Fifa-Präsidentschaft:Blatter dreht Kritikern die lange Nase

Die WM ist ein Milliarden-Spiel in den Händen von ein paar alten Männern. Diese Konstellation kann nie und nimmer gutgehen. Die Uefa will Fifa-Chef Sepp Blatter zu Fall bringen - doch solange sich die Verbände selbst kontrollieren, wird sich kaum etwas ändern.

Ein Kommentar von Thomas Hummel, Salvador

Die Engländer sind sauer, und wenn Engländer sauer sind, können sie hartnäckig sein. In der ersten Runde waren sie rausgeflogen bei der Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft 2018. Mit zwei von 22 Stimmen. Es war eine Demütigung. So etwas lässt sich das alte Empire ungern bieten.

England hat nicht gegen Katar verloren, sondern gegen Russland. Aber das ist nun auch egal. Ob Emir oder Putin, die Vergabe der Weltmeisterschaften 2018 und 2022 trägt in beiden Fällen den Ruch der Korruption. Putin hatte schon bei der Vergabe der Olympischen Winterspiele 2014 geübt, wie man Sportfunktionäre auf seine Seite zieht.

Jetzt schlägt das Empire zurück. Versucht es jedenfalls. "Die Fifa hat einen schlechten Ruf und es muss etwas getan werden und das kann nicht passieren, solange Herr Blatter da ist", hat der Brite Gregory Dyke in São Paulo vor der Vollversammlung der Fifa-Mitglieder gesagt. So sähen das viele Uefa-Mitglieder.

"Wie eine Mafia-Familie"

Der frühere Präsident des englischen Verbands FA, Lord Triesman, ging im Londoner Parlament noch weiter: "Die Fifa, befürchte ich, benimmt sich wie eine Mafia-Familie." Der Verband habe eine jahrzehntelange Tradition mit Bestechung, Schmiergeldern, Korruption.

Die gesamte Europäische Fußball-Union (Uefa) stellt sich in São Paulo vehement gegen das Regime von Sepp Blatter. Der niederländische Verbandschef Michael van Praag und der Deutsche Wolfgang Niersbach fordern, dass im kommenden Jahr Schluss sein müsse mit dem ewigen Schweizer. Doch der dreht ihnen die lange Nase.

Blatter kündigte am Mittwochabend in Brasilien wie erwartet an, dass er im Mai 2015 noch einmal kandidieren will für den Fifa-Vorsitz. Es wäre seine fünfte Amtszeit, er ist dann 79 Jahre alt. Seit 1981 leitet der Mann aus Visp im Kanton Wallis die Geschicke des Weltfußballs, zuerst 17 Jahre lang als Generalsekretär unter seinem Lehrmeister João Havelange, der inzwischen der Korruption überführt ist. Seit 16 Jahren nun als Präsident.

Seitdem entdeckt wurde, dass der Fußball eine Gelddruckmaschine ist, mischt Blatter mit. Zusammen mit Havelange hat er das schöne Spiel an Sponsoren, Fernsehsender und zwielichtige Funktionäre verkauft. Und nun will er weitermachen, immer weiter machen. Alter spielt an der Fifa-Spitze keine Rolle: João Havelange stand dem Verband sogar bis zu seinem 82. Lebensjahr vor.

Würde Platini viel verändern?

Aus Europa kommt nun ernsthafter Gegenwind. In England werden den Medien ständig neue Enthüllungen über die WM-Vergabe an Katar zugespielt. Es sind nun so viele der 22 damaligen Wahlmänner der Vorteilsnahme verdächtigt, dass es eine Dreistigkeit sondergleichen wäre, würde Katar die WM dennoch austragen dürfen.

In Europa ist das Image der Fifa so miserabel, dass erste Sponsoren ihre Bedenken ausdrücken. Verbandsfunktionäre müssen sich häufig kritische Fragen gefallen lassen, es reicht ihnen offenbar. Doch es ist nicht das erste Mal, dass die Uefa Sepp Blatter zu Fall bringen will. 1998 war Lennart Johannsson als Favorit in die Wahl um den Fifa-Präsidenten gegangen - am Ende verlor er. Der damalige DFB-Präsident Egidius Braun und andere warfen Blatter vor, Stimmen gekauft zu haben.

Diesmal wünschen sich viele, dass Michel Platini gegen Blatter antreten wird. Doch ob sich der Uefa-Präsident darauf einlässt? Immerhin hat der Schweizer bereits große Teile Afrikas hinter sich - und er wird weiter seine Strippen ziehen. Daneben steht die Frage, ob sich unter Platini viel verändern würde. Der Franzose hat sich bereits geoutet als Wähler Katars, vor der Wahl im Dezember 2010 saß er mit dem Emir des Landes und Präsident Nicolas Sarkozy zusammen, danach erhielt sein Sohn Laurent, ein Anwalt, den Posten des Europachefs der Firma Qatar Sport Investments (QSI).

Das Spiel mit den Mächtigen

Zusammenhänge dieser Ereignisse bestreitet Platini. Doch kann man so Vertrauen zurückgewinnen? In Erinnerung ist auch, dass Platini sich bei der Europameisterschaft 2012 im Ko-Gastgeberland Ukraine blendend mit dem damaligen Präsidenten Viktor Janukowitsch verstanden hat. Der musste inzwischen flüchten und wurde als Dieb enttarnt. Das Spiel mit den Mächtigen versteht auch Platini problemlos.

Die Fifa ist von innen heraus nicht zu reinigen. Auch nicht von dem vom Verband selbst angeheuerten Chefermittler in Sachen Korruption, Michael J. Garcia. Der Amerikaner hatte zwar angekündigt, zeitnah erste Ergebnisse seiner Aufräumarbeiten zu präsentieren, doch scheinbar weiß die Sunday Times mehr als der mit Millionen ausgestattete Garcia.

Die Fußballverbände brauchen externe Kontrolle. Die Fifa hat ein Monopol auf die lukrativste Veranstaltung der Welt, mit der sich so viele Politiker und Firmen schmücken wollen. Die WM ist ein Milliarden-Spiel in den Händen von ein paar alten Männern, diese Konstellation kann nie und nimmer gutgehen.

Solange sich die Fifa selbst kontrolliert, nach ihren eigenen Regeln spielt und als eingetragener Verein in der Schweiz auf einer Stufe mit dem örtlichen Kegelklub steht, wird sich kaum etwas ändern.

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