FC Schalke: Raúl kommt:Ein König für den Alleinherrscher

Felix Magath pfeift auf den zweiten Platz des Vorjahres und baut Schalke rigoros um. Mit der Verpflichtung von Raúl gelingt ihm zwar der Transfercoup des Sommers - er geht aber auch ein großes Risiko ein.

Johannes Aumüller

Was kann es für einen Fußballer Schöneres geben, als für Real Madrid zu spielen? Die vergangenen Monate lassen einen eindeutigen Schluss zu: in der Bundesliga zu spielen. Denn seit dem Sommer 2009 wechselten gleich vier Akteure von den Königlichen zu einem Klub in Deutschland. Im vergangenen September kam Arjen Robben zum FC Bayern, im Winter Ruud van Nistelrooy zum Hamburger SV, vor kurzem Christoph Metzelder zum FC Schalke - und nun geht nach wochenlangen Gerüchten auch Raúl für zwei Jahre nach Gelsenkirchen.

Am Montagmittag hatte der 33-Jährige auf einer tränenreichen Pressekonferenz seinen Abschied aus Madrid verkündet - sein Ziel aber noch offengelassen. Erst am Mittwochmorgen die Bestätigung, am Nachmittag soll er offiziell vorgestellt werden. Schalkes Trainer Felix Magath hatte schon zuvor in den allerhöchsten Tönen über den Spanier gesprochen: "Er ist ein absoluter Klasse-Spieler. Wenn er kommt, ist das überragend für Schalke und die Bundesliga."

Nun kommt der Spanier, der als einer der wenigen Fußballer wohl tatsächlich das bisweilen inflationär gebrauchte Wort "Weltstar" verdient, also tatsächlich. Nach 550 Pflichtspielen und 228 Toren für Real sowie 102 Einsätzen und 44 Treffern für die spanische Nationalmannschaft, nach sechs spanischen Meistertiteln, drei Champions-League-Siegen und zwei Weltpokal-Titeln. Es gab vor Raúl wohl keinen Spieler, der mit einer erfolgreicheren Biographie in die Bundesliga wechselte.

Die Verpflichtung des Angreifers ist der nächste Schritt, mit dem Felix Magath seinen FC Schalke rigoros umbaut. Raúl ist bereits der 20. Name, der in der Sommer-Transferstatistik des Klubs auftaucht. Gründe für die Personalflut gibt es einige. Da gab es zunächst das Ansinnen des Vereins, aufgrund der finanziell prekären Situation einige angebliche Großverdiener abzugeben - weshalb unter anderem Heiko Westermann, Marcelo Bordon oder Kevin Kurányi gingen.

Da gab es nach einem Krisentreffen zwischen Magath und Vereinsboss Clemens Tönnies Mitte Juli aber auch die Vereinbarung, dass die aus dem überraschenden Vorjahresergebnis resultierenden Zusatzeinnahmen für sportliche Verstärkungen zur Verfügung stehen - weshalb nun plötzlich doch Transfers wie der von Raúl (kolportiertes Jahresnettogehalt vier Millionen Euro) möglich sind. Und da ist die grundsätzliche Herangehensweise von Magath, der seine große Machtfülle gerne ausnutzt, um sich seinen Kader nach eigenem Gusto zusammenzustellen.

Schon bei seiner vorherigen Station, dem VfL Wolfsburg, tauschte Magath nach Herzenslust Spieler aus. Unter seiner Verantwortung gab es innerhalb von zwei Jahren mehr als 40 Wechsel - mit dem Resultat, dass sich die Grafites, Dzekos & Co. am Ende den Meistertitel sicherten.

Erinnerungen an Suker und Litmanen

Dennoch ist es verblüffend, dass und wie Magath nun auch Schalke umkrempelt. Immerhin spielte der Klub im Vorjahr bis kurz vor Saisonende um die Meisterschaft mit und landete am Ende auf Rang zwei. Aber neben manchen gutverdienenden Ersatzspielern ließ Magath auch arrivierte Stammkräfte ziehen - und setzt seinen zahlreichen jungen Spielern andererseits gestandene, aber leistungsmäßig eher durchschnittliche Bundesliga-Akteure wie den Mainzer Tim Hoogland oder gealterte Nationalspieler wie Christoph Metzelder vor die Nase.

Doch Magath weiß offenbar genau, dass sich in der letztjährigen Saison rund um seine junge Elf eine Eigendynamik entwickelte, die sich so nicht mehr wiederholen wird - und dass seine Mannschaft ohne Verstärkungen die Aufgaben in der Bundesliga und in der Champions League nur schwerlich erfüllen kann. Ohne Investitionen sei Schalke nur Mittelmaß, unkte Magath vor wenigen Tagen, und klang dabei gar nicht so untertreibend wie üblich, sondern durchaus realistisch. Deshalb soll Raúl auch nicht der letzte Transfer gewesen sein, einen weiteren Stürmer und einen Linksverteidiger sucht Magath, auch ein Transfer von Zvjezdan Misimovic (VfL Wolfsburg) scheint noch nicht vom Tisch.

Nach einem Jahr, in dem Schalke vor allem auf jugendliche Unbekümmertheit baute, setzt Magath also auf eine neue Strategie - eine Strategie, die mit Blick auf Raúl ein gewisses Risiko birgt. Denn der FC Schalke ist nicht der erste Bundesligist, der in den vergangenen Jahren einen gealterten Star verpflichtete. Fans von Hansa Rostock oder 1860 München beispielsweise erinnern sich noch mit Grausen an die Gastspiele von Jari Litmanen und Davor Suker. Doch Transfers von Real Madrid nach Deutschland endeten zuletzt alle ziemlich (van Nistelrooy) oder sehr (Robben) zufriedenstellend für die neuen Klubs.

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