FC Schalke 04:Pfiffe und Plakate gegen Goretzka

FC Schalke 04: Fans protestieren gegen Leon Goretzka.

Fans protestieren gegen Leon Goretzka.

(Foto: AP)
  • Schalke verspielt gegen Hannover 96 eine 1:0-Führung.
  • Leon Goretzka wird von den eigenen Fans ausgepfiffen und früh ausgewechselt.
  • Klub-Chef Clemens Tönnies sorgt vor der Partie mit kontroversen Aussagen für zusätzliche Brisanz.

Von Philipp Selldorf, Gelsenkirchen

Ja, es gab aggressive Sprechchöre, und es hingen auch einige Plakate in der Arena zu Gelsenkirchen, die demonstrativ Ärger artikulierten. Damit war zu rechnen gewesen, nachdem es vor dieser Partie so viele hitzige Diskussionen gegeben hatte. "Du machst unseren Sport kaputt", riefen unter anderem die Fans in der Schalker Fankurve. Aber Martin Kind, der Präsident von Hannover 96 und die Zielscheibe der Proteste, kennt solche Vorwürfe längst, und das Transparent in der Kurve der Gästefans aus Niedersachsen mit der Aufschrift "Kind muss weg", das kennt er auch schon.

In der zweiten Halbzeit ziehen sich die Schalker viel zu weit zurück - und werden bestraft

Der Mann, der eigentlich dazu ausersehen war, in der Schalker Arena als unliebsames Politikum behandelt zu werden, kam hingegen relativ unbehelligt über die Runden. Ein großes Plakat vor dem Anpfiff ("Weder Kohle noch Titel sind mehr wert als unser Verein"), und dann musste sich Leon Goretzka, 22, auch einige Pfiffe anhören, wenn er, was nicht so oft vorkam, den Ball führte. "Wenn dich die eigenen Fans auspfeifen, dann tut es natürlich weh", sagte Goretzka. "Aber ich kann die Fans auch verstehen.

Im Großen und Ganzen war alles im Rahmen." Der abtrünnige Nationalspieler, der sich (spätestens) im Sommer dem FC Bayern anschließen wird, war für die Schalker Zuschauer bald nur noch eine Randfigur. Die Fans der Königsblauen hatten genug damit zu tun, um die 1:0-Führung gegen die 96er zu bangen, die seit der 15. Minute wackelte. Missstimmung erzeugte vor allem der unansehnliche Verlauf der Partie, die mit dem späten Ausgleichstreffer durch Niklas Füllkrug ein für die Schalker ärgerliches Ende nahm.

Am Sonntagvormittag hatte das Schalker Oberhaupt Clemens Tönnies neuen Schwung in die Debatten über Goretzkas Wechsel gebracht, als er in Jörg Wontorras Talksendung bei Sky erklärte, im Moment der schlechten Nachricht habe er gedacht: "Dann soll Leon auch nicht mehr das Trikot von Schalke 04 tragen." Tönnies äußerte außerdem den Gedanken, dass Goretzka den Rest der Saison auch auf der Tribüne verbringen könnte - wenn seine Leistung auf dem Platz nicht zufriedenstellend wäre oder sich der Fall "negativ auf die Mannschaft auswirkt". Das hörte sich fast nach einer Drohung an, auf jeden Fall aber nach massiver Enttäuschung. Schalkes Verantwortliche fühlen sich offenbar verschaukelt von Goretzkas taktischem Transfermanöver. Einem vorzeitigen Verkauf an den FC Bayern scheint der Klub, wie Tönnies und auch Manager Christian Heidel signalisierten, nicht abgeneigt zu sein, die Bayern wiesen ein Interesse jedoch zurück.

Domenico Tedesco schickte den Umstrittenen von Anfang an auf den Platz. Ein Härtetest womöglich, aber strapaziert wurden dann die Nerven der Zuschauer. Schalker und Hannover boten ein zähes Spiel. Die Gäste dichteten ihre Hälfte ab, die Hausherren fanden keine Lücken. Ziemlich unvermittelt fiel nach einer Viertelstunde trotzdem das 1:0. Marko Pjaca, die kroatische Leihgabe von Juventus Turin, setzte sich nach einem feinen Steilpass von Amine Harit gegen Hannovers mächtigen Abwehrchef Salif Sané durch und zirkelte den Ball in die Ecke. Die Partie wurde danach offener, weil Hannover gegen ein spielerisch schwaches Schalke mehr in die Offensive ging, ein Fernschuss von Felix Klaus hätte fast den Ausgleich gebracht (28.), der Ball krachte gegen den Pfosten und danach beinahe von Ralf Fährmanns Rücken ins Tor. Soweit die erste Halbzeit.

Die zweite Hälfte brachte nicht viel Besserung. Schalke steigerte die Fehlpassquote und verstolperte eine Reihe von Konterchancen, Hannover mühte sich, kombinierte gefällig und zog mit den schnellen Klaus und Bebou ein vielversprechendes Flügelspiel auf, brachte aber wenig Torgefahr zustande. Leon Goretzka hatte inzwischen unter einem kurzen, aber lauten Pfeifkonzert aus der Fankurve das Feld verlassen und Weston McKennie Platz gemacht. Seine Leistungsbilanz blieb bescheiden. Was aber für die meisten seiner Kollegen genauso galt.

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