FC Schalke 04: Manuel Neuer:Bayern, hört die Signale!

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Die Personalie Manuel Neuer ist so heikel, dass Schalke-Boss Clemens Tönnies eine Sondersitzung des Aufsichtsrats einberuft. Sicher scheint der Wechsel zum FC Bayern noch lange nicht - und plötzlich spielen auch der russische Hauptsponsor Gazprom und Wladimir Putin eine Rolle.

Carsten Eberts, Berlin

Manuel Neuer hatte sich die kleinen Youtube-Filmchen offenbar genau angeguckt. Wie Real Madrids Sergio Ramos den spanischen Pokal vom Dach eines fahrenden Busses fallen ließ und die Trophäe vom tonnenschweren Koloss überrollt wurde. Oder wie der Co-Trainer der finnischen Eishockey-Nationalmannschaft auf der Gangway eines Flugzeugs angeschwipst ins Stolpern geriet und dem WM-Pokal eine veritable Delle zufügte - mit dem eigenen Kopf.

War das DFB-Pokalfinale Manuel Neuers letzte Partie für den FC Schalke 04? (Foto: dpa)

Nein, Manuel Neuer passte auf. Er warf den DFB-Pokal am Samstagabend zwar zur allgemeinen Belustigung ein gutes Stück in die Luft. Doch er fing ihn wieder auf - sanft und sicher. Die Lachnummer, dass der Nationaltorhüter höchstpersönlich den DFB-Pokal zerdeppert, wäre auch zu absurd gewesen. Die Freude über den Pokalgewinn war Neuer ehrlich anzusehen.

Er sei "froh, stolz und erleichtert", sagte der Nationaltorhüter nach dem Duschen in den Katakomben des Olympiastadions: "Ich bin mit der A-Jugend in Berlin schon einmal Pokalsieger geworden und Europameister mit der U21. Aber das hier toppt alles."

Vor der Partie war die vorherrschende Meinung, dass dies Neuers letztes Spiel für seinen Herzensklub sein würde. Doch alle Spekulationen über einen bevorstehenden Wechsel zu Bayern München wies Neuer auch hinterher strikt von sich. "Ich habe dazu nichts zu sagen", verkündete er bestimmt: "Ich bin kein Verantwortlicher. Bis jetzt habe auch ich nichts Offizielles gehört." Auch Neuer ist von der Hängepartie genervt - man hörte es ihm in Berlin deutlich an.

Der 25-Jährige wartet entsprechend auf die Verkündung seines Wechsels, der FC Bayern als designierter neuer Klub auch. Doch bei Schalke setzt offenbar ein neuerlicher Sinneswandel ein. Schon vor dem Spiel hatte Trainer Ralf Rangnick mit einer Bemerkung aufhorchen lassen, er halte es nicht für ausgeschlossen, dass Neuer auch noch in der kommenden Saison für Schalke aufläuft.

Und auch andere Schalker Verantwortliche nutzten die Aufmerksamkeit des Pokalendspiels, um neuerliche Verwirrung zu stiften. "Wir haben noch die eine oder andere Überlegung", sagte Schalkes Aufsichtsratsvorsitzender Clemens Tönnies am Samstagabend bei einem TV-Auftritt: "Es kann gut sein, dass er dann noch ein Jahr bleibt."

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Als Ablösesumme für Neuer, der in München einen Vierjahresvertrag erhalten soll, sind rund 25 Millionen Euro inklusive aller Sonderzahlungen im Gespräch. Doch Schalke hat nach der unter der Woche erfolgten Vertragsverlängerung mit seinem russischen Hauptsponsor Gazprom (bis 2017) offenbar größeren finanziellen Spielraum erhalten.

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"Die Entscheidung ist so wichtig, dass sie in einer Sondersitzung des Aufsichtsrates fällt", erklärte Tönnies auf der Schalker Pokalfeier - und irritierte später in der Euphorie des Titelgewinns mit folgendem Zitat: "Ich kann nur sagen, dass der Ministerpräsident [gemeint ist Wladimir Putin] ein großer Fan von Manuel Neuer ist und auch Gazprom ein großes Interesse hat, ihn zu halten." Hinter dem Erdgasförderkonzern Gazprom allerdings steht wieder der russische Staat, dem mehr als 50 Prozent des Unternehmens gehören.

Sportvorstand Horst Heldt sagte: "Das Angebot der Bayern liegt vor. Das gibt es auch nichts nachzuverhandeln. Wir wollen unsere Entscheidung binnen einer Woche bekanntgeben." Wollen die Schalker aber nur ein paar Millionen Euro mehr Ablöse rausverhandeln - oder tatsächlich auf die Erfüllung des Vertrages bis 2012 pochen, um die Identifikationsfigur im kommenden Sommer ablösefrei ziehen zu lassen?

Wie heikel die Personalie Manuel Neuer ist, zeigte auch eine andere Geschichte am Rande des Pokalfinals. Rund 20 Minuten vor Schluss, beim Stand von 5:0, begannen die Schalker Fans plötzlich, die Einwechslung von Matthias Schober zu fordern. Neuers zuletzt wenig beachteter Ersatzmann ist schließlich seit 14 Jahren im Verein, ein treues Schalker Urgestein, dem sie einen Einsatz im Pokalfinale gegönnt hätte. Sie sangen also: "Wir woll'n den Schober sehen."

Auch Rangnick hatte die Rufe vernommen. Er war offenbar nicht abgeneigt, beriet sich kurz mit seinen Assistenten - und brachte Joel Matip als dritten Einwechselspieler. "Ich hätte es gemacht", sagte Schober nach dem Spiel enttäuscht, "nochmal zehn Minuten auf dem Platz zu stehen, wäre sicher schön gewesen", sagte Schober und schob süffisant hinterher: "Aber es war ein knappes Ergebnis. Da muss man den Trainer verstehen."

Rangnick hingegen verteidigte seine Entscheidung: "Ich wollte verhindern, dass der Eindruck aufkommt, dass wir einen Spieler verabschieden wollen", erklärte er. Wieso auch, falls Neuer den Klub in der Sommerpause vielleicht doch gar nicht verlässt.

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