Fifa-Skandal:Blatters neue Lieblinge

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Fifa-Präsident Joseph Blatter

(Foto: AFP)

Die Fifa-Ethikkommission berät über eine 90-Tage-Sperre für Sepp Blatter. Der hat wohl schon eine Nachfolge-Lösung im Blick - nicht ganz selbstlos, versteht sich.

Von Thomas Kistner

Die Fifa-Ethikkommission wird auf ihrem bis Freitag andauernden Treffen in Zürich neben dem Fall von Vize-Präsident Chung Mong-Joon auch über Weltverbands-Präsident Joseph Blatter und Uefa-Chef Michel Platini befinden. Dass es viel zu besprechen gibt, deutete sich schon am Mittwochabend an. Erste Meldungen - etwa in der BBC - wurden publik, dass Blatter eine 90-Tage-Sperre drohe, beantragt durch die Ethikkommission. Wie man den Machtmensch Blatter kennt, wird er sich bis zum Letzten wehren.

"Die Killer im Auftrag von Herrn Blatter"

Mit Chung dürften die Ethiker kurzen Prozess machen, der Südkoreaner galt schon bis zum Abgang aus dem Fifa-Vorstand 2011 als Intimfeind Blatters. Den hat er wiederholt als "Heuchler" und "Lügner" bezeichnet; auch am Mittwoch, nachdem er tags zuvor kundgetan hatte, dass ihn die Fifa-Ethiker wegen seines 777-Millionen-Dollar-Angebots im Gegenzug für den Zuschlag für sein Heimatland als WM-Gastgeber 2022 im Visier haben. Demnach drohen ihm 19 Jahre Sperre von diesen "Killern im Auftrag von Herrn Blatter" - so umschreibt der milliardenschwere Spross des Hyundai-Konzerns die verbandsinternen Ermittler. Tatsächlich hat das Gremium bislang nur Gegner oder ausgediente Weggefährten des Fifa-Chefs sanktioniert.

Während Blatters Ethiker nun den erwarteten Bannstrahl über Chung verhängen und damit dessen Pläne zerstören dürften, sich Ende Februar 2016 beim Fifa-Sonderkongress als Präsidentschaftskandidat zur Wahl zu stellen, bringt Chung die unabhängige Justiz ins Spiel und will "Blatter wegen Veruntreuung vor Gericht verklagen". Immerhin führt die Schweizer Bundesanwaltschaft Strafermittlungen gegen den Weltverbandschef wegen des Verdachts auf ungetreue Geschäftsbesorgung.

Blatter vermutet Komplott der Sponsoren

Am Mittwoch wies der 79-jährige Schweizer erneut alle Vorwürfe zurück; dieses Mal in der Bunten. Blatter beschrieb ein juristisches Komplott in den USA in Bezug auf jüngste Rücktrittsforderungen von Seiten der Topsponsoren ("Das sind nur die Amerikaner") und tat die Strafermittlungen ab: "Das ist nur eine Untersuchung. Keine Anklage." Auch Platini, der eine Millionenzahlung Blatters von 2011 als Gehaltsnachzahlung für die Zeit von 1998 bis 2002 deklariert und beim Bundesanwalt als "Auskunftsperson" gilt, erklärte erneut, er sei sich keiner Schuld bewusst.

Dass Blatter nun auch betont, Ende Februar endgültig abzutreten, muss Platinis Thronchancen nicht fördern. Wie Chung will Blatter wohl auch ihn verhindern. Anzunehmen ist, dass Blatter - der wie Ethikrichter Hans Joachim Eckert den internen Garcia-Prüfbericht zu den WM-Vergaben 2018/22 kennt - Material über jeden hat. Insofern fällt auf, dass Blatter - wie Franz Beckenbauer, der nach Lage der Dinge noch immer im Visier der Ethiker ist - nun einen gewissen Tokyo Sexwale als Nach- folger präferiert. Der Südafrikaner kandidiert (noch) nicht; er leitet ein Komitee für die Fußballbeziehungen zwischen Israel und Palästina. Hier ist auch Blatters Ex-Berater Jérôme Champagne tätig. Was den Verdacht nährt, dass Blatter das Duo Sexwale/Champagne puscht. Derzeit die einzige Option, die ihm auch weiter ein Fifa- Ehrenamt sichern könnte.

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