Fifa:Platini träumt weiter vom Thron - noch

Michel Platini

Michel Platini: Fühlt sich wie Ikarus

(Foto: dpa)
  • Michel Platini hat vor gut zwei Wochen nur Stunden vor der Sperre seine Kandidatur für den Posten des Fifa-Präsidenten und die Unterstützungsunterschriften offiziell eingereicht.
  • Das Ethikkomitee hat an Macht gewonnen und könnte alle Pläne des Franzosen pulverisieren.
  • Am Dienstagnachmittag kündigte das Komitee an, dass Mittwochnachmittag konkrete Namen in laufenden Untersuchungen genannt werden.

Von Johannes Aumüller und Thomas Kistner

Die Unruhe ist groß in jenem stramm wachsenden Teil des internationalen Fußballfunktionärstums, der sich in der Vergangenheit nicht immer lupenrein verhalten hat. Für Mittwoch hat die Ethikkommission des Weltverbandes Fifa etwas angekündigt, was nicht gerade üblich ist in dieser Parallelwelt: Sie will mehr Transparenz schaffen - und mitteilen, gegen welche Funktionäre sie ein Verfahren führt.

Seit 2012 gibt es die Ethikkommission in ihrer jetzigen Form, sie besteht aus einer ermittelnden und einer rechtsprechenden Kammer. In den vergangenen Monaten gewann sie innerhalb des Weltverbandes erkennbar an Einfluss, zuletzt sperrte sie sowohl Fifa-Präsident Sepp Blatter als auch Michel Platini, Chef von Europas Fußball-Union (Uefa), für 90 Tage. Bisher durfte der Ethikerstab über konkrete Personen und Verfahren nur sprechen, wenn alle Untersuchungen beendet waren und ein Urteil vorlag. Am Dienstag gestand ihm der Fifa-Vorstand nun das Recht zu, auch laufende Verfahren öffentlich zu machen. Zumindest mancher Vorständler tat dies nur zähneknirschend - im Wissen, dass er selbst zu den Personen gehören könnte, um die es geht. Zugleich setzt das die Ethiker unter Beweisdruck: Wie ernst ist es ihnen in Bezug auf manche aktuelle Affäre - wie etwa die um die Vergabe der WM 2006?

Daneben fasste das Gremium, das erstmals seit Blatters Sperre tagte und der Leitung des - gleichfalls affärengestählten - Kameruners Issa Hayatou unterstand, vor allem einen Kernbeschluss: Die für 26. Februar terminierte Präsidentenwahl wird nicht verschoben. Das heißt, bis 26. Oktober muss jeder Bewerber gemeldet sein und mindestens fünf der 209 Fifa-Mitgliedsländer als Unterstützer vorweisen.

Die Präsidentschaftswahlen werden nicht verschoben, am 26. Oktober endet die Meldefrist

Das ist sehr bald, das Kandidatenfeld aber noch überschaubar. Der Südkoreaner Chung-Jong Moon wurde wegen fragwürdiger Vorgänge bei der WM-Vergabe 2022 sechs Jahre gesperrt. Prinz Ali aus Jordanien gilt als chancenlos, ebenso wie David Nakhid aus Trinidad und Tobago. Nun weist vieles auf Scheich Salman bin Ebrahim al-Khalifa aus Bahrain hin. Der deutet Interesse an, weiß aber auch, dass ihn Menschenrechtsorganisationen und in der Konsequenz womöglich die strenger gewordenen Fifa-Ethiker ob seiner Rolle während der bahrainischen Protestbewegung 2011 ins Visier nehmen. Es gibt harte Vorwürfe von Organisationen wie Human Rights Watch, die Salman stets zurückwies - aber die Ethiker werden die Beleglage prüfen müssen. Auch der scheidende Blatter wird nun dem Lager Salmans zugerechnet, der als Chef des Asienverbandes AFC viele Voten hinter sich hätte und zudem auf Stimmen aus Afrika und Osteuropa bauen könnte. Und dann ist da noch Michel Platini.

Der war Favorit, aber jetzt ist er gesperrt, weil er nicht schlüssig erklären kann, warum er im Februar 2011 auf Blatters Veranlassung zwei Millionen Franken erhielt. Beide erklären die Zahlung als letzte Tranche eines Agreements, das sie während Platinis vierjähriger Beratertätigkeit für die Fifa getroffen hätten. Jüngst schilderte der Franzose das so: "Blatter hat mich dann gefragt: ,Wie viel willst du?' - ,Eine Million.' - ,Eine Million was?' - ,Was immer du willst: Rubel, Pfund, Dollar.' - Daraufhin er: ,Ok, eine Million Schweizer Franken pro Jahr.'"

Die Beratertätigkeit lag zum Zeitpunkt der Transaktion aber neun Jahre zurück, auch liegt nichts Schriftliches zum Salär vor, bekannte Platini. Zugleich fällt auf, dass die Millionen just zu einer Zeit flossen, als Blatter im Fifa-Wahlkampf Hilfe benötigte. Es sei "wie bei Ikarus", sagte der Uefa-Chef: "Immer wenn ich zu nahe an die Sonne fliege, verbrenne ich mich."

Offiziell ist der Franzose noch im Rennen. Er hatte vor gut zwei Wochen, nur Stunden vor seiner 90-Tage-Sperre, die Kandidatur eingereicht. Nun zeigt sich der Sinn des Manövers: Als gesperrter Funktionär hätte er keine Bewerbung abgeben können, jetzt gilt er bis auf Weiteres als Kandidat. Zwar muss jeder Bewerber einen Integritätscheck bestehen, aber erstaunlicherweise findet diese Prüfung nicht statt, solange ein Anwärter gesperrt sei, teilte der Fifa-Vorstand mit. Jedoch steht nach SZ-Informationen in Sachen Blatter und Platini schon bald ein weiteres - und dann endgültiges - Urteil des Ethikkomitees an.

Daneben forderte eine Reformgruppe, die Amtszeit des Fifa-Chefs auf zwölf Jahre zu beschränken, ein Alterslimit von 74 Jahren einzuführen und die Saläre der Topleute offenzulegen. Und das Exekutivkomitee soll eine Art Aufsichtsrat werden. Noch sind das bloß Ideen, welche die Exekutive "begrüßte" und die im Dezember beschlossen werden sollen. Die Gemengelage bei der Fifa ist aber so dynamisch, dass bis dahin wieder vieles anders sein wird.

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