Fifa: Korruptionsskandal:Die Affären-Verschlepper aus Zürich

Die Fifa und Sepp Blatter geben sich redlich Mühe, damit der Korruptionsskandal die WM nicht erreicht. Dabei wird der Chef des Organisationskomitees für das Frauen-Turnier, Morawi Makudi, ebenfalls beschuldigt.

Thomas Kistner

Am 29. Mai, kurz vor der Präsidentschaftswahl, hatte der Fußball-Weltverband Fifa den Herausforderer von Amtsinhaber Sepp Blatter 30 Tage suspendiert. Mohamad Bin Hammam aus Katar soll mit dem gleichfalls gesperrten Vorstandskollegen Jack Warner aus Trinidad und Tobago bei einem Treffen mit den 25 Fußballverbänden der Karibik (CFU) Mitte Mai in Trinidad eine Million Dollar verteilt haben, in Tranchen von 40.000 Dollar pro Funktionär.

Fifa: Korruptionsskandal: Der Präsident nach der Wahl: Sepp Batter.

Der Präsident nach der Wahl: Sepp Batter.

(Foto: AP)

Seltsamerweise wurde erst Wochen später bekannt, dass am anrüchigen CFU-Treffen auch drei weitere Fifa-Vorständler teilnahmen: Morawi Makudi (Thailand), Manilal Fernando (Sri Lanka) und Hany Abo Rida (Ägypten). Seither schleppt sich die Affäre dahin - still wurde die Suspendierung von Bin Hammam verlängert, Warner trat zurück.

Deren Sperre hatte schon vor dem Kongress für Blatters Thronerhalt gesorgt. Bestechungsvorwürfe gegen Blatter selbst, nach denen der Fifa-Chef dem Nord- und Mittelamerika-Verband Concacaf eine Million Dollar zur freien Verwendung übereignet habe, wurden nie untersucht.

Blatter behauptete vor der Presse, die teure Gabe Anfang Mai in Miami sei für Entwicklungshilfeprojekte gedacht gewesen. Nachfragen nach diesen Projekten, nach der konkreten Herkunft des Geldes und warum so eine Entwicklungshilfe, von der auch die Fifa-Exekutive erst nachträglich erfuhr, im heißen Wahlkampf so diskret ablief, ließ er allesamt unbeantwortet.

Die Fifa schaltete zur Aufklärung der Karibik-Affäre die private Sicherheitsfirma des früheren FBI-Direktors Louis Freeh ein. Zugleich ließ sie Details jenes Treffens in Trinidad & Tabago öffentlich ausbreiten, sogar Fotos der Geldumschläge zierten Medienberichte. Vergangene Woche aber lief die 30-tägige Sperrfrist ab, und die Fifa räumt auf Anfrage ein, dass die Suspendierung um 20 Tage verlängert worden sei. Zu den Gründen schweigt sie.

Der Verfahrensaufschub in dieser Affäre sorgt dafür, dass das Thema Korruption in der Fifa-Regierung nicht die aktuelle Frauen-WM belastet. Pikanterweise zählt zu den verwickelten Personen auch der Chef des Fifa-Organisationskomitees für das Frauen-Turnier, Morawi Makudi. Der Boss des thailändischen Verbandes gehört seit 1997 dem Fifa-Vorstand an, er war beim fraglichen Treffen in Trinidad dabei. Ermittelt wird trotzdem nicht gegen ihn.

Der Weltverband teilt mit, zwar wisse er, "dass Makudi, Fernando und Abo Rida am Treffen der CFU in Trinidad teilgenommen haben" - jedoch: "Gegen alle drei wurde nicht ermittelt, kein Ethik-Verfahren wurde gegen sie eröffnet. Sie wurden einfach von Herrn Torres befragt, um zu sehen, ob sie irgendwelche Informationen geben könnten." Robert Torres, Richter auf der Pazifik-Insel Guam, ist als Mitglied der Fifa-Ethikkommission mit diesem Fall befasst.

Wirren um Makudi

Eine Untersuchung, ob diese engen Vertrauten Bin Hammams an der Aktion beteiligt oder Mitwisser waren, fand also nie statt. Das ist umso bemerkenswerter, als sich sogar Blatter vor der Ethikkommission hatte äußern müssen, weil er vom Karibik-Treff früh gewusst, aber nichts unternommen hatte. Die Ethiker fanden, Blatter wäre nur zu belangen, wenn er sein Wissen auch dann noch für sich behalten hätte, "nachdem Geld geflossen ist". Sollte aber das Trio um Makudi, das Bin Hammam nach Trinidad begleitet hatte, von den dortigen Vorgängen tatsächlich nichts mitbekommen haben?

Nachfragen, warum die Ethikkommission und die ermittelnde Freeh Group den Verdacht einer Mittäter- oder Mitwisserschaft von vornherein ausschließt, ohne dies objektiv zu ermitteln, wies die Fifa mit dem Verweis auf "laufende Ermittlungen" zurück. Doch diese beziehen sich gerade nicht auf das Vorstands-Trio um Makudi.

Ermittlungen gegen Fifa-Frauenfußballchef Makudi könnten die WM trüben. Ohnehin fällt die sehr differenzierte Gewichtung in dieser Bestechungs-Causa auf. So trommelt Fifa-Vorständler und DFB-Chef Theo Zwanziger zwar tüchtig für Ermittlungen zur Vergabe der WM 2022 an Katar, auf Klärung der Rolle seiner drei Exekutivkollegen in der Karibik-Affäre hat er bisher öffentlich aber ebenso wenig gedrängt wie auf eine Untersuchung von Sepp Blatters diskreter Millionenhilfe.

Makudi ist einschlägig bekannt in der Fifa. Erst im April wurde er bei Parlamentsanhörungen in London zur WM-Vergabe von Englands früherem Verbandschef Lord Triesman beschuldigt, er habe für seine Stimme die TV-Rechte an einem Freundschaftsspiel Thailands gegen England gefordert. Der Fifa-Vorstand - inklusive Makudi - wehrte diese und andere Vorwürfe als haltlos ab.

Dabei sind gewisse Volten Makudis auch von der deutschen Bewerbung um die WM 2006 überliefert, Thailands Fußballpate wurde schon damals als Rechte- Jongleur aktenkundig. Ungeklärt blieb seinerzeit auch das Rätsel, warum Makudis Gattin Sumitra plötzlich einen Handel mit einer noblen deutschen Automarke in Bangkok betrieb. Als Blatter zum Auftakt der Frauen-WM in Berlin bei der Fifa-Pressekonferenz zu möglichen Korruptionsverwicklungen Makudis befragt wurde, brach eine Presse-Offizierin die Runde abrupt ab: Das Thema habe nichts mit Fußball zu tun.

Deutlich mehr mit Fußball und der Fifa zu tun als bisher bekannt hat der für ein angebliches Millionen-Honorar tätige Aufklärer Louis Freeh. Auf Anfrage bestätigt die Fifa, sie habe auch "schon früher die Freeh Group als Sicherheitsbeauftragte für die U17-WM in Nigeria 2009 sowie für die U20-WM in Ägypten vertraglich gebunden". Heißt: Die unabhängige Untersuchung der Ethikkommission führt ein vertrauter Auftragnehmer der Fifa durch.

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