Fifa bestätigt Sperre Bin Hammams:Ein heikler Kronzeuge

Der Fußball-Weltverband Fifa bestätigt die lebenslange Sperre für Mohamed Bin Hammam, Kronzeuge in dem Verfahren ist der Amerikaner Chuck Blazer. Nun verdichtet sich der Verdacht, dass Blazer selbst ein Vertreter der typischen Günstlingswirtschaft rund um die Fifa ist.

Thomas Kistner

Am Mittwochmorgen reiste Mohamed Bin Hammam nach Zürich, um sich mit seinen Anwälten zu besprechen, am selben Abend flog er wieder zurück nach Katar. Die Berufungsverhandlung anderntags bei der Fifa gegen seine lebenslange Sperre war für ihn nur "Zeitverschwendung", das Ergebnis dieses aus seiner Sicht gesteuerten Prozesses habe ja festgestanden - und fiel am Donnerstagabend erwartungsgemäß aus: Bin Hammam bleibt lebenslang gesperrt.

Mohamed bin Mammam

Der ehemalige Fifa-Präsidentschaftskandidat bin Hammam bleibt lebenslang gesperrt.

(Foto: dpa)

Der frühere Chef des Asien-Verbandes AFC soll im Mai mit Hilfe des (im Juni zurückgetretenen) Jack Warner aus Trinidad & Tobago rund zwei Dutzend Funktionäre der Karibischen Fußball-Union (CFU) für seine Präsidentschaftskandidatur mit jeweils 40.000 Dollar bestochen haben.

Ein Fifa-Vorstandskollege von Bin Hammam und Warner, der Amerikaner Chuck Blazer, zeigte den Vorgang bei der Fifa an. Bin Hammam zog daraufhin kurz vor der Wahl seine Kandidatur gegen Amtsinhaber Sepp Blatter zurück.

Einspruch gegen das im Juli gefällte Urteil legte Bin Hammam ein, um formal korrekt weiter vor den Sportgerichtshof Cas ziehen zu können. Auch fasst er den Gang vor ein ordentliches Gericht ins Auge. "Ich bin jetzt auf gleicher Stufe mit meinem Rivalen", teilte er via Website mit. Der Rivale, das ist für ihn Fifa-Boss Blatter, dessen wichtigster Wahlhelfer er selbst lange Jahre gewesen ist.

Nach einem zunächst zähen Verfahren, in dem der Katarer lange auf die Urteilsschrift warten musste, ging der Fall nun flott zu Ende. Das freut Bin Hammam - und könnte auch die Fifa vor peinlichen Neuigkeiten schützen. Denn während sie nun weitere Getreue Bin Hammams im Visier hat - der Fifa-Vorständler Morawi Makudi (Thailand) muss sich wegen des Verdachts von Insidergeschäften erklären - scheint sich auch die Schlinge um ihren eigenen Kronzeugen Chuck Blazer zuzuziehen.

Im Urteil tragen die Fifa-Ethiker auf 37 Seiten Indizien zusammen. Dabei räumen sie ein, dass Bin Hammam den Schauplatz, die Insel Trinidad&Tobago, schon am Tag vor den angeblichen Zahlungen verlassen hatte. Daher bauen sie auf Zeugenaussagen und einen Tonband-Mitschnitt des damaligen Fifa-Vorständlers und CFU-Chefs Warner, der nach Bin Hammams Abreise diesen als Geldgeber benannt habe. Auch hierfür wird Blazer als Zeuge aufgelistet.

Blazer bestreitet Ermittlungen

Der Amerikaner führte seit 1990 mit Warner den affärenreichen Nord- und Mittelamerikaverband Concacaf. Nun verdichtet sich der Verdacht, dass Blazer selbst ein Vertreter der typischen Günstlingswirtschaft rund um die Fifa ist. Seit Monaten untersucht das FBI Zahlungsvorgänge um eine Firma des Fifa-Vorständlers in der Karibik.

Chuck Blazer und Sepp Blatter

Gute Freunde und Kollegen: Chuck Blazer und Sepp Blatter.

(Foto: Frank May/dpa)

Der US-Behörde liegen ein Dutzend Dokumente vor, gegenüber Reuters bestätigten Ermittler, dass eine mit der organisierten Kriminalität in Eurasien befasste FBI-Einheit "Beweismaterial in Bezug auf Zahlungen an Blazer" untersuche.

Blazer bestreitet, dass gegen ihn ermittelt werde. Er bestreitet aber nicht die 250.000 Dollar, die er im März 2011 von jener CFU kassierte, die nun im Zentrum der Bin-Hammam-Affäre steht. Das Geld, sagt Blazer, sei eine private Kreditrückzahlung von Warner gewesen. Das bestreitet Warner.

Ungeklärt sind weitere Vorwürfe gegen Blazer. Der Mann, der Blatters Herausforderer auffliegen ließ, soll Millionen kassiert haben, die bei der Vermarktung der Concacaf an seine Agentur Sportvertising abfielen. Dabei verwaltet er die Concacaf seit 1990 selbst als Generalsekretär. Blazer bezeichnet die Provisionen als korrekt. Die Fifa erklärt zu diesen Umtrieben des Vorständlers, sie habe "keine Beweise für einen Verstoß gegen den Ethikcode gesehen oder erhalten".

Ahnungslos gibt sie sich auch bezüglich der CFU-Zahlungen an Blazer. Auf Anfrage, ob der private Kreditverkehr ihrer Vorständler über internationale Verbandskonten kein Grund für interne Ermittlungen sei, teilte sie mit, dass es in diesem Fall "keinen formalen Kontakt mit Blazer" gebe. Das sei "normal, weil dies eine Sache für die Concacaf zu sein scheint". Man solle dort nachhaken. Die Concacaf ließ Anfragen unbeantwortet.

All das nährt den Verdacht, der Fifa sei an Aufklärung im Fall Blazer weniger gelegen. Zumal sie einräumen muss, dass sie sogar direkt ein Privatbesitztum von ihm hütet. Sie verwahrt einen wertvollen Oldtimer, der Blazer gehört - aber auf die "Fifa registriert und in unserer Garage" steht, wie der Weltverband bestätigt. Die Kosten würden an Blazer weitergereicht, hieß es. Doch eine Erklärung für den seltsamen Vorgang gibt sie nicht.

Skepsis regt sich bei Transparency International (TI). Die Antikorruptions-Organisation hat der Fifa ja bereits ein Reinigungsprogramm vorgelegt. Der Umgang mit Blazer schafft jetzt neue Irritation. "Die mir bekannten Veröffentlichungen werfen erhebliche Zweifel auf", sagt Sylvia Schenk, "es wäre der Fifa deshalb dringend zu raten, den Vorwürfen nachzugehen." Nach Meinung der TI-Sportbeauftragten unterliegt Blazer dem Ethikcode. Er sitze als Concacaf-Vertreter im Fifa-Vorstand, und: "Beide Funktionen sind eng verbunden".

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