Fifa:Blatters brisante Plaudereien

Das Buch der Whistleblowerin Bonita Mersiades bringt Katar und Franz Beckenbauer in Bedrängnis. Anfangs soll die Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 noch klar auf die USA zugelaufen sein.

Von Thomas Kistner, Zürich

Der frühere US-Präsident Barack Obama wurde angeblich schon vor der Vergabe der WM 2022 informiert, dass die USA die Abstimmung verlieren würden. "Wir haben ihn angerufen und ihm gesagt, dass es sehr schwierig werden wird zu gewinnen", sagte der damalige Fifa-Präsident Sepp Blatter der Whistleblowerin Bonita Mersiades, deren Buch ("Whatever it takes") der SZ vorliegt und aus dem die Mail on Sunday vorab exklusiv berichtete. Laut Blatter soll Obama verstanden haben, was vor sich gehe: "Er hat mir für die Informationen gedankt."

Die USA hatten das WM-Rennen um das Turnier 2022 gegen Katar in der vierten Runde mit 8:14 Voten verloren. Getroffen hatte die Entscheidung im Dezember 2010 das Fifa-Exekutivkomitee, dem auch Franz Beckenbauer angehörte. Blatter selbst will nach einem Gespräch mit dem damaligen Uefa-Chef Michel Platini begriffen haben, dass Katar die WM wohl bekommen werde. "Er hat mir gesagt, dass sie sich anders entscheiden werden." Gemeint waren die Vorstandsmitglieder Marios Lefkaritis (Zypern), Michel D'Hooghe (Belgien) und Senes Erzik (Türkei). Bis dahin sei die WM-Vergabe 2022 klar auf die USA zugelaufen.

Frühe Hinweise auf einen Sieg Katars, Monate vor der Fifa-Wahl, will auch der US-Tickethändler Benny Alon erhalten haben. Alon, der schon 2015 durch Enthüllungen für die Ablösung des damaligen Fifa-Generalsekretärs Jerome Valcke gesorgt hatte (und nun im Rechtsstreit mit der Fifa liegt), bekräftigt gegenüber der SZ, dass ihm Valcke bereits im April 2010 und erneut im September gesagt habe, die Wahl sei schon zugunsten Katars gelaufen. Für die zweite Aussage Valckes gibt es Zeugen.

Im Buch wird erneut dargestellt, dass Blatter ein Treffen Platinis mit Katars späterem Emir Tamim al Thani und Frankreichs damaligem Präsidenten Nicolas Sarkozy kurz vor der Fifa-Kür für entscheidend hält. Danach habe ihm Platini erklärt, er werde für den Golfstaat votieren. Nach SZ-Informationen interessiert sich für besagte Gesprächsrunde bei Sarkozy auch die Pariser Sonderstaatsanwaltschaft PNF.

Autorin Mersiades hatte damals für Australiens WM-Bewerber gearbeitet, das Land schied früh mit nur einer Stimme aus. Im Zuge der Ermittlungen um die Vergabe hatte sie erklärt, auch Australien habe zumindest indirekt Geld für Stimmen gezahlt. Enge Verbindung zu Australiens Bewerbern hatten Beckenbauer und dessen Geschäftskollegen Fedor Radmann und Andreas Abold; letztere wurden als Berater mit Millionen honoriert. Blatter, heißt es nun, habe der Autorin bei einem Treffen 2017 erklärt, er bezweifle nicht, "dass Radmann was am Laufen hatte". Er wisse, dass der Beckenbauer-Intimus "eine Menge Geld erhielt und Franz das, was er für Australien getan hat, nicht für nichts getan hätte". Als Fifa-Wahlmann war Beckenbauer eigentlich zur Neutralität verpflichtet. Kurios: Laut Blatter kam die einzige Stimme für Australien von ihm selbst, gar nicht von Beckenbauer. Der legte nie offen, für wen er damals votierte.

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