmtes Training machen kann."

Die 26-jährige Söder aus Schwarzenbruck in Mittelfranken wollte eben alles richtig machen zum Start. Im Grunde gab es aber auch nichts falsch zu machen oder vorzubereiten: Der Fifa-Lehrgang in der griechischen Metropole lief ab wie auch die nationalen Lehrgänge des Deutschen Fußball-Bunds (DFB), die Söder bereits kennt. Mit 23 Frauen und knapp 40 Männern aus Europa, die ebenfalls neu in die Listen ihrer Länder aufgenommen wurden, saß sie in einem Hotel in Athen, es wurden Videoszenen vor allem aus der Hinrunde der Champions League angeschaut, beurteilt und diskutiert - Rote Karte, Gelbe Karte, Schwalbe?

Seit dem 1. Januar 2015 ist Söder nun offiziell eine Fifa-Unparteiische - als zweite Bayerin nach Elke Günthner aus Bamberg und als eine der aktuell vier Deutschen neben Riem Hussein, Marija Kurtes und Bibiana Steinhaus, der bekanntesten deutschen Unparteiischen. Steinhaus hat als erste Deutsche ein Frauenfußball-WM-Finale und auch schon ein olympisches Frauenfinale gepfiffen. Regelmäßig leitet sie Partien der zweiten Männer-Bundesliga. Steinhaus hat vorgemacht, was man als Schiedsrichterin erreichen kann. Was Söder erreichen kann.

Schon Tage vorher bereitet Söder sich auf ein Spiel vor, studiert die Teams und die Brisanz der Partie

Frühestens mit 25 Jahren können begabte Schiedsrichterinnen auf die Fifa-Liste gesetzt werden. Söder ist, wie die inzwischen 36-jährige Steinhaus, mit 25 berufen worden. Aber das, sagt sie, "hat nicht so viel zu bedeuten". Es komme auch darauf an, "dass ein Platz frei ist", und das war der Fall, nachdem Christine Baitinger aus Friesenheim 2014 ihre Karriere beendete. Als Söder im vergangenen Oktober die Nachricht erhielt, dass sie aufrücken wird, sei sie sehr überrascht gewesen. "Natürlich habe ich damit geliebäugelt, man will ja immer weiterkommen", sagt sie. Darauf hingearbeitet habe sie aber nicht. Es habe halt Spaß gemacht und sie sei gut gewesen. Also stieg sie immer weiter auf in den Ligen.

Pragmatisch klingt das, wenn Söder über ihre Karriere spricht. Dabei steckt sie ins Pfeifen mehr Zeit und Arbeit als andere in ein Hobby: Seit Abschluss ihres Psychologie-Studiums im vergangenen Jahr in Erlangen arbeitet Söder bei der Caritas in Ingolstadt mit einer halben Stelle - die andere Hälfte ihrer Zeit bleibt ihr so für die Vor- und Nachbereitung ihrer Schiedsrichter-Einsätze: Täglich geht Söder entweder Joggen oder ins Fitnessstudio, daneben arbeitet sie sich regelmäßig in einem Internetportal für Schiedsrichter durch Videoszenen, einmal im Monat trifft sie sich mit einer Schiedsrichtergruppe zum Theorieabend. Steht dann ein Einsatz an, beginnt Söder schon einige Tage vorher, sich mit den Klubs und deren aktueller Situation sowie der Brisanz der Partie auseinanderzusetzen. Am Tag vor dem Spiel reist sie per Auto oder Zug an, am Abend des Spiels ist meist wieder zu Hause. Als sie 2002 als Zwölfjährige mit der Schiedsrichterei anfing, war das zwangsläufig noch anders.

"Hätten meine Eltern mich nicht am Anfang immer zu den Spielen gefahren, hätte ich schon nach einem halben Jahr aufgehört", sagt sie. Fünf Jahre später, mit 18, pfiff sie in Regensburg schon ihre erste Frauen-Zweitliga-Partie, ihre Eltern fuhren sie vom heimischen Schwarzenbruck aus hin - einfach, weil sie auch dabei sein wollten. Nach einem Jahr in der zweiten Frauen-Bundesliga bekam Söder bereits ihre ersten Ansetzungen in der höchsten Spielklasse, wo sie inzwischen mehr als 50 Spiele geleitet hat, und das erste Länderspiel als Schiri-Assistentin. 2010 kam sie im DFB-Pokalfinale der Frauen als Assistentin zum Einsatz. Im Männerfußball pfeift Söder inzwischen schon in der Regionalliga. "Da ist man als Frau natürlich eine Exotin", sagt Söder. Sie aber pfeift, als wenn es das Normalste der Welt wäre. Die erfahrene Hussein schlägt sie deshalb auch immer wieder als Linienrichterin für ihr eigenes Gespann in der Champions League vor, auch in dieser Saison.

"Sie ist einfach eine Top-Assistentin", sagt Hussein. "Sie tritt immer sehr sachlich auf und ist nicht dafür bekannt, dass sie sich selbst inszeniert. Sie hat eine sehr gute Beobachtungsgabe und setzt auf Knopfdruck Dinge um, die man mal anmerkt." Söder selbst sagt: "Ich würde mich als ruhigen, sachlichen Spielleiter beschreiben, der sich nicht so schnell emotional involvieren lässt." Wann sie mit dieser Art erstmals selbst ein internationales Spiel leiten darf, steht noch nicht fest. Die Frauenfußball-WM in Kanada wird sie am Fernseher verfolgen, ihren ersten Fifa-Einsatz bekommt sie wohl bei einem Juniorinnen-Turnier. Wie weit ihr Weg noch führt, darüber mag Angelika Söder sich noch keine Gedanken machen: "Jetzt bin ich ja wieder ein Neuling und muss von vorn anfangen und mich hocharbeiten." Für den Status einer Fifa-Schiedsrichterin muss sie sich jedes Jahr neu beweisen, ausruhen auf dem Erreichten kann sie sich nicht. Das hatte sie aber ohnehin nie vor.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: