Fernsehrechte der Bundesliga:Showdown im Milliardenspiel

Sky bekommt Zuschlag für Bundesliga-Uebertragung

Exklusive Perspektive: Bildaufnahmen von der Fußball-Bundesliga - wie hier im Berliner Olympiastadion - sind inzwischen die wichtigste Einnahmequelle der Vereine.

(Foto: Stefan Boness/Ipon)

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

Um 11.30 Uhr kommen an diesem Mittwoch die Vertreter der 36 deutschen Profi-Klubs in einem Frankfurter Hotel zusammen. Rund drei Stunden sind für die Sitzung vorgesehen, aber womöglich dauert es auch ein wenig länger. Das könnte damit zu tun haben, dass sich an diesem Tag der von den Amateuren als neuer DFB-Präsident vorgeschlagene CDU-Politiker Reinhard Grindel den Profis präsentieren möchte, bei denen er bisher nicht sonderlich bekannt ist. Aber die längsten Diskussionen dürfte der Tagesordnungspunkt neun nach sich ziehen.

Formal geht es da nur um einen kaum mehrheitsfähigen Antrag des FC St. Pauli, aber dahinter verbirgt sich das Thema, dessentwegen sich der deutsche Profifußball schon seit Tagen eine heftige Debatte liefert; eine Debatte, die zu einer Zerreißprobe werden könnte. Es geht um die Einnahmen aus der Fernseh-Vermarktung und vor allem: um deren Verteilung.

Dabei steht vor dieser Diskussion eigentlich noch ein anderer Schritt: der Abschluss eines neuen Vertrages ab der Spielzeit 2017/18. Im deutschen Fußball greift die sogenannte Zentralvermarktung, das heißt, die Deutsche Fußball-Liga (DFL) veräußert die Rechte für die Spiele aller Profiklubs. Der aktuelle Vertrag läuft bis 2017 und bringt den Ligen aus der Vermarktung im Inland insgesamt 2,5 Milliarden Euro. Das Konzept für die nächste Periode haben die Verantwortlichen der DFL bereits ausgearbeitet, derzeit liegt es zur Prüfung beim Kartellamt. Anfang des kommenden Jahres könnte es die Ausschreibung, im Sommer dann den Abschluss geben.

Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandschef des FC Bayern, treibt die DFL-Verantwortlichen schon seit einer Weile mit einer Zahl vor sich her: Mindestens eine Milliarde Euro pro annum soll der künftige Vertrag bringen - eine Zahl mit symbolischer Kraft. Ob sie wirklich zu erreichen ist, ist fraglich. DFL-Vorstandschef Christian Seifert erklärte im Sommer, er halte eine Milliarde Euro für machbar - In- und Auslandsvermarktung zusammengenommen.

Unabhängig von diesem ersten Schritt aber geht es längst auch schon um den zweiten: um die Verteilung der Fernsehgelder. Bisher ist es bei der Inlands-Vermarktung so geregelt, dass die Erstligisten 80 Prozent der Gesamtsumme erhalten, die Zweitligisten 20 Prozent. Innerhalb der beiden Profiligen gilt ein kompliziert klingendes Modell namens "2:1-Schlüssel mit Fünfjahreswertung". Das bedeutet, dass der sportliche Erfolg der vergangenen fünf Jahre als Basis für die Berechnungen dient. Die abgelaufene Saison zählt fünffach, die Spielzeit vor fünf Jahren einfach. Der Tabellenerste erhält jeweils doppelt so viel wie der Tabellenletzte, daher 2:1-Spreizung. Dazu kommen noch die Einnahmen aus den Auslandsrechten. Das führte dazu, dass in der Saison 2014/15 der Branchenprimus FC Bayern zirka 50,5 Millionen Euro erhielt - Schlusslicht in der TV-Tabelle war der Neu-Zweitligist 1. FC Heidenheim mit 5,1 Millionen Euro.

Ob das so bleibt? In dieser Frage steckt jetzt jeder sein Terrain ab, es gibt mindestens ein halbes Dutzend Fraktionen und Interessensgruppen - und jeder wirft dem anderen vor, die angebliche "Solidargemeinschaft" zu verlassen, wonach sich die Liga die TV-Gelder intern schön aufteilt.

Der Kampf ums große Geld hat begonnen

Der formale Anlass, weshalb sich die Liga-Vollversammlung am Mittwoch mit dem Thema beschäftigt, ist ein Antrag des FC St. Pauli. Demnach sollen jene Klubs kein TV-Geld mehr bekommen, die wie Bayer Leverkusen oder der VfL Wolfsburg mit einer Ausnahmegenehmigung gegen die 50+1-Regel verstoßen, wonach ein Investor nicht die Mehrheit an einem Bundesliga-Verein halten darf. Pauli-Manager Andreas Rettig, bis zum Frühjahr noch selbst als Geschäftsführer bei der DFL tätig, begründet das so: "Es geht uns nicht um einen Verteilungskampf, auch nicht um erste Liga gegen zweite Liga. Es geht uns nur darum, das 50+1-System zu stärken, und das sollte im Interesse aller sein, die es mit 50+1 ernst meinen."

Diverse Vertreter von Traditionsvereinen lehnen den Antrag zwar ab, fordern allerdings, andere Kriterien in die Verteilung neu aufzunehmen: etwa die Anzahl Fans bei Auswärtsspielen oder Einschaltquoten. Andere verweisen darauf, dass das Prinzip der 2:1-Spreizung bei seiner Einführung zwar richtig gewesen, inzwischen aber überholt sei. Denn damals waren die Summen überschaubarer. Jeder Euro mehr an TV-Erlösen bedeutet ja, dass die Summen auseinandergehen - und in der Folge die sportliche Qualität. Zudem sind auch die Einnahmen für die Champions-League-Klubs enorm angewachsen, weil die Vermarktung der Königsklasse ebenfalls stärker anstieg als erwartet.

Der FC Bayern wiederum drängt darauf, künftig mehr von den Fernsehgeldern zu profitieren. Er verweist vor allem auf die Unterschiede gegenüber den internationalen Konkurrenten aus der Premier League, die erheblich mehr Geld vom Fernsehen erhalten. Bei den Münchnern steht stets die latente Drohung im Raum, dass sie sich zumindest auf Sicht der bisher praktizierten Zentralvermarktung entziehen könnten und stattdessen auf eine Einzelvermarktung setzen, bei der jeder Klub seine Rechte selbst aushandelt. Aber selbst wenn die Bayern das irgendwann ernsthaft anstreben würden, wäre es unklar, ob sich das umsetzen ließe.

Womöglich kommt es erst einmal zur Gründung eines Arbeitskreises

Formal entscheidet nicht die Mitgliederversammlung über die Verteilung der TV-Einnahmen. Gemäß Statuten ist dafür der Ligavorstand zuständig, dem neben DFL-Vorstandschef Seifert noch Liga-Präsident Reinhard Rauball (Borussia Dortmund), Karl Hopfner (FC Bayern), Peter Peters (Schalke 04), Harald Strutz (Mainz 05), Klaus Filbry (Werder Bremen), Helmut Hack (Greuther Fürth) und Stefan Kuntz (Kaiserslautern) angehören. Denkbar ist nach der heftigen Debatte in den vergangenen Tagen aber auch, dass es am Mittwoch zwar zu kontroversen Redebeiträgen, aber nicht zu einer formalen Abstimmung über den Pauli-Antrag kommt - um so den Anschein eines Grabens innerhalb des Profilagers nicht noch zu vertiefen. Stattdessen könnte es auch einen neuen Arbeitskreis geben, der sich des Themas bald annimmt. Aber so oder so: Der Kampf ums große Geld hat begonnen.

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